Die Staatsanwaltschaft München II versendet Ermittlungsakten mit einem Anschreiben. Das liegt oben auf der Akte und ist zum Beispiel an „Rechtsanwalt Udo Vetter“ gerichtet. Das Schreiben enthält die Mitteilung, dass Akteneinsicht gewährt wird, in meinem Fall für drei Tage. Mit freundlichen Grüßen. Unterschrift einer Justizhauptsekretärin.
Wochen nach Rückgabe der Akte erhalte ich ein Schreiben der Staatsanwaltschaft. Sie bittet mich zu überprüfen, „ob bei Akteneinsicht versehentlich Originalaktenbestandteile einbehalten wurden, da die entsprechende Anordnung im Akt fehlt“.
Das klingt natürlich nicht gut. Meine Sekretärin hat hektisch geblättert. Ich auch. Aber wir haben nichts gefunden, was aus der Akte versehentlich bei uns geblieben sein könnte. Das einzige bei uns verbliebene Original der Postsendung ist das Anschreiben. Was lese ich dort – erstmals in meinem Leben – ganz am Ende des Textes:
Diese Seite ist Aktenbestandteil und darf nicht entfernt werden!
Natürlich schicke ich dieses Original gerne zurück, wenn man Wert darauf legt. Allerdings verstehe ich nicht, wie ein an mich gerichtetes Schreiben, das oben auf der Akte als Versandzettel liegt und auch nicht, wie bei Aktenbestandteilen üblich, nummeriert ist, „Aktenbestandteil“ werden kann.
Müsste Aktenbestandteil nicht eine Kopie des an mich gerichteten Schreibens sein, wenn man dieses Schreiben denn unbedingt in der Akte haben will? Oder kann man etwas, was offensichtlich nicht Teil der Akte ist, einfach zum Aktenbestandteil deklarieren?
Hintergrund ist wahrscheinlich einfach, dass der Empfänger sich das Schreiben kopieren soll. Was der Staatsanwaltschaft Arbeit spart. Wenn ich nicht so ein harmoniebedürftiger Mensch wäre, würde ich das Eigentum am Original vielleicht mal klären lassen.
Aber wer weiß, vielleicht habe ich ohnehin schon ein Verfahren wegen Urkundenunterdrückung am Hals.