Obwohl Automaten-Videotheken ohne Personal funktionieren, sollen sie in Nordrhein-Westfalen auch sonntags geschlossen bleiben. So will es das Oberlandesgericht Düsseldorf. Die Richter sehen es als wettbewerbswidrig an, wenn sich Bürger am Sonntag von einem Roboter Videos geben lassen:
Gestützt wird der Beschluss auf § 3 Feiertagsgesetz NRW:
An Sonn- und Feiertagen sind alle öffentlich bemerkbaren Arbeiten verboten, die geeignet sind, die äußere Ruhe des Tages zu stören, sofern sie nicht besonders erlaubt sind.
Dass in der Videothek eigentlich niemand arbeitet, umgehen die Richter mit einer bemerkenswerten Auslegung der Vorschrift:
Durch die Öffnung ihres Ladengeschäfts an Sonn- und Feiertagen für den Kundenverkehr und die Vermietung von Filmen übt die Beklagte nach außen erkennbar ihre gewerbliche Tätigkeit und damit öffentlich erkennbare Arbeit aus, auch wenn sie an Sonn- und Feiertagen die Ladenöffnung und den Vermietungsvorgang ohne den Einsatz von Personal in automatisierter Form bewerkstelligt.
Wieso stört aber eine Automaten-Videothek die „Ruhe des Tages“? Dazu die Richter:
Wenn, wie im Streitfall, die Vermietung von Videofilmen in einem für die Kunden zugänglichen Ladengeschäft betrieben wird, erweckt dies aufgrund des Kundenverkehrs in dem Ladengeschäft auch nach außen den Eindruck werktäglicher Geschäftigkeit und stört damit die äußere Ruhe von Sonn- und Feiertagen. Anders als an Bankautomaten halten sich Kunden, die Videofilme zunächst aussuchen und sodann – automatisiert – mieten, für eine gewisse Zeit in dem betreffenden Ladengeschäft auf, was eine typisch werktägliche Tätigkeit ist. Für den Kauf von Lebensmitteln an Warenautomaten, die in der Regel an Orten wie Bahnhöfen aufgestellt sind, um den Reisebedarf zu decken, ist das Betreten eines Ladengeschäfts nicht erforderlich.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, auf den sich das OLG Düsseldorf bezieht, erkennt in einem älteren Beschluss sogar eine gesellschaftspolitische Dimension:
Die vermieteten Videokassetten und DVDs dienen zwar auch dem Freizeitvergnügen der Kunden an Sonn- und Feiertagen. Sie müssen zu diesem Zweck aber nicht notwendigerweise auch an diesen Tagen entliehen werden, sondern können werktags zum Gebrauch an Sonn- und Feiertagen gemietet werden…. Art. 140 GG, Art. 139 WRV machen die Rechtmäßigkeit der zum Schutz der Sonntagsruhe getroffenen gesetzlichen Regelungen auch nicht davon abhängig, dass spontane Wünsche auf der Stelle befriedigt werden können, und muten dem betroffenen Publikum mit dem gesetzlichen Schutz der Sonntage und Feiertage eintretende Beschränkungen als verfassungsmäßige Beschränkungen grundrechtlicher Freiheiten zu.
Aber es gibt doch die Ausnahmevorschrift des § 4 Ziff. 5 Feiertagsgesetz NRW. Erlaubt sind danach
Arbeiten, die der Erholung im Rahmen der Freizeitgestaltung dienen. Dazu gehört insbesondere der Betrieb von Saunas, Bräunungs- und Fitnessstudios.
Aus dem Nachsatz („insbesondere“) entnehmen die Richter, dass es sich um Angebote handeln muss, die „an Ort und Stelle“ gemacht werden. DVDs ausleihen und zu Hause gucken, falle „ersichtlich“ nicht darunter.
Warum, wird nicht erklärt. Ausgerechnet am entscheidenden Punkt fehlen den Richtern also die Argumente. Sie haben auch keine. Der Nachsatz macht nur klar, dass die Ausnahme für bestimmte Sparten jedenfalls gilt und es auch andere Ausnahmen gibt. Keineswegs grenzt er aber die in Frage kommenden „Arbeiten“ ein. Schon gar nicht ergibt sich aus ihm der Grundsatz, dass der Kunde unmittelbar an Ort und Stelle direkt von der Arbeit profitieren muss.
Aber wo eine Mission ist, da findet der Jurist auch den passenden Dreh. Man könnte auch sagen: Wünsche einen schönen Kirchgang gehabt zu haben.