Die Urteilsverkündung soll um 14.30 Uhr sein. Der letzte Hauptverhandlungstag liegt eine Woche zurück. Sehr schöne Zeit so am Nachmittag, denkt man sich. Da fängt es sicher pünktlich an. Um kurz nach halb drei sind alle da. Drei Verteidiger, drei Angeklagte (einer aus dem Hausgefängnis vorgeführt), eine Staatsanwältin, Nebenklägervertreter, Protokollführer, Wachtmeister.
Nur die fünf Richter sind nicht zu sehen. Nach den unverständlichen Gesprächsfetzen, die aus dem Beratungszimmer dringen, sind aber alle anwesend. Im Saal beginnt das Warten. Zehn Minuten, eine Viertelstunde, 20 Minuten. Keiner weiß, was los ist und wieso das alles jetzt noch dauert.
Um 14.55 Uhr wird dann das Urteil gesprochen. Innerlich beklagt man den Verlust von 25 Minuten Arbeits- und Lebenszeit. Mit einer kleinen Erklärung, warum es nicht pünktlich losgehen konnte, wäre man wahrscheinlich schnell wieder versöhnt.
Aber kein Wort dazu. Das sorgt auf den billigen Plätzen, zumindest auf meinem, dann doch für leichtes Magengrimmen. Selbst von der knochentrockenen Strafjustiz ist man mittlerweile etwas mehr Freundlichkeit gewöhnt.