Verfassungsschützer interessieren sich für brauchbare Informationen. Dabei ist es ziemlich egal, welchen Lebenshintergrund der Informant hat – ob er etwa vorbestraft ist. Der 27-jährige Sebastian S. beispielsweise ist gleich mehrfach verurteilt worden: wegen des Handels mit Betäubungsmitteln, wegen Körperverletzung, Nötigung und zweimal wegen Verstoß gegen das Waffengesetz.
Lauter relativ geringfügige Vergehen. Das wusste der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz auch. Es sei aber, entsprechend der internen Regeln, nicht das schlimmste Delikt dabei gewesen: ein Verbrechen. Genau deswegen ermittelt die Staatsanwaltschaft Bielefeld seit Anfang des Jahres gegen Sebstian S., eben einen V-Mann des Verfassungsschutzes. Er soll mit Kokain in nicht geringen Mengen gehandelt haben.
Peinlich nur, dass die delikate Zusammenarbeit erst während der Ermittlungen aufflog. Die Kriminalbeamten hatten bis zum 14. August mit richterlicher Genehmigung die Telefonate von S. abgehört und waren baff. Der Beschuldigte war in ständigem Kontakt zu seinem V-Mann-Führer im Innenministerium. Bei den Kriminalisten entstand ein böser Verdacht: Schützte der Verfassungsschutz seinen V-Mann vor der Strafverfolgung, wurde der gar gewarnt? Das jedenfalls behaupten sie in einer Anzeige.
Die richtet sich war zunächst noch wegen des Verdachts der Strafvereitelung „gegen Unbekannt“, ist aber schon auf dem Weg von der Staatsanwaltschaft Bielefeld nach Düsseldorf: „Wir warten auf das Verfahren“, sagte gestern Staatsanwalt Johannes Mocken. Ludger Harmeier, Sprecher von Innenminister Ingo Wolf (FDP), bestreitet unterdessen jede Beteiligung des Verfassungsschutzes: „Wir schützen keine V-Leute vor Strafverfolgung“, sagte er und fügte hinzu: „Wir arbeiten nicht mit Verbrechern“.
Sebastian S., gegen den auch die Bochumer Staatsanwaltschaft ermittelt, wurde inzwischen – so heißt es im Schlapphut-Milieu – „abgeschaltet“. (pbd)