Diagnose

Der Rechnung meines Arztes entnehme ich, wie man ein kleines Missgeschick auch nennen kann:

Hautabszess, atypischer (dysplastischer) Nävuszellnävus, Follikulitis, Beinphlegmone, Ulcus cruris.

Wäre jetzt nicht ausgerechnet eine Besprechung, hätte ich etwas Mitleid mit mir selbst.

Abschalten, jawoll

Das böse Internet. Jetzt kritisieren Schüler sogar ihre Lehrer – und schlagen dabei mitunter über die Stränge. Aber zum Glück sind emsige Politiker nicht weit, wie etwa die nordrhein-westfälische Schulministerin und ihre Kollegin aus dem Justizressort. Die Damen holen die obrigkeitliche Keule raus:

Die Schulministerin wies die Bezirksregierungen an, die Sperrung von Persönlichkeitsrecht verletzenden Inhalten zu veranlassen …

Wohlgemerkt, es geht nicht um Aufrufe zu Gewalttaten. Es geht nicht um die Verherrlichung des Nationalsozialismus. Oder um verbotene Pornografie. Es geht um Lehrer, die sich – zu recht oder auch zu unrecht – beleidigt fühlen.

Ich schlage vor, die Aktion auszuweiten. Auf Abgeordnete, Parteivorsitzende (auch Ortsgruppen), Stadträte, Bürgermeister, Polizisten, Gemeindepfarrer, Träger des Bundesverdienstkreuzes und B-Promis. Dann haben die Beamten in der anerkannt nutzlosen Bezirksregierung wenigstens was zu tun.

Aber bitte vorher daran denken, das Zensurverbot abzuschaffen.

Pressemitteilung der Landesregierung NRW

Fremde Profile

Die neue Version des Firefox interpretiert das Herunterfahren des Computers als unerwartetes Schließen des Browsers. So kommt beim Anschalten des Computers und dem anschließenden Browserstart die Frage, ob man die vorige Sitzung wieder herstellen möchte.

Das ist auf der einen Seite nervig. Auf der anderen aber auch interessant. Zumindest an fremden Computern. Man kann dann sehen, welche Seiten zuletzt angesurft wurden. Wie ich vorhin feststellte, ergibt sich bei zahlreichen geöffneten Tabs schon ein recht umfangreiches Persönlichkeitsprofil.

Von der Prävention zur Willkür

Die Netzeitung berichtet über die neuesten Gedanken des Bundesinnenministers.

Ihm passt die deutsche Rechtsordnung nicht mehr. Die internationale auch nicht. Auf seinem Feldzug gegen den Terrorismus will er alles umkrempeln. Er denkt unter anderem darüber nach, den Kombattantenstatus einzuführen. Wobei er wohl meint, dass für diese Personen die Europäische Menschenrechtskonvention, der grundgesetzlich zugesicherte Schutz der Menschenwürde und der Anspruch auf ein faires Verfahren nicht mehr gelten würde. Von der Strafprozessordnung wollen wir gar nicht sprechen.

Schäuble propagiert damit nicht mehr die Präventionsgesellschaft. Sondern den Willkürstaat. Wenn Menschen keine Rechte mehr haben, weggesperrt und spezialbehandelt werden, bloß weil sie von Sicherheitsbeamten als „verdächtig“ eingestuft werden, sind wir tief gesunken. In so ein Elend könnte dieses Land nicht mal eine ganze Armada von Terroristen bomben.

12 Punkt in der Vermerkzone

Ist es die Lust der Landesregierung NRW, die Nervenstärke ihrer Bediensteten zu prüfen, sie gar zu quälen? Nur wenige Wochen nachdem diese, wie berichtet, per Verfügung von ganz oben nach ganz unten mit Regel um Regel auf das neue Landeswappen eingestimmt worden sind, kommt jetzt ein neuer Erlass: „Das neue Nordrhein-Westfalen-Design macht auch für die Gestaltung des Schriftverkehrs Vorgaben.“

Und die haben es in sich.

Künftig darf im amtlichen „Schriftgut“ nur noch die Type „Arial“ verwendet werden. In ausschließlich der Größe „12 Punkt“. Weil es bei offiziellen Anordnungen immer wieder Ausnahmen gibt, darf „für die Angaben in der Kopfzeile und in der rechten Spalte“ eine kleinere Schriftgröße gewählt werden. Zum Kleingedruckten gehören sinnigerweise denn auch Rechtsmittelbelehrungen – Hinweise also, wie sich Bürger gegen etwa negative Bescheide wehren können.

Vermerke wie „Persönlich“ oder „Vertraulich“ sind, so heißt in dem Ukas verbindlich, „unmittelbar über die Anschrift in die Zusatz- und Vermerkzone des Anschriftfeldes zu setzen“. Angeordnet wird auch, dass der „Betreff“ in einem Schreiben fett gedruckt sein muss. Um was dann geht, kann „darunter“ in normaler Schrift stehen.

Was das alles soll, erklärt das Finanzministerium in einem fiktiven Brief an Herrn Mustermann in Düsseldorf. Auf dem großen Medienmarkt, angesichts der „ungeheuren Konkurrenz“ kommerzieller und öffentlicher Werbung, solle sich die Landesregierung mit allen nachgeordneten Behörden, Betrieben, Gesellschaften und Initiativen „durch die konsequente Anwendung eines Corporate Designs“ verstärken können.

Was das wiederum heißen soll, wird tatsächlich so beschrieben: „Das Landes-Design unterstreicht durch ein sinnvolles Maß gemeinsamer Gestaltungselemente die Absender-Kompetenz.“ Und schafft „ein Höchstmaß an kreativer Anwendbarkeit“. So aufgerufen, dürfen die 262 500 Beamte und 113 000 Angestellten des Landes sich bis Mitte Juli ihre Gedanken zu diesem Erlass machen.

Sie sollen auch gleich Angaben machen – zum „überschlägig geschätzten Zeit- und Kostenaufwand“ für die Umstellung. Dass solche Arbeit andererseits Zeit und Geld kostet und wie viel, bleibt ohne jeden Belang. Es gilt wörtlich, dass man Konzeptionen für Öffentlichkeitsarbeit durchhalten und mit langem Atem durchsetzen muss. Aus den Amtsstuben indes sind nur Seufzer, ist nur Stöhnen zu hören. (pbd)

Post für den Erklärbär

Wenn ein Angeklagter freigesprochen wird, zahlt die Staatskasse den Verteidiger. Und auch, wenn das Gericht eine Anklage erst gar nicht zulässt. In so einem Fall habe ich – aus meiner Sicht – ordnungsgemäß alle Positionen angemeldet. Grundgebühr, Verfahrensgebühren, Erledigungsgebühr, Auslagen, Kopierkosten etc.

In jedem Gericht gibt es Beamte, die genau prüfen, ob jeder Cent gerechtfertigt ist. Diese Mitarbeiter kosten vermutlich so viel, dass es billiger wäre, sie abzuschaffen und den Anwälten stets die gesetzlichen Höchstbeträge zu bewilligen. Aber das ist natürlich so absurd wie der Traum von einem einfachen Steuerrecht.

Mir jedenfalls schreibt so ein Kostenbeamter:

… werden Sie gebeten, die Gebühren des Antrages zu begründen.

Ich überlege zuerst, ob ich ihm einen Link zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz schicke. Da stehen alle Gebühren drin. Aber ich belasse es wohl zunächst bei der freundlichen Bitte, mir mitzuteilen, welche Gebühren Bauchschmerzen verursachen. Sollte die Antwort nicht zu absurd ausfallen, nehme ich dann auch gern Stellung.

Sind nicht alle so

Aus bestimmten Gründen brauchte ich heute die Zustimmung eines gegnerischen Rechtsanwaltes. Zu einer Fristverlängerung. Der Kollege hätte mich ohne weiteres am ausgestreckten Arm verhungern lassen können.

Hat er aber nicht.

Das hat mich überrascht. Aber so was von positiv.

Glückstag

Bei der Vermietung einer Wohnung mit Garten hatte ich im Winter zugesagt, die Terrasse neu machen zu lassen. Nachher habe ich dann erfahren, was so was heutzutage kostet. Na ja, jetzt sind die Arbeiten erledigt. Die Mieterin sagt, es gefällt ihr gut. Sie könne auch nicht erkennen, dass die Handwerker irgendwo geschludert hätten.

Heute muss ein Glückstag sein.

In Sachen…

Die Batterien im Diktiergerät haben nur zwei Wochen gehalten. Entweder taugen die nichts. Oder die ruhige Sommerzeit fällt dieses Jahr aus.

Kommt Zeit, kommt Straffreiheit

Schon sechs Jahre zieht sich der Fall einer Mandantin, die ohne erforderliche Genehmigung einen Kampfhund gehalten haben soll. Gegen die Mandantin ist im Sommer 2001 ein Strafbefehl erlassen worden. Der war gestützt auf § 143 Strafgesetzbuch. Die Vorschrift drohte jedem, der ohne Erlaubnis einen „gefährlichen Hund“ hält, Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren an.

In wenigen Tagen soll über den Einspruch gegen den Strafbefehl verhandelt werden. Bei der Vorbereitung las ich zunächst, dass das Bundesverfassungsgericht einen Teil des § 143 Strafgesetzbuch für verfassungswidrig erklärt hat. Allerdings nur einen Absatz, der sich auf Züchter und Händler, nicht jedoch auf Hundehalter bezieht. Der Bundestag hatte sich im Kompetenzgestrüpp des Grundgesetzes verstrickt. Jedenfalls war er nach Meinung der Verfassungsrichter überhaupt nicht zuständig.

Erfreulich war der Check, ob der Gesetzgeber Konsequenzen aus der Entscheidung des Verfassungsgerichts gezogen hat. Und wenn ja, welche. Der Bundestag hat vor einem knappen Jahr den § 143 Strafgesetzbuch komplett aufgehoben. In die gedruckten Gesetzestexte hat es diese Änderung teilweise noch gar nicht geschafft.

Die Strafnorm, auf welche der Strafbefehl gestützt ist, existiert also nicht mehr. Wenn ich nicht völlig falsch liege, wird § 2 Abs. 3 Strafgesetzbuch angewendet werden müssen:

Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

Kein Gesetz, milder geht’s doch gar nicht.