Okay, da gibt es einen Rafael Markus Jones*. Der hat als Toilettenmann gearbeitet. Mit den 50-Cent-Münzen der WC-Besucher soll er vorwiegend den eigenen Geldbeutel gefüllt haben. Das gab, logisch, eine Strafanzeige seines Arbeitgebers.
Die zuständige Bundespolizeiinspektion nimmt die Ermittlungen auf. Dabei stellt sie fest, dass ein Rafael Markus Jones an der Grünstraße 66 wohnt. Laut Ausländerzentralregister hat er im Mai 2006 eine Niederlassungserlaubnis erhalten.
Gleichzeitig vermerkt der Beamte, dass er für den Namen Rafael Markus Jones auch noch Aliaspersonalien gefunden hat. Ein gewisser Kingsley John David soll laut Computer mal unter dem Namen Rafael Jones Markus aufgetreten sein. Kingsley John David seien die „Führungspersonalien“ eines Mannes, der mit einer ausländerrechtlichen Duldung in der Nachbarstadt verzeichnet sei und in einer Asylbewerberunterkunft lebe. Sein Asylantrag sei abgelehnt.
Der Beamte schickt eine Vorladung zur Vernehmung an die Grünstraße 66. Die Post kommt zwar nicht zurück. Der Beamte will aber nicht ausschließen, dass er „aufgrund systembedingter Umstände des hier genutzten Datenverarbeitungsprogramms“ die Post aus Versehen an Kingsley John David und nicht an Rafael Markus Jones adressiert hat.
Deshalb lädt er Kingsley John David noch mal vor, und nun auch bewusst als Kingsley John David, weil es sich ja um die „Führungspersonalien“ handelt. Diesmal adressiert er das Schreiben auch nicht an die Grünstraße 66, sondern an das Asylbewerberheim in der Nachbarstadt. Dort soll Kingsley John David ja wohnen.
So erfährt also mein Mandant namens Kingsley John David, dass er unter seinem angeblichen Alias-Namen Rafael Jones Markus als Toilettenmann gearbeitet haben soll, wenn auch in leicht abgewandelter Form. Denn bei der Firma gearbeitet hatte nicht ein Rafael Jones Markus, sondern ein Rafael Markus Jones.
Fast überflüssig zu erwähnen, dass mein Mandant nicht der Toilettenmann ist. Er hat zwar mal einen Aliasnamen benutzt. Aber mit dem Familiennamen Markus. Nicht mit dem Familiennamen Jones. Dass man mit den Wildcards auch in öffentlichen Registern aufpassen muss, hat sich anscheinend noch nicht in allen Dienststuben rumgesprochen.
Stutzig hätte aber auch der Umstand machen können, dass Rafael Markus Jones ordnungsgemäß an der Grünstraße 66 gemeldet ist und seit über einem Jahr eine Aufenthaltsberechtigung hat. Wieso sollte der Betreffende dann noch gleichzeitig als abgelehnter Asylbewerber mit einer Duldung in einer städtischen Unterkunft wohnen?
Das Verfahren ist jetzt vier Monate alt. Keiner der Beamten kam übrigens bislang auf den Gedanken, mal an die Grünstraße 66 zu fahren, bei Jones zu klingeln und zu gucken, wer da wohl die Tür aufmacht. Stattdessen wird munter an der Theorie festgehalten, David sei Jones, und wenn nicht, dann jedenfalls Markus, auf jeden Fall aber potenziell der Täter.
Bevor jemand lacht: Dasselbe funktioniert auch mit Müller, Maier und Schulze.
*Namen und Adresse geändert.