Heute ging es am Amtsgericht darum, wer wen misshandelt hat. Der Bundespolizist, als er meinen Mandanten schwarzer Hautfarbe bei einer Ausweiskontrolle in den Knebelgriff nahm, obwohl der Angehaltene schon seine Brieftasche rausgeholt hatte. Oder der Angeklagte, der auf die höfliche Bitte nach seinem Ausweis im Hauptbahnhof den Beamten unvermittelt zu Boden geschlagen und auf ihn eingetreten haben soll.
Die Vernehmung des Bundespolizisten brachte jedenfalls ein erstaunliches Ergebnis. Stand in der Anzeige noch, mein Mandant habe wütend zugeschlagen, war jetzt nur noch von einer „Abwehrreaktion“ die Rede. „Das war kein bewusster Schlag, und verletzt worden bin ich auch nicht.“ Daran, dass mein Mandant ihn laut Anzeige mehrfach getreten hat, konnte sich der Beamte nicht mehr erinnern. Er war sich sogar sicher, dass der Angeklagte „so was“ nicht gemacht hat.
Wir haben die Frage offengelassen, wieso man Dinge in die Anzeige schreibt, die nicht stimmen. Denn beide Seiten beteuerten unvermittelt, der andere sei doch eigentlich ein netter Kerl. Und keiner habe es böse gemeint hat, was auch immer genau vorgefallen ist.
Das Verfahren konnte also eingestellt werden. Mit einer korrekten Anzeige hätte der Steuerzahler allerdings eine Menge Geld gespart. Denn eine „unbewusste Abwehrreaktion“ ohne Folgen hätte selbst der schärfste Staatsanwalt in die Tonne gekloppt.