Marco W.: Anklage auch in Deutschland möglich

Der in der Türkei inhaftierte 17-jährige Deutsche Marco W. hat seine Darstellung des „Flirts“ mit einer 13-jährigen Britin drastisch geändert. stern.de zitiert ihn so:

In einem Zimmer habe er das Mädchen umarmt. „Sie hat mich geküsst, angefasst, da bin ich zu früh gekommen“, sagte Marco W. Sie habe ihm die Unterhose ausgezogen. Die Vagina des Mädchens habe er nicht berührt. Allerdings meint der Marco W.: „Wenn ich nicht gekommen wäre, hätte ich mit ihr geschlafen. Sie wollte das auch.“

Was die äußeren Umstände angeht, hat sich Marco W. damit des sexuellen Missbrauchs von Kindern strafbar gemacht. Dabei hilft ihm auch nicht, dass er behauptet, das Mädchen habe ihn angefasst, er sie aber nicht. Denn § 176 Absatz 1 Strafgesetzbuch lässt es genügen, wenn der Täter sexuelle Handlungen des Kindes an sich duldet.

Marco W. könnte also nur retten, dass er tatsächlich davon ausging, das Mädchen sei 15 Jahre alt. Das müsste ihm aber auch ein deutsches Gericht erst einmal glauben.

Völlig unverständlich ist für mich vor diesem Hintergrund die Stellungnahme des Justizministeriums:

Nach Angaben des Bundesjustizministeriums könnte der Schüler im Falle einer Verurteilung seine Strafe nicht in Deutschland absitzen. Nach deutschem Recht seien die Vorwürfe, soweit sie bislang bekannt seien, nicht strafbar, erklärte eine Ministeriumssprecherin.

Ob Marco W. vorsätzlich handelte oder nicht, müsste sorgfältig geprüft werden. Dabei kommt es nicht nur darauf an, was der junge Mann sagt. Sondern auch, wie die äußeren Umstände waren. Zum Beispiel, wie alt das Kind wirkte, wie es sich verhalten hat, was mit ihm und seinen Begleitern gesprochen wurde etc. Es ist nicht so selten, dass die Entscheidung hierüber dem Richter vorbehalten bleibt. An anderer Stelle habe ich auch schon darauf hingewiesen, dass Richter regelmäßig sehr skeptisch sind, wenn Beschuldigte die Alterskarte ziehen.

Übrigens müsste die deutsche Staatsanwaltschaft an sich schon jetzt ein Ermittlungsverfahren gegen Marco W. einleiten. Da der junge Mann Deutscher ist, ist ein von ihm möglicherweise im Ausland begangener Kindesmissbrauch auch in Deutschland strafbar (§ 5 Ziff. 8 b Strafgesetzbuch). Marco W. kann – und muss möglicherweise sogar – wegen der Sache in Deutschland angeklagt und verurteilt werden. Wenn er der Tat hinreichend verdächtig ist.

Maßstab ist für die deutschen Behörden einzig und allein das deutsche Strafrecht. Das heißt, es spielt überhaupt keine Rolle, ob die Tat im anderen Land tatsächlich strafbar ist. Sinn der Regelung ist, pädophile Sextouristen auch dann in Deutschland verfolgen zu können, selbst wenn ihr Verhalten im Zielland nicht oder nicht sonderlich schwer bestraft wird.