Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Humanistischen Union, Rechtsanwalt Dr. Fredrik Roggan, hat Beschwerde gegen die Postbeschlagnahme im Hamburger Briefzentrum 20 erhoben. Sein Mandant ist ein Hamburger Rechtsanwalt, der seine Kanzlei im Bereich des betroffenen Briefzentrums in Hamburg hat. Ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hatte, so Presseberichte, die Maßnahme nach den Paragrafen 99 und 100 der Strafprozessordnung angeordnet, um Bekennerschreiben von militanten G8-Gegnern frühzeitig aus dem Postgang aussortieren zu können. Polizisten nahmen im Briefzentrum sämtliche Sendungen auf verdächtiges Aussehen in Augenschein.
Das rasterartige Suchen nach verdächtigen Sendungen ist nach Ansicht Roggans ein tiefer Eingriff in das Postgeheimnis, der durch die gesetzlichen Regelungen der Postbeschlagnahme nicht gedeckt ist: „Bei den Kontrollen wurden die gesetzlichen Vorgaben gleich mehrfach außer Acht gelassen. Ein Aussortieren von Postsendungen kommt grundsätzlich nur durch Bedienstete der Post in Betracht, die im Übrigen keine Kenntnisse vom anlassgebenden Strafverfahren haben. Offenbar waren die Verfasser der gesuchten Bekennerschreiben namentlich nicht bekannt. Im Ergebnis musste sich die gesamte Bevölkerung der betroffenen Stadtteile einen äußerlichen Abgleich ihrer Briefe mit verdächtigen Schreiben gefallen lassen.“
Die Strafprozessordnung erlaube lediglich eine Beschlagnahme von Postsendungen, die von namentlich bekannten Verdächtigen stammen oder an diese gerichtet sind. Um nicht das Postgeheimnis sämtlicher Bürger zu verletzen, obliegt die Aussonderung solcher Sendungen allein Postbediensteten, die ausschließlich auf die Post der Beschuldigten zu achten haben. „Eine Kontrolle sämtlicher Briefe daraufhin, ob sie eventuell verdächtigen Aussehens sind, ist mit den gesetzlichen Vorgaben unvereinbar. Die Information, wer wem schreibt, unterliegt dem Postgeheimnis“ stellt Roggan fest.
„Das Vorgehen der Generalbundesanwaltschaft bedeutet im Ergebnis, dass beispielsweise die Korrespondenz von Rechtsanwälten mit einem polizeilichen Raster abgeglichen wurden. Die Ermittler konnten Kenntnisse über bestimmte Mandatsverhältnissen erlangen. Das ist mit dem verfassungsrechtlich geschützten Vertrauensverhältnis zwischen Mandat und Rechtsanwalt unvereinbar. Aber auch andere Bürger müssen nun hoffen, dass ihre Briefe nicht zufällig einem Bekennerschreiben ähnelten – etwa weil sie den Absender vergessen hatten.“