Der Ausnahmezustand als Regel

tagesschau.de interviewt den früheren Bundesinnenminister Gerhart Baum zur aktuellen Sicherheitsdebatte in Deutschland. Baum:

Es sind Ausnahmegesetze eingeführt worden. Das bedeutet, die Rechtsordnung ist vielfach zum Nachteil von Straftätern, Strafverteidigern und generell zum Nachteil ganz unverdächtiger Personen verändert worden. Der Ausnahmezustand, das hat Heribert Prantl zurecht festgestellt, ist seitdem zur Regel geworden. Wir haben eine Umkehrung der Beweislast. Und wir haben seit 30 Jahren eine unvergleichliche, in der Geschichte der Bundesrepublik vorher nicht gekannte polizeiliche Aufrüstung in unterschiedlichen Schüben erlebt. …

Es gibt jetzt eine lebhafte Debatte über das Grundrecht auf Demonstrationen. Es gibt eine lebhafte Debatte, ob der Staat das Recht hat, heimlich den privaten Computer zu durchsuchen. Da wurde eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Es gibt eine Diskussion, ob die Bürger es ertragen müssen, dass ihre Telefondaten sechs Monate gespeichert werden. Langsam wächst ein Bewusstsein, dass der Staat ein ganzes Netzwerk zur Beobachtung ganz unverdächtiger Bürger aufgebaut hat und der häufig zu hörende Spruch „Ich habe nichts zu verbergen“ den höre ich nicht mehr so oft.