Von EBERHARD PH. LILIENSIEK
Eine Schar Düsseldorfer Ärzte und Psychotherapeuten hegt gegen die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KKNo) den bösen Verdacht einer Datenschutzverletzung. Dies schließen die Mediziner aus einem Werbeschreiben, das sie kürzlich alle von einer Firma aus Solingen bekamen. Das Unternehmen preist seine Software an, mit der Angehörige der Fachrichtung Psychotherapeutische Medizin die Behandlungskosten von Patienten auf elektronischem Weg mit der KVNo abrechnen können.
„Eine Sonderaktion“ nennt das die Solinger Firma, eine vermutlich erfolgreiche dazu, weil sie so einfach ist: „Sie tauschen einfach Ihre Praxis-EDV (Psyprax) aus!“ Und dieses eine Wort löste den Alarm bei den Ärzten aus: „Woher wissen die in Solingen, dass ich die Software Psyprax benutze“, fragt sich Bernd Klose. Und hat auch die Antwort parat: „Die KVNo! Wer sollte sonst die Quelle sein“.
Dieser Meinung ist auch Ingeborg Lackinger Karger, ihr war aus Solingen ebenfalls exakt beschrieben worden, dass sie die elektronische Datenverarbeitung „smarty“ der New Media Company benutzt. Sie sagt, niemand wisse das – außer ihr, der Firma und der KVNo. Mit ihrem Verdacht wandte sie sich per E-Mails an den Kreis der Kollegen und bekam auch eine solch’ drastische Antwort: „Natürlich sitzt die undichte und womöglich korrupte Stelle irgendwo in der KVNo!“
Doch das werde schwer zu beweisen sein. „Die KV Nordrhein hat diese Angaben nicht gemacht“, so dementiert deren Sprecherin Ruth Bahners. Und fügt hinzu: „ Es liegen auch keine Hinweise vor, die vermuten lassen, dass diese Angaben aus dem Hause der KV Nordrhein stammen“. Woher sie die sensiblen Daten hat, mag die Solinger Firma nicht preisgeben.
Sie lässt lieber ihren Kölner Anwalt schreiben. Der raunzt, es sei „nicht nachvollziehbar, inwieweit aus einem Anschreiben der Verdacht auf Verletzung des Datenschutzes hergeleitet werden kann“. Das sieht die Datenschutzbeauftragte des Landes völlig anders: „Für die Nennung dieser Daten gibt es weder eine Rechtsgrundlage noch eine Einwilligung“, sagt Behördensprecher Niels Schröder.
Der Fall sei sogar strafrechtlich interessant, weil solche Verletzungen mit Geldstrafe und bis zu zwei Jahren Haft bedroht sind. Außerdem haben die Ärzte das Auskunftsrecht, auch von der Solinger Firma deren Datenquelle zu erfahren. Die Doktorin Lackinger Karger hat es versucht: „Der Mitarbeiter hat sich um eine Aussage herumgedrückt“.
Inzwischen fragt sie sich, wenn schon jemand die Marke der Abrechnungssoftware ihrer Praxis kennt – welche Geheimnisse sind dann noch welchen Leuten bekannt? Deswegen hat sie jetzt eine Strafanzeige erstattet. Damit wird aus einem Werbeschreiben ein Fall für den Staatsanwalt. Der hat, in der Abteilung gegen Organisierte Kriminalität, jetzt seine Ermittlungen begonnen. (pbd)