U-Haft als Erziehungsmittel

Weil er sich vom Gesetzgeber daran gehindert sieht, jugendliche Verdächtige wegzusperren, nutzt der Berliner Oberstaatsanwalt Roman Reusch die Untersuchungshaft als „Erziehungsmittel“ und prahlt auch noch damit. Das ist, worauf in einem Spiegel-Gespräch seine Gesprächspartner hinweisen, rechtswidrig.

Auszug:

Reusch: Das wäre vielleicht ein bisschen überzogen. Ich kann nur für mich sprechen, nicht für die Berliner Justizpolitik, aber ich bin dafür: Sobald sich ein Knabe in die falsche Richtung entwickelt, muss er eine Konsequenz verspüren, die ihm weh tut, und Knast tut weh. Wir machen damit gute Erfahrungen. Die, die einmal in Untersuchungshaft gesessen haben, machen nicht mehr den dicken Max. Diese Jungs sind sehr viel vorsichtiger, wenn sie wieder rauskommen.

Sonnen: Um es ganz deutlich zu sagen: Nach dem Gesetz ist das nicht erlaubt. Die Untersuchungshaft hat nur ein einziges Ziel, nämlich die Durchführung einer Hauptverhandlung zu sichern. Das Jugendstrafrecht hat nicht zum Ziel, jemanden aus dem Verkehr zu ziehen.

Reusch: Wir müssen oft genug zähneknirschend zusehen, wie ein Täter noch mehr Menschen überfällt, demütigt, zusammenschlägt, weil uns der Gesetzgeber daran hindert, diese Jungs einzusperren. Wenn es rechtlich irgendwie möglich ist, greifen wir zur U-Haft als Erziehungsmittel. Das ist die pure Verzweiflung und weitverbreitete Praxis in Deutschland.

SPIEGEL: Sie brechen das Gesetz?

Reusch: Unsinn, selbstverständlich bewegen wir uns immer im Rahmen des geltenden Haftrechts. Wir reizen lediglich jeden Spielraum aus.

Vielleicht sollte sich der Staatsanwalt mal überlegen, ob ihn der Gesetzgeber vielleicht aus gutem Grund an manchem „hindert“? Und dass es eigentlich seine selbstverständliche Aufgabe ist, das Gesetz umzusetzen. Und nicht seine private Auffassung von law and order.

Mit solchen Statements tut der Mann dem Rechtsstaat jedenfalls keinen Gefallen.