Haben Sie gedacht, die Vertragsstrafendrohung gegen jeden (!) Nutzer ist das Brutalste, was StudiVZ seinen Kunden antun kann?
Dann schauen Sie mal, was die Datenschutz-Erklärung der Studentenplattform zum integrierten Message-Dienst sagt (Punkt Nachrichtendienst):
Wir möchten jedoch darauf hinweisen, dass studiVZ Mitarbeiter in Extremfällen, in denen der akute Verdacht besteht, dass die AGB nicht eingehalten werden oder unzulässige Inhalte über die Plattform verbreitet werden, diese Nachrichten einsehen können.
Das Mailsystem macht StudiVZ zum Diensteanbieter im Sinne des Telekommunikationsgesetzes (TKG). § 88 TKG regelt das Fernmeldegeheimnis:
Dem Fernmeldegeheimnis unterliegen der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt ist oder war.
Eine Kenntnisnahme von Inhalten ist dem Anbieter nur in engen Grenzen gestattet:
Den nach Absatz 2 Verpflichteten ist es untersagt, sich oder anderen über das für die geschäftsmäßige Erbringung der Telekommunikationsdienste einschließlich des Schutzes ihrer technischen Systeme erforderliche Maß hinaus Kenntnis vom Inhalt oder den näheren Umständen der Telekommunikation zu verschaffen. Sie dürfen Kenntnisse über Tatsachen, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, nur für den in Satz 1 genannten Zweck verwenden.
StudiVZ behält sich vor, wegen jedes Verstoßes („Extremfall“, was ist das?) gegen die ausufernden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (siehe den gestrigen Beitrag) in den Mails des Nutzers zu schnüffeln. Offensichtlich verkennt die Datenschutz-Erklärung die Reichweite der gesetzlichen Ausnahmeregelung. Mit der „geschäftsmäßigen Erbringung der Telekommunikationsdienste“ ist ausschließlich das betreffende Mailsystem gemeint – nicht die Plattform insgesamt.
Ein möglicher Verstoß gegen die AGB, der sich überhaupt nicht auf das Mailsystem auswirkt, rechtfertigt den Eingriff in das Fernmeldegeheimnis nicht. Schnüffelt StudiVZ also zum Beispiel wegen einer vermeintlichen Doppelanmeldung in den Mails oder geht man der Frage nach, ob der Nutzer überhaupt mal an einer Uni eingeschrieben war, verstieße das gegen das Fernmeldegeheimnis. Gleiches gilt für die weitaus meisten Punkte in den AGB, denn diese haben überhaupt keinen direkten Bezug zum „Nachrichtendienst“.
Sollte StudiVZ tatsächlich von der Datenschutz-Erklärung Gebrauch machen und im dort dargelegten Sinne schnüffeln, wäre das ein Fall für den Staatsanwalt. Auf die Verletzung des Fernmeldegeheimnisses stehen bis zu fünf Jahre Gefängnis.