Die Mitarbeiter der Ludwig-Maximilians-Universität München hatten heute einen ganz besonderen Fahndungsaufruf im E-Mail-Postfach. Sie sollen Studenten, Kollegen und Besucher im Auftrag der Hochschule darauf überwachen, ob diese möglicherweise islamistische Fundamentalisten sind.
Dabei sollen sie besonders auf einen „Bruch im Lebenswandel, Gewaltbereitschaft, radikal-verbale Äußerungen oder Beschäftigung mit einschlägiger Literatur“ achten. Eventuelle „Wahrnehmungen“ sollen sofort an die Unversitätsleitung gemeldet werden.
Die Mail im Wortlaut:
Sehr geehrte Damen und Herren,
der islamistische Terrorismus stellt weiterhin die größte Bedrohung der Inneren Sicherheit der westlichen Staaten und damit auch Deutschlands dar. Aus Sicht der Sicherheitsbehörden besteht eine erhöhte abstrakte Gefährdung.
Wie Sie Presseverlautbarungen vom Wochenende entnehmen können, wurden Anschläge von Islamisten auch für die Bundesrepublik und in Österreich angekündigt. Auch die gescheiterten Kofferbombenanschläge auf Regionalzüge am 31. Juli 2006 in Dortmund und Koblenz sind ein Beleg dafür, dass auch Deutschland nicht nur Rückzugs- und Ruheraum, sondern
Anschlagsziel für islamistische Terroristen ist.Es ist also hohe Wachsamkeit geboten.
In diesem Zusammenhang sollte auf Hinweise auf Studierende, Mitarbeiter oder sonstige Gebäudenutzer geachtet werden, die sich durch besondere Verhaltensweisen, wie z. B. einen Bruch im Lebenswandel, Gewaltbereitschaft, radikal-verbale Äußerungen oder Beschäftigung mit einschlägiger Literatur auffällig in Richtung islamischer Fundamentalismus verändern.
Ich darf Sie bitten, verdächtig erscheinende Wahrnehmungen, die Rückschlüsse auf eine islamisch-fundamentalistische Haltung zulassen, unverzüglich hierher mitzuteilen.
Bitte informieren Sie Ihre Mitarbeiter entsprechend.
Ludwig-Maximilians-Universität München
Mit freundlichen Grüßen
Ltd. Regierungsdirektor
Ich wollte den Absender der Mail fragen, was er sich von seinem Aufruf erhofft. Ob er die genannten Kriterien tatsächlich für tragfähig hält, um potenzielle Terroristen zu erkennen. Und ob er nicht fürchtet, eine Hexenjagd auf Angehörige einer bestimmten Religionsgruppe zu eröffnen. Und was die Hochschule zu tun gedenkt, wenn jemand seinen Lebenswandel ändert oder den Koran liest.
Sein Vorzimmer sagte mir einen Rückruf zu. Dieser kam jedoch nicht.
Nachtrag 1: Laut Pressestelle der Universität, die mich soeben angerufen hat, wird gerade „intensiv“ geprüft, ob der Absender der Mail im Rahmen seiner Kompetenzen gehandelt hat.
Nachtrag 2: Bericht in der Financial Times Deutschland