Die Guten machen sich bitte keine Sorgen

Der Präsident des Bundeskriminalamtes hat sich schon am Dienstag den Preis für den denkwürdigsten Satz der Woche verdient. Er äußert sich zur Online-Durchsuchung von privaten und geschäftlichen Computern. Diese Fahndungsmethode hatte der Bundesgerichtshof gestern für unzulässig erklärt.

BKA-Chef Jörg Ziercke kontert jetzt mit folgendem Killerargument:

Es ist nicht so, dass die Menschen in Deutschland davor Angst haben müssen, jetzt durch den Staat in einer Weise überwacht zu werden, die nicht den Rechtsgrundsätzen entspricht. 99,9 Prozent der Menschen werden von dieser Maßnahme überhaupt nicht betroffen sein.

Wenn wir danach gehen, brauchen wir ja eigentlich keine Grundrechte mehr. Eine Strafprozessordnung auch nicht. Denn die netten Onkel von der Polizei passen schon selbst auf, dass es nur die Bösen trifft. Fehler und böser Wille ausgeschlossen. Wegsehen also ohne jedes Risiko – wenn man zu den Guten gehört. Und wer tut das nicht?

Abgesehen davon: 0,1 Prozent der deutschen Bevölkerung sind 82.310 Menschen.

AG Halle-Saalkreis 395 Gs 34/07

Im Mikado-Verfahren haben 20 Antragsteller beantragt, das bundesweite Kreditkarten-Screening der Staatsanwaltschaft Halle für rechtswidrig zu erklären.

Jetzt liegt die Antragserwiderung der Staatsanwaltschaft vor; das Gericht selbst hat noch nicht entschieden.

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft ist der Antrag grundsätzlich zulässig. Es fehle aber ein Rechtsschutzinteresse. Die Antragsteller seien nicht selbst, gegenwärtig und unmittelbar in ihren Grundrechten betroffen. Der Vortrag, Inhaber zweier Kreditkarten zu sein, reiche für eine Betroffenheit nicht aus. Die abgeforderten und übermittelten Daten hätten die Antragsteller nicht direkt betroffen.

Die Anonymität der Antragsteller sei zu jeder Zeit geschützt gewesen. Durch eindeutige, unverwechselbare Selektionskriterien, insbesondere der konkreten Merchant-ID, sei die Betroffenheit von Unbeteiligten nicht nur auf ein Minimum, sondern gänzlich auf Null reduziert worden.

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Frau Wendler kontrolliert

Wer Hartz IV bezieht, hat nur Anspruch auf eine bestimmte Wohnungsgröße. Da viele Betroffene an sich in kleinere Wohnungen umziehen müssen, wird entsprechender Wohnraum knapp. Der MDR berichtet über eine, wie ich finde, ziemlich kranke Maßnahme:

Ihr Vermieter begnügt sich ab sofort mit der geringeren Miete und schließt dafür ein Zimmer zu. Ob dieser Raum dann auch wirklich nicht genutzt wird, das kontrolliert Ulrike Wendler von der Wohnungsverwaltung…

Bereits 80 Mietern soll alleine in Löbau die Wohnung durch Abschließen eines oder mehrere Räume verkleinert worden sein. Kontrolliert wird etwa alle vier Wochen, penible Prüfung des Wärmemessers inklusive.

Der Vorstand der Vermietfirma räumt ein, dass man so praktisch nichts spart. Aber gerecht will man sein. Was nicht bezahlt werden kann, soll auch nicht genutzt werden.

(Quelle des Links ging mir leider verloren)

Feine Abstufung

„Für Rückfragen steht Ihnen unser Support Team jederzeit gerne zur Verfügung … Mit freundlichen Grüßen aus dem schönen Köln und Grävenwiesbach …“

Auch eine Art zu sagen, welcher Standort besser gefällt.

Falscher Kinderpornoverdacht gegen Kreditkartenbesitzer

Wie man als Kreditkartenkunde unter falschen Verdacht geraten kann, schildert die Frankfurter Allgemeine Zeitung am Beispiel eines Unternehmers:

Am 15. Dezember 2006 stehen zwei Kriminalbeamte in seinem Büro in Wiesbaden, „es war wohl gegen halb elf“, erinnert sich der 67 Jahre alte Unternehmer.

Einen Durchsuchungsbeschluss haben sie dabei, dem Weber (Name geändert) entnimmt, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren läuft. „Wegen des Verdachts d. Verbreitens kinderpornografischer Schriften“, liest er auf dem am 11. Oktober von einem Richter des Amtsgerichts Wiesbaden unterschriebenen Papier. Die Beamten sind angewiesen, die Computer im Büro zu beschlagnahmen, außerdem sämtliche Speichermedien wie externe Festplatten und CD-ROMs. Webers private Wohnung, das Geschäft und das Auto sollen durchsucht werden.

Tatsächlich waren vom Konto des Betroffenen ominöse Beträge abgebucht worden. Nur weil er sich nachhaltig beschwert hatte und ihm seine Bank die Belege schnell faxte, brachen die Ermittler die Durchsuchung ab.

Hätte der Unternehmer die falsche Abbuchung nicht bemerkt oder sich nicht drum gekümmert, wäre die gerichtlich angeordnete Beschlagnahme der Firmencomputer möglicherweise mit tragischen Folgen verbunden gewesen. Der Betroffene sah sich jedenfalls schon vor dem Bankrott.

(Danke an Ingo Vogelmann für den Link)

Verdeckte Online-Durchsuchung unzulässig

Die heimliche Durchsuchung der im Computer eines Beschuldigten gespeicherten Dateien mit Hilfe eines Programms, das ohne Wissen des Betroffenen aufgespielt wurde (verdeckte Online-Durchsuchung), ist nach der Strafprozessordnung unzulässig. Es fehlt an der für einen solchen Eingriff erforderlichen Ermächtigungsgrundlage. Das hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs auf die Beschwerde des Generalbundesanwalts gegen einen Beschluss entschieden, mit dem der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs den Antrag auf eine verdeckte Online-Durchsuchung abgelehnt hatte.

Nach der Entscheidung ist die verdeckte Online-Durchsuchung insbesondere nicht durch § 102 StPO (Durchsuchung beim Verdächtigen) gedeckt, weil die Durchsuchung in der Strafprozessordnung als eine offen durchzuführende Ermittlungsmaßnahme geregelt ist. Dies ergibt sich zum einen aus mehreren Vorschriften des Durchsuchungsrechts zu Gunsten des Beschuldigten – Anwesenheitsrecht (§ 106 Abs. 1 Satz 1 StPO) und Zuziehung von Zeugen (§ 105 Abs. 2, § 106 Abs. 1 Satz 2 StPO) -, deren Befolgung als zwingendes Recht nicht zur Disposition der Ermittlungsorgane steht. Zum anderen folgt dies aus einem Vergleich mit den Ermittlungsmaßnahmen, die – wie die Überwachung der Telekommunikation (§§ 100 a, b StPO) oder die Wohnraumüberwachung (§§ 100 c, d StPO) – ohne Wissen des Betroffenen durchgeführt werden können, für die aber deutlich höhere formelle und materielle Anforderungen an die Anordnung und Durchführung bestehen. Auch andere Befugnisnormen der Strafprozessordnung gestatten die verdeckte Online-Durchsuchung nicht.

Beschluss vom 31. Januar 2007 – StB 18/06

Pressemitteilung des BGH

Die DM bleibt was wert

Die Deutschen meiden das Zahlen mit Karten, sie lieben das Bargeld. Und erst recht die abgeschaffte D-Mark. Davon hat jeder Bürger statistisch noch zwei Banknoten und 300 Münzen zu Hause. Im Umlauf sind insgesamt also noch 14,4 Milliarden Mark. Und die können zeitlich unbegrenzt und kostenlos zu Euro bei der Bundesbank eingetauscht werden. Deren Präsident hat es noch einmal versprochen.

Hans Peter Weser zog fünf Jahre nach Einführung des Euro zusammen mit dem nordrhein-westfälischen Landeskriminalamt eine erste Bilanz. Mit Fakten zur Falschgeldentwicklung, zum Rückfluss der D-Mark. Von der sind noch 7,2 Milliarden Noten unterwegs. Und Münzen im Gesamtgewicht von 87 000 Tonnen. Das seien umgerechnet, flapste Weser, 87 Millionen Liter Alt-Bier: „Der Konsum aller Düsseldorfer“.

Insgesamt kamen im vorigen Jahr 344 Millionen Mark zurück. Die stammen aus Nachlässen, Funden, Umzügen oder skurrilen Erlebnissen. Ein Student hatte im Ruhrgebiet am Waldrand ein Sofa gefunden – bei dem Versuch, es neu beziehen zu lassen fand er im alten Polster einige tausend Mark. Weil die echt waren, konnten sie eingetauscht werden.

Die Zahl der Fälschungen, berichtete Wolfgang Gatzke, Chef des Landeskriminalamtes, nahm ab: von 22.392 auf 12.255. Dafür stellten die Fahnder oft hohe Qualität der Falsifikate fest. Obwohl doch der Euro bei seiner Einführung als fälschungssicher galt? Dazu Gatzke: „Früher wurden die Blüten kopiert, inzwischen gibt es großen technologischen Fortschrift“. Er warnt: Wer einen falschen Schein entdeckt hat, solle ihn zur Polizei bringen. Der Versuch, damit zu bezahlen, sei strafbar. Die Hälfte aller Fälschungen in Deutschland gebe es in NRW. (pbd)

Schäubles Welt

Aus dem JurBlog:

Nach Angaben der türkischen Tageszeitung Milliyet soll Bundesinnenminister Schäubles an einer Veranstaltung der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) in Köln die Türken in Deutschland aufgefordert haben, sich ihre Ehepartner in Deutschland auszusuchen, statt Partner aus der Türkei zu importieren.

Über das Thema streitet sich Schäuble auch mit Justizministerin Brigitte Zypries.

Staat mit 1,489 Billionen in der Kreide

Der Bund der Steuerzahler hat seine Schuldenuhr in Berlin umgestellt. Ausgehend von der geplanten Neuverschuldung von Bund, Ländern und Gemeinden für 2007 wurde die Neuverschuldung pro Sekunde mit 1.056 Euro berechnet. Im vergangenen Jahr betrug der geplante Schuldenzuwachs noch 2.113 Euro pro Sekunde. Anlass für die Umstellung der Schuldenuhr sind Planzahlen, wonach die Neuverschuldung in 2007 mit rund 33 Milliarden Euro deutlich geringer ausfallen soll als in 2006.

Der Bund der Steuerzahler bewertet die Halbierung der Neuverschuldung pro Sekunde einerseits als ein positives Zeichen. Andererseits sei der Staat derzeit immer noch mit rund 1,489 Billionen Euro verschuldet. Allein die öffentlichen Zinslasten hätten inzwischen mit rund 66 Milliarden Euro fast die Höhe der Ausgaben für Schulen und Universitäten erreicht.

(Pressemitteilung; Quelle des Links)

Datenschutzerklärung – noch keine Gefahr

Das Kopfschütteln über die Sache mit der Datenschutzerklärung ist berechtigt, Panik aber nicht angebracht. Wer (noch) keine Datenschutzerklärung in sein Weblog eingebaut hat, muss nicht mit Abmahnungen und / oder Bußgeldern rechnen.

Das Telemediengesetz, welches eine derartige Erklärung vorschreibt, tritt frühestens am 1. März 2007 in Kraft. Es ist also noch genug Zeit, sich mit Absurdistan zu arrangieren.

Die Kollegen vom (anderen) Law-Blog stellen übrigens eine Mustererklärung zur Verfügung.

BGH entscheidet über Online-Durchsuchung

Ist die Online-Durchsuchung von Computern rechtmäßig? Der Bundesgerichtshof wird darüber am Montag entscheiden, berichtet heise online.

Ich tippe, dass die jetzigen Regelungen in der Strafprozessordnung so eine Maßnahme nicht legitimieren. Es wird einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung bedürfen. Und diese wird – wenn überhaupt – nur in sehr engen Grenzen möglich sein, wenn sie nicht die Grundrechte verletzen soll.