In Rage geredet

Stellungnahme eines Arbeitnehmers zu einer „Besprechung“ mit seinem Vorgesetzten:

Als wir uns dann in Rage geredet hatten, habe ich ihm gesagt, dass wir ja rausgehen könnten. Ich habe ihm aber keine Prügel oder Schläge angeboten.

Was wollte er draußen? Dazu leider kein Wort.

Die rote Akte

Der Vorsitzende Richter musste telefonieren. Um die Wartezeit zu überbrücken, stellte ich mich in den Flur des Landgerichts. Und beobachtete, wie ein Anwalt das WC auf der Halbetage im Übergang zum Hochhaus betrat. Er trug eine rote Akte unter dem Arm.

Nach immerhin 15 Sekunden kam der Anwalt wieder raus. Er hatte keine rote Akte mehr unter dem Arm. Ich nehme an, er spazierte gemütlich zu seinem Gerichtstermin. Weiß es aber nicht, weil er am Ende des Flurs um die Ecke bog.

Das Telefonat des Vorsitzenden dauerte. Ich plauderte in der Zwischenzeit mit zwei Pressevertretern und einem vorbeihastenden Anwalt. Keine Ahnung, warum jemand zu einem Termin rennt, wenn er auf dem Weg Zeit hat, ein Zigarettchen zu rauchen und mir zu erzählen, dass ihn seine Kinder nerven, weil sie so unverschämte Wünsche zu Weihnachten haben.

Es waren gut zehn Minuten vergangen, als der erste Anwalt wieder um die Ecke kam. Er betrat das WC. Und kam nach 9 Sekunden wieder raus. Die rote Akte unterm Arm.

Nachträglich ärgerte ich mich ein wenig, dass ich die Akte nicht in der Zwischenzeit „gefunden“ hatte. Dann hätte ich wenigstens eine Erklärung gekriegt. Aber es spricht ja sowieso eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass es nicht die Wahrheit gewesen wäre.

Justiz, sehr angenehm

Dem Richter am Amtsgericht Bonn war es sichtlich unangenehm. Ein Dolmetscher war nicht geladen. Um den Termin zu retten, musste erst einer herbeitelefoniert werden. Ich klopfte auf meine Notebooktasche. „Keine Sorge, ich kann auch im Flur arbeiten.“ Die Staatsanwältin bot mir darauf ihren Büroschlüssel an. Allerdings unter der Bedingung, dass ich ihr einige Akten abarbeite. „Danach schauen Sie dann bitte in meinem Dienstzimmer vorbei“, grinste der Richter.

Der Dolmetscher brauchte eine knappe halbe Stunde. Leider dauerte die Hauptverhandlung dann wider Erwarten doch nur fünf Minuten. Durch eine – auch für mich – überraschende Aussage der Angeklagten stand plötzlich die Zuständigkeit des Gerichts in Frage. Das muss erst geklärt werden. Dann darf ich noch mal anreisen. Kein Problem, wenn beim nächsten Mal wieder so eine angenehme Atmosphäre herrscht.

Bin zur Bank

Ja, ist denn schon Weihnachten? Eine Eigentümergemeinschaft beschert mich mit einem Scheck über 917,00 €. Mit dem eher vagen Betreff „Erstattung Guthaben“. Das Hausgeld dort kostet mich im Monat knappe 200,00 €. Wenn ich das hochrechne, haben die aber extrem sparsam gewirtschaftet.

Ich bringe den Scheck ganz schnell zur Bank. Bevor jemand nachrechnet.

Prüfung bleibt vorbehalten

Wenn die Staatskasse die Anwaltskosten eines Beschuldigten übernehmen muss, ergeht ein Kostenbeschluss. Dieser wird häufig mit einem stereotypen Hinweis übersandt:

Die Auszahlung des festgesetzten Betrages erfolgt erst nach Abschluss der Prüfung, ob eine Aufrechnungslage vorliegt.

Oft gehen Monate ins Land, bevor das Geld eintrudelt. Ich stelle mir vor, wie viel Aufwand man in der Zeit betreiben kann. Die bundesdeutschen Gerichte sind nicht vernetzt. Somit könnte man Schreiben an alle Staatsanwaltschaften als Vollstreckungsbehörden richten, ob der ehemalige Beschuldigte vielleicht „im dortigen Bezirk“ der Staatskasse was schuldet. Mit Durchschlag an sämtliche Amts- und Landgerichte.

Keine Ahnung, ob so etwas passiert. Kann eigentlich nicht sein. Denn ich kann mich nur an einen einzigen Fall erinnern, in dem das Gericht eine aufrechenbare Gegenforderung entdeckt hat. Dass alle meine Mandanten außerhalb ihres Sprengels sooooo wenig anstellen oder zumindest brav ihre Strafen und Verfahrenskosten zahlen, halte ich für, nun ja, weniger naheliegend.

Somit ist es also kein bürokratischer Wahnsinn, sondern nur ein wenig Nickeligkeit gegenüber dem (siegreichen) Verteidiger. Das wäre immerhin die preisgünstigste Variante.

Witwe Gsells erfolglose Partnersuche

Sie suchte nach einem Schweizer Industriellen, kriegte aber einen Versicherungsmakler. Der erzählte noch dazu ständig Witze und wollte Flamenco tanzen. Kein Wunder, dass die frühere Frau des verstorbenen Schönheitschirurgen Franz Gsell – Forouzandeh, nicht Tatjana – schlecht auf eine Münchner Partnervermittlung zu sprechen ist.

Vor dem Landgericht München klagte sie 8.000 € Anzahlung zurück. Und gewann den Prozess, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.

Anwaltskalender: die Gewinner

Die Kanzleikinder haben eine Flash-Games-Seite entdeckt. Das Büro hört sich an wie eine Daddelhöhle. Beide weigern sich standhaft, irgendwas auszulosen. Ich habe mir deshalb extra einen Zufallszahlengenerator runtergeladen, damit die Sache auch schön objektiv zugeht.

Hier also die Gewinner der Verlosung:

– RA Munzinger (Kommentar Nr. 7);

– CeKaDO (Kommentar 43);

– Katrin (Kommentar 90).

Die Auswahl der besten Beiträge war schwierig. Ich habe ich für einen kurzen und einen langen entschieden:

– Daniel Weigelt (Kommentar 55);

– Lothar Müller-Güldemeister (Kommentar 30).

Glückwunsch an die Gewinner. Danke an alle, die mitgemacht haben.

Abmahner in Haft

Der Präsident des ins Zwielicht geratenen Abmahnvereins „Ehrlich währt am längsten“ ist verhaftet worden. Gestützt wird der Haftbefehl gemäß einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Oldenburg auf Wiederholungsgefahr.

Der in der Schweiz eingetragene Verein „Ehrlich währt am längsten“ habe auch auch nach Kenntnis von den Ermittlungen weiter in Deutschland Onlinehändler kostenpflichtig abgemahnt, meist wegen Verletzung von Informationspflichten oder fehlender Widerrufsbelehrungen.

Die Ermittlungsbehörden gehen davon aus, dass der Verein gar nicht zu Abmahnungen berechtigt ist, weil er die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Bis heute sollen schon hunderte Strafanzeigen eingegangen sein.

Nähere Informationen bei wortfilter.

Justizexpress

Eine Todesdrohung im Internet brachte zwei Jugendliche in Remscheid für drei Wochen in die Arrestanstalt. Das Besondere: Zwischen Entdeckung der Tat und Antritt des Zuchtmittels lagen keine 24 Stunden. Beck-aktuell berichtet über das „beschleunigte Verfahren“:

– 13. Dezember, abends: Ein Vater informiert die Polizei über die Drohung. Hausdurchsuchung bei den Jugendlichen.

– 14. Dezember, vormittags: Der „Staatsanwalt vor Ort“ übernimmt den Fall, spricht mit dem Gericht, den Eltern der Jugendlichen, den Pflichtverteidigern und der Arrestanstalt; er erhebt Anklage.

– Mittags: Das Amtsgericht verurteilt die geständigen Angeklagten. Die Jugendlichen treten unmittelbar nach der Verhandlung den Arrest an.

Für mich klingt das nicht wie beschleunigtes Verfahren, sondern wie überstürztes Verfahren.

Fahr lässig

Frisch eingetroffen:

Bei einer Spedition geht ein Lastwagen kaputt. Sie mietet bei einer namhaften Firma ein Ersatzfahrzeug. Der Fahrer schnurrt mit dem Lkw los und kommt in eine Kontrolle des Bundesamtes für Güterverkehr. Der Prüfer stellt mit seinem Messgerät fest, dass der vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzer auf eine zu hohe Geschwindigkeit eingestellt ist.

Die Bußgeldstelle ist der Meinung, dass auch der Fahrer ordnungswidrig gehandelt hat. Sie möchte ihm 100 € aufs Auge drücken und drei Punkte in Flensburg.

Ich frage mich, worin die Fahrlässigkeit liegen soll. Immerhin stammt das Fahrzeug von einem renommierten Vermieter. Darf man sich da nicht darauf verlassen, dass die Grundeinstellungen des Fahrzeugs in Ordnung sind? Außerdem stellt sich natürlich die Frage, ob und wie ein Fahrer die Einstellung des Geschwindigkeitsbegrenzers überhaupt kontrollieren könnte. Der Regler ist bei dem Modell wohl in die Elektronik verbaut.

Der Kontrolleur hat sich übrigens auch die Tachoscheibe angesehen. Interessanterweise hat er festgestellt, dass mein Mandant sich über mehrere hundert Kilometer nicht zu schnell gefahren ist.

Ich bin zunächst mal guter Dinge.

115 – und über Merkel schimpfen

Wähle 115, dann wird dir geholfen. Bundeskanzlerin Angela Merkel möchte einen Bürgernotruf einführen, heißt in allen Medien. Rund um die Uhr soll ein kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung stehen, egal ob es um ein Schlagloch, die verdreckte Bank im Bushäuschen oder komplizierte Formulare geht.

Um die Hilfe effektiv zu machen, sollen alle Bundes- und Länderbehörden sowie die Kommunen miteinander vernetzt werden. Vorbild soll der New Yorker Bürgerservice sein, wo sich innerhalb von sieben Sekunden ein Ansprechpartner meldet und weiterhilft.

Für mich klingt das nach mehr Bürokratie wagen. Rauskommt doch eine neue Behördenkrake, bestenfalls ein riesiges Callcenter. Und technisch riecht es nach einem Mammutauftrag für Siemens oder die Telekom. Aber die können es ja brauchen.

Update: heise online weiß, wo das Projekt läuft und verweist auf ein PDF mit Einzelheiten.