Abschied vom Verkehrsschild?

Spiegel online berichtet über ein schier unglaubliches Verkehrsexperiment der EU. Sieben Städte und Provinzen bauen alle Verkehrsschilder und Ampeln ab:

Was nach Chaos klingt, folgt in Wahrheit einer Erkenntnis der Verkehrspsychologie: Nur wo alles geordnet ist, kann der Wagenlenker ohne Skrupel Gas geben. Unübersichtliches Terrain dagegen zwingt ihn zu Vorsicht und Behutsamkeit.

Dass so ein mutiger Ansatz ausgerechnet aus Brüssel kommt, finde ich bemerkenswert.

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Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

Nacktkontrolle: Gericht lässt Berufung zu

Ein weiblicher Fußballfan musste sich am 11. März 2005 vor Polizisten in Saarbrücken nackt ausziehen. Die Beamten suchten nach Feuerwerkskörpern, obwohl keine konkreten Umstände belegten, dass die 17-Jährige etwas mit Randale zu tun hatte. Die Polizeiaktion schlug hohe Wellen, denn das Verwaltungsgericht hielt die Maßnahme für rechtmäßig.

Jetzt erreicht mich eine erfreuliche Nachricht. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung zugelassen. Das Gericht sieht tatsächliche und rechtliche Probleme, die mit den Parteien in einem noch nicht anberaumten Termin erörtert werden sollen.

(Berichte im law blog: – Die Welt nackt zu Gast bei Freunden; „Erniedrigt und beschmutzt“)

Stumm wie ein Fisch

Wie gehofft, hat das Uraltverfahren ein glückliches Ende genommen. Der einzige Belastungszeuge, wegen anderer Dinge noch bis mindestens 2012 in Haft, verweigerte die Aussage. Auch acht Jahre nach der angeblichen Tat wollte er sich nicht selbst belasten.

So seine Begründung.

Im Jahr 2000 hatte er dem Staatsanwalt noch eine umfassende Aussage angeboten. Wenn dieser ihm die Haft erleichtert. Unter anderem wollte der Zeuge bei der Einschulung seiner Tochter in Magdeburg dabei sein.

Anscheinend hat das alles nicht geklappt. Denn heute blieb der Mann stumm wie ein Fisch, zumindest was die Sache angeht. Aber auch wenn er sich geäußert hätte, wäre er wahrscheinlich nicht glaubwürdig gewesen. Dem damals zuständigen Polizeibeamten rechne ich an, dass er den Wunsch des Zeugen nach einem Deal in der Strafvollstreckung in einer Notiz festgehalten hat. Das ist keineswegs selbstverständlich.

Der, wie immer, humorvolle Richter bedauerte noch, dass meine Vorbereitungen für einen „stundenlangen Schlussvortrag“ vergeblich gewesen seien. Nun ja, zumindest die Urteile zum überlangen Verfahren werde ich sicher bald mal wieder brauchen. Wenn das nächste, längst erledigt geglaubte Schätzchen aus dem Aktenschrank geklaubt wird.

Steinhöfel teilt aus

Ein rauer Ton herrscht mittlerweile zwischen Media-Markt-Anwalt Joachim Steinhöfel und der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Steinhöfel geht die Berichterstattung über die Abmahnungen, mit denen er im Auftrag von Media-Märkten Einzelhändler überzieht, massiv an. So hält er den Autor für jemanden, der „sich bei der ,Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung‘ sein Gnadenbrot erschleicht“; weitere Beschimpfungen bitte ich direkt Steinhöfels heutiger Tirade zu entnehmen.

Verbraucherrechtliches fasst den Konflikt zusammen und liefert die interessantesten Zitate.

Rabattfähig

Am 5. November 2001 habe ich mich als Verteidiger in einem Ermittlungsverfahren gemeldet. Am Montag, also nach fünf Jahren, ist Hauptverhandlung. Ich hoffe sicher nicht als einziger, dass die Akte endlich mal geschlossen wird.

Für den (unwahrscheinlichen) Fall, dass meinem Mandanten noch eine Straftat nachgewiesen werden kann, habe ich schon mal ein paar Urteile zur Verfahrensverschleppung durch die Justizbehörden rausgesucht.

Der Rabatt müsste happig sein, denn an sich hätte hier schon im Frühjahr 2002 ein Urteil gesprochen werden können.

Maschinelle Belästigung

Eine Mandantin will sich dagegen wehren, dass sie mehrmals in der Woche Anrufe von einem Versandhaus erhält. Ein Computer (!) meldet sich und fordert sie auf, eine Rechnung zu bezahlen. Abgesehen davon, dass die Forderung nicht besteht, stört sich die Mandantin daran, von einer Maschine belästigt zu werden.

Könnte interessant werden, der Fall.

Ladendiebstahl kostet Polizisten den Job

Ein Polizeibeamter, der während seines Dienstes einen Ladendiebstahl begeht und dabei sowohl seine Uniform trägt als auch seine Dienstwaffe bei sich führt, ist in der Regel aus dem Polizeidienst zu entfernen. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz.

Im Jahre 2004 entwendete der Polizeibeamte in einem Drogerie-Markt in der Nähe seiner Dienststelle eine kosmetische Creme mit einem Warenwert von rund acht Euro. Dabei führte er seine geladene Dienstwaffe bei sich. Das Amtsgericht verurteilte den Beamten daraufhin wegen Diebstahls mit Waffen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung. Im anschließenden Disziplinarverfahren entfernte das Verwaltungsgericht Trier den Mann aus dem Dienst. Seine dagegen eingelegte Berufung blieb vor dem Oberverwal­tungsgericht erfolglos.

Wenn ein Amtsträger, zu dessen zentralen Dienstpflichten es gehöre, Straftaten zu verhin­dern, aufzuklären und zu verfolgen, innerhalb des Dienstes ein Eigentumsdelikt begehe und dabei seine Dienstwaffe bei sich führe, verstoße er nicht nur in besonders schwerwiegender Weise gegen seine Pflichten als Polizeibeamter. Zugleich füge er dem Ansehen der Voll­zugspolizei des Landes Rheinland-Pfalz einen ganz erheblichen Schaden zu. Deshalb sei ein endgültiger Vertrauensverlust des Dienstherrn und der Allgemeinheit eingetreten, so dass der Beamte im Polizeidienst schlichtweg untragbar sei.

(Pressemitteilung des Gerichts; Link gefunden bei Recht und Alltag)

Tiefe Stille

Manche Mandate treiben einen in den Wahnsinn. Die Sache ist vielleicht gar nicht so kompliziert. Dafür sind es die Angehörigen. Typischerweise läuft das so:

Der Bruder des Betroffenen meldet sich aufgeregt, weil sein Verwandter fesgenommen wurde. Der Anwalt macht seinen Job. Am nächsten Vormittag meldet sich jemand, der sich als Schwager des Betroffenen ausgibt. Dieser möchte wissen, ob der Herr Anwalt schon was unternommen hat. Der Anwalt weist darauf hin, dass er soeben mit dem Bruder des Betroffenen telefoniert und ihm alles erklärt hat. Der Schwager will mit dem Bruder des Betroffenen telefonieren.

Kurz darauf meldet sich die Schwester des Schwagers. Der ist gerade zur Arbeit und hat sie gebeten nachzufragen, ob der Herr Anwalt schon etwas unternommen hat. Dass der Schwager schon selbst angerufen hat, weiß seine Schwester nicht. Sie will mit ihrem Bruder telefonieren und auch mit dem Bruder des Betroffenen.

Kurz darauf ruft der Verlobte der Schwester des Schwagers an. Er möchte, angeblich im Auftrag des Bruders der Betroffenen, wissen, ob er das Schreiben abholen kann. Der Bruder seiner Verlobten habe ihm gesagt, er habe vom Bruder des Betroffenen gehört habe, dass ein Schreiben abgesandt werden soll.

Den Hinweis, dass das Schreiben allenfalls an den Betroffenen selbst gehen kann (Anwaltsgeheimnis), nimmt er persönlich übel. Er sei immerhin der Verlobte der Schwester des Schwagers des Betroffenen. Dann droht er damit, ein Mandat zu kündigen, das er gar nicht erteilt hat. Man einigt sich darauf, dass er mit dem Bruder des Betroffenen telefoniert. Der Bruder des Betroffenen ruft an und entschuldigt sich. Bei dieser Gelegenheit möchte er wissen, ob nicht wenigstens er eine Kopie des Schreibens haben kann. Immerhin sei er ja der Bruder.

Der Staatsanwalt ruft an und teilt mit, dass er keinen Haftbefehl beantragen wird. Der Betroffene darf noch am gleichen Tag nach Hause.

Dem Anwalt fehlt noch ein Teil seiner Gebühren. Er hofft darauf, dass sich jemand meldet, mit dem er diese Frage besprechen kann. Doch plötzlich herrscht tiefe, entspannte Stille. Exakt bis zu dem Moment, in dem der Betroffene mal wieder auf einer Polizeiwache sitzt…

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Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

Draußen scheint die Sonne

„Ich hoffe, ich setze mich mit meinen offenen Worten keinem Befangenheitsantrag aus.“ Mit dieser einleitenden Bemerkung der Vorsitzenden Richterin war schon klar, wohin die Reise geht.

Die – auf das Strafmaß beschränkten – Berufungen seien unbegründet. Nicht nur das. „Wir bedauern, dass die Staatsanwaltschaft nicht selbst Berufung eingelegt hat.“ Dann hätte das Gericht, so die Richterin, bei jedem der Angeklagten wahrscheinlich etliche Monate draufgepackt.

Da fröstelt es einem dann schon. Denn in Jugendstrafsachen hat das Berufungsgericht das letzte Wort. Leider prallten meine, zugegeben dürftigen, Argumente an einer Eiswand um den Richtertisch ab.

Und dabei scheint draußen die Sonne. Da läuft es in der Regel besser.

Liegen nicht vor

Weil ihre Nebenkostenabrechnungen unter aller Kanone waren, hat eine große Immobilienfirma schon ordentlich was auf die Nase bekommen. Jetzt möchte sie die Abrechnungen „überarbeiten, damit diese nachvollziehbarer werden, … um so akzeptiert werden zu können.“

Das gehe allerdings nur, wenn die Mieter helfen:

… bitten wir um Überlassung der Kopien der Betriebskosten- und der Heizkostenabrechnungen für die Abrechnungszeiträume 2001 bis einschließlich 2004; diese Unterlagen liegen uns leider nicht vor.

Ich habe der Mandantin gesagt, sie soll ausrichten, die Abrechnungen steckten bei uns in der dicken Akte. Das Raussuchen sei keine billige Angelegenheit, bei unseren brutalen Stundensätzen. Aber wenn die Kosten gezahlt werden, gerne.

Und wozu das alles? Neue Abrechnungen kämen ohnehin nach Ablauf der Jahresfrist. Sie wären unwirksam.

Geringe Schuld

Manchmal lohnt es sich, eine Verteidigungsschrift ans Gericht zu senden. Das Verfahren gegen meinen Mandanten wurde jetzt wegen geringer Schuld eingestellt. Die drei Mitangeklagten, die bisher geschwiegen haben, müssen Anfang Januar zur Hauptverhandlung antreten. Meine vier Seiten Text waren also nicht unnütz. Denn so wahnsinnig unterscheiden sich die angeblichen Tatbeiträge nicht.

Witzigerweise fragt ein Mitangeklagter schon an, ob ich ihn künftig verteidigen möchte. Nachdem das Verfahren gegen meinen Mandanten zu Ende ist, wäre das sogar zulässig. Ob mich der bisherige Verteidiger dann noch grüßt, ist allerdings eine andere Frage.

Brötchen

Aktueller Brötchenpreis in Düsseldorf: 27 Cent.

Wäre mir jetzt nicht so aufgefallen, hätte die Frau vor mir nicht fast einen Herzinfarkt gekriegt.