Zur Bundespolizei, die erst neulich wieder zwei Schwarzfahrer angezeigt hat, hat law blog – Leser „bo“ einiges zu sagen. Hier seine Anmerkungen:
Vor dem 11. September gab es in Deutschland ernsthafte Bestrebungen, den damaligen BGS (heute Bundespolizei) aufzulösen oder zumindest stark zu verkleinern. Grund war, dass nach den EU-Erweiterungen ein gesonderter polizeilicher Grenzschutz neben der Tätigkeit des Zolls, des Militärs (v.a. Flugraumüberwachung) und der Länderpolizei allenfalls noch an Flughäfen benötigt wurde. Mit m.E. nach guten Argumenten wurde vorgebracht, dass angesichts der ganz erheblichen Kosten, die die Institution BGS für den Steuerzahler mit sich bringt, die Bewachung von Flughäfen und Bahnhöfen ebensogut den für Polizeiaufgaben ohnehin zuständigen Ländern übertragen werden konnte.
Dank dem 11.09. und Innenminister Schily wurden derartige Bestrebungen aber abgemeiert. Das wiederum führt dazu, dass eine eigene Bundespolizei vermutlich zu mindestens 90% eben nicht Flughäfen schützt oder dem BKA bei länderübergreifender, organisierte Schwerkriminalität oder bei der Terrorismusbekämpfung zur Seite steht, sondern schon fast verzweifelt im Umfeld deutscher Provinzbahnhöfe nach irgendeinem Anlass sucht, irgendwelche teils an den Haaren hebeigezogenen Strafverfahren einzuleiten, um Gründe für die eigene (sehr teure) Existenzberechtigung zu schaffen.
Auch die kleinsten Anlässe werden dann zu groß ausgebreiteten Verfahren und Akten ausgewälzt. Dazu passt ins Bild, dass die Bundespolizei eine Pressemitteilung herausgibt (!), weil man mit großem Tara ein Verfahren gegen 2 Beschuldigte wegen Leistungserschleichung eingeleitet hat.
Weniger lustig sind aber BGS- / BP -Verfahren, die mir aus frührere beruflicher Tätigkeit bei einer Strafverfolgungsbehörde noch gut in Erinnerung sind:
EIne BGS – Dienststelle kam mal auf die tolle Idee, dass Parken ohne oder mit abgelaufenem Parkschein vor dem Hauptbahnhof einer größeren Stadt ja irgendwie auch Betrug sein könnte – und hat ernsthaft gegen fast 100 Fahrzeughalter Strafverfahren wegen Betruges (im Wiederholungsfall sogar wegen gewerbsmäßigen Betruges) eingeleitet und die verängstigten und verstörten Bürger wie Straftäter vorgeladen und unter entsprechendem Vorhalt als Beschuldigte vernommen. Ein Riesenerfolg für die Polizeistatistik: Der BGS klärte in nur einem Monat fast 100 Betrugsfälle auf… ohne Worte!
Die gleiche Dienststelle führte dann (wohl aus Lngeweile) einmal in einigen seit Jahren verfallenen und stillgelegten Gebäuden der Bahn eine Begehung durch. Jede Grafitti- Schmiererei wurde dabei mit der einem Kapitalverbrechen angemessenen Sorgfalt kriminaltechnisch untersucht, vermessen und dokumentiert (und jeweils ein UJS-Verfahren wegen Sachbeschädigung eingeleitet). So weit, so gut. Allerdings fand ein BGS-Beamter in irgendeinem verfallenen Lagergebäude eines stillgelegten Bahnhofs einen alten, leeren Joghurt-Becher. Messerscharf folgerte der Beamte, dass der Becher nicht von alleine in das Gebäude gekommen sein konnte – also ein HAUSFRIEDENSBRUCH vorliegen müsse. Wie jetzt aber den Täter in diesem großen Kriminalfall ermitteln (Fingerabdrücke gab es keine mehr, dass hatten die Beamten ernsthaft überprüft…)? Na? Richtig: DNA-Analyse! Ich habe die BGS-Akte mit dem gammeligen Becher ernsthaft mit der bundespolizeilichen Anregung auf den Tisch bekommen, bei Gericht einen Antrag auf molekulargenetische Spurenauswertung zu stellen.