Von EBERHARD PH. LILIENSIEK
Der erste Verhandlungstag im Prozess gegen drei Republikaner wegen Verdachts der Wählertäuschung und der schweren Urkundenfälschung geriet vor dem Landgericht Düsseldorf heikel: Gerade noch rechtzeitig vor dem Beginn, der um eine Stunde verschoben wurde, hatte sich dem Vorsitzenden der 4. großen Strafkammer ein Schöffe offenbart. Matthias H., ein sozialdemokratischer Lokalpolitiker, hatte schon in einem anderem Prozess gegen den Hauptangeklagten Jürgen Krüger ausgesagt. Weil H. damit aktuell als befangen gelten konnte, sprang ein Ergänzungsschöffe ein.
Noch einmal fast eine Stunde brauchte Staatsanwalt Niklas Schlachetzki zur Verlesung der Anklage. Danach haben drei Republikaner – neben dem Ratsherrn Krüger ein 33- und ein 54- jähriger – in Düsseldorf und zwei benachbarten Städten insgesamt 221 potentielle Wähler getäuscht und 38 mal Unterschriften gefälscht.
Dabei ging es um die Vorbereitung zur Landtagswahl im vorigen Jahr: Weil die „Die Republikaner“ bis dahin weder im Landtag noch im Deutschen Bundestag ununterbrochen vertreten waren, brauchten sie Unterstützungsunterschriften für den örtlichen Kreiswahlvorschlag der Partei. Die sammelten sie laut Anklage auf Straßen und Plätzen, verschwiegen aber die Partei und spiegelten den Passanten vor, es gehe um eine Initiative zur härteren Bestrafung von Fällen des Kindesmissbrauchs handelte.
„Weil wir uns dafür einsetzen, ist das bei den Leuten so hängen geblieben“, bemühte sich der 33-Jährige gestern um nachträgliche Aufklärung. Tatsächlich sei aber nicht deswegen um Unterschriften geworben worden, sondern für die Partei: „Wir haben jeden darüber aufgeklärt“. Auch Jürgen Krüger versuchte, die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft aufzuweichen. Sein Gesicht sei nach 12-jähriger Ratsarbeit in der Stadt so bekannt, da habe er gar keine Möglichkeit zur Täuschung. Und überhaupt: „Ich bin 15 bis 18 mal von der Polizei überprüft worden. Immer hat es geheißen „Alles in Ordnung“.
Nicht alles: Eine Ratsfrau einer anderen Partei hatte Krüger bei einer Unterschriftsammlung gesehen, war misstrauisch geworden und hatte Passanten nach dem Grund ihrer Unterschrift gefragt – dieser erste Verdacht löste die strafrechtlichen Ermittlungen aus. Doch die seien, machte Krüger gestern wortreich und vorwurfsvoll geltend, „in eine bestimmte Richtung“ gelenkt worden.
Auf den Vorladungen der Kriminalpolizei hätten die Zeugen nichts von einem „Verdacht“ gelesen. Da habe gleich im Zusammenhang mit ihm das Wort „Fälschung“ gestanden. Dann hob Krüger noch sich selbst entschuldigend darauf ab, das Gericht möge, bitteschön, doch alle Vorwürfe im Verhältnis sehen. Er habe schließlich insgesamt 6 000 Leute angesprochen. Dabei gebe es schon mal eine Fehlerquote: „Stellen Sie sich vor, ich hätte 60 000 angesprochen – wie lange würden wir dann hier verhandeln?“
Diesen Verwässerungsversuch nahmen die Kammer und ihr Vorsitzender Rudolf Wolf ohne sichtliche Reaktion zur Kenntnis. Wolf will für einen erkrankten Schriftgutachter bald Ersatz finden. Der soll während der noch zehn anberaumten Verhandlungstage ein Gutachten ausarbeiten: Waren die Unterschriften auf 38 Unterstützungspapieren meistens die von Krüger? Der Prozess wird am 23. Oktober fortgesetzt. (pbd)