Es geht um eine krankheitsbedingte Kündigung. Enorme Fehlzeiten machen es meiner Mandantin schwer, eine Angestellte weiter zu beschäftigen. Sogar die Kollegen in der Abteilung, welche die liegengebliebene Arbeit aufs Auge gedrückt bekommen, spielen nicht mehr mit.
„Das erste Interesse meiner Mandantin ist es, ihren Arbeitsplatz zu behalten.“ Sagte der Anwalt im Gütetermin am Arbeitsgericht. Auf einen Vergleich wollte er sich nicht einlassen. Obwohl mir der Richter attestierte, dass mein Angebot auch seines gewesen wäre.
Okay, dann eben nicht. Ich habe entsprechend reagiert und zu Protokoll erklärt, dass die Freistellung der Klägerin mit sofortiger Wirkung widerrufen wird und sie wieder zur Arbeit kommen soll. Immerhin ist sie ja ziemlich genau an dem Tag wieder gesundgeschrieben worden, an dem sie freigestellt wurde. Welch schöner Zufall.
Der Anwalt guckte jedenfalls etwas verdattert, als ihm auch der Richter erklärte, dass die Klägerin ab sofort wieder arbeiten muss. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist sind es noch gut zwei Monate. Dem Anwalt fiel dann nichts besseres ein als frech zu fragen, ob ich eine Vollmacht zur Akte gereicht hätte. Weil er ansonsten den Widerruf der Freistellung „zurückweisen“ würde.
Ich erklärte ihm, dass ich auf formale Spielchen keine Lust habe. Dann kriege seine Mandantin halt heute noch einen Brief von der Firma. In dem stehe auch nichts anderes. Der Richter war schlagfertiger. Er wies den Anwalt knochentrocken darauf hin, dass der Widerruf einer Freistellung keine Willenserklärung sei. Deshalb könne er die Erklärung gar nicht zurückweisen.
Ohnehin hing im Saal die unausgesprochene Erkenntnis, wie ernst es der Frau wirklich mit dem Erhalt des Arbeitsplatzes ist. Platz vielleicht ja. Arbeit aber nein. Möglicherweise hat es aber auch nur ihr Anwalt verbockt. Das will ich nicht ausschließen.