Jenseits der Grenze

Wenn es um Geschwindigkeits- oder Abstandsverstöße geht, schicke ich immer gleich einen CD-Rohling mit. Denn Videoaufnahmen stellen Ordnungsämter nur zur Verfügung, wenn man ihnen einen beschreibbaren Datenträger sendet. Wenn man keinen schickt, schreiben die Ordnungsämter einen Brief und fordern einen Rohling an. Ein Brief ist zwar viel teurer als ein Rohling, und man könnte jetzt grübeln…

Will ich aber nicht, denn es geht um was anderes. Gerade hatte ich das Ordnungsamt der Stadt W. am Telefon. Der Mitarbeiter war mit meiner CD extra zum Technikadmin des Rathauses gelaufen, weil die einzelnen Sachbearbeiter keine Laufwerke in ihren Computern haben. „Die haben aber festgestellt, dass die CD leer ist“, klagte er. „Können Sie mir die Daten noch einmal übersenden?“

Wieso ich ihm Daten übersenden sollte, hat er nicht hinterfragt. Ebenso wenig hatte er den entsprechenden Absatz meines Schreibens gelesen. Allerdings stellte sich dann heraus, die Sache war für den Mann völlig neues Terrain. In der Stadt W. gibt es nämlich gar keine Videomessungen. Offensichtlich war ein Motorradpolizist mit Videoausrüstung aus dem benachbarten Landkreis im Stadtgebiet unterwegs, warum und wieso auch immer.

Mit seinem kleinen Ausflug über Zuständigkeitsgrenzen sorgt der Polizist für die allererste Bußgeldsache im betreffenden Ordnungsamt, bei welcher der Videobeweis eine Rolle spielt. Und in meiner Akte für einen großen Vermerk, dass ich mir nicht nur das Video ansehe. Sondern auch prüfe, ob sich aus dem Wildern auf fremden Schnellstraßen nicht ein so schwerwiegender formeller Einwand stricken lässt, dass spätestens der Bußgeldrichter das Verfahren einstellt.