Nachwuchssadist

Manche Kollegen kann ich nicht leiden. Sie mich wahrscheinlich auch nicht. Einer geht mir zum Beispiel auf den Geist, weil er überheblich ist und auch vor fiesen Tricks nicht zurückschreckt. Insbesondere kommt bei ihm grundsätzlich keine Post an, sofern sie für seinen Mandanten nachteilig ist.

Aber wenn ich bei ihm anrufe, gönne ich mir meine kleine Rache. Er geht nämlich immer persönlich ran. Ich nehme an, weil er keine Mitarbeiter hat. Wahrscheinlich kennt er inzwischen meine Rufnummer. Er meldet sich jedenfalls stets mit einem gepressten „Winkowski“ (Symbolname).

Guten, Rechtsanwalt Vetter, kann ich bitte den Kollegen Winkowski sprechen?

„Am Apparat.“

Wieso sind Sie denn direkt in der Leitung? Ist das Ihre Durchwahl auf dem Briefbogen?

Oder:

Oh, Sie Armer, ist Ihr Sekretariat schon wieder nicht besetzt?

Beziehungsweise:

Wer geht eigentlich an Ihr Telefon, wenn Sie Gerichtstermine haben?

Er schnaubt immer nur: „Um was geht’s?“ Trotzdem ist es immer wieder ein Vergnügen.

Noch in der Pipeline:

– Ach, Sie tun mir leid, schon wieder Telefondienst? War da neulich nicht Ihre Mutter am Apparat?

– Lohnt sich das, alles selbst zu machen? Putzen Sie auch?

– Guten Tag, Herr Am, verbinden Sie mich doch mal mit dem Kollegen Winkowski.