Links 22

Eine Zusammenstellung interessanter Links. Jeweils mit Dank an die Einsender:

GEZ für Computer: doch niedrigere Gebühren?;

PayPal bucht doppelt ab;

Mautdaten: Begehrlichkeiten der Fahnder (Martin Königs);

Übernatürliches – teuer bezahlt (Manuel Rodegro);

Nach Schlüsseldiebstahl brennt es an der Uni Bielefeld;

Reisepass-Chip geknackt;

Law blog chefsicher (via Spreeblick);

Gelbe Seiten nicht mehr geschützt;

Interazzi: die brutale Logik des Boulevards.

Feigling

Ich erinnere mich noch gut, wie ich neulich mein neunjähriges Patenkind, das manchmal ein wenig schüchtern ist, auf dem Spielplatz belehrt habe:

„Jetzt geh‘ doch einfach rüber zu den fremden Kindern. Die beißen nicht und lassen dich bestimmt gerne mitspielen.“

Sie hat das dann gemacht, und es war so, wie ich sagte. Daran musste ich Feigling vorhin im Sportstudio denken, als ich mich zum achten oder vielleicht auch fünfzehnten Mal einfach nicht traute, eine bestimmte Person anzusprechen.

In gewissen Dingen wird man wohl nie erwachsen. Oder so mutig wie ein Kind.

Auch nur ein Wichser

Als bekannt quotengeiler Blogger leiste ich mir natürlich eine Mediaagentur, die mir im 30-Sekunden-Takt simst, wie die Leser auf einen Beitrag reagieren. Oft kommt es vor, dass ich im Gerichtssaal um eine Pinkelpause bitte, wenn es nicht so gut läuft. Ich renne dann raus und ersetze eine neutrale Formulierung durch eine Beleidigung. Das hilft, fast immer.

Klicktäler überbrücke ich gerne durch vorgefertigte Beiträge zur GEZ. Und wenn auch das nicht wirkt, muss halt ein offener Brief her. Der offene Brief ist sozusagen das vorletzte Mittel, um diese Seite vor einem Quotentief von, sagen wir mal, 75 Lesern weniger als am Vortag und mich vor einer Heulattacke zu bewahren. Das letzte Mittel wären Fotos von Justizangehörigen, die sich aktiv für die Freigabe von Hanfderivaten und (2R,3S)-3-Benzoyloxy-tropan-2-carbonsäure-methylester einsetzen. Aber die waren mir dann doch zu teuer.

Der offene Brief wirkt vor allem dann, wenn vor fünf oder sechs Monaten jemand auf einer Seite bei myblog.de auch schon mal einen Halbsatz zum Thema verloren hat. Dann kommt zur Debatte ums eigentliche Thema noch der Vorwurf hinzu, dass ich ja doch nur schamlos abkupfere. Vorzugsweise von Bloggern, die sonst den lieben langen Tag nichts anderes tun.

Aber, hey, es zählen doch nur die Klicks. Ich weiß manchmal gar nicht, wie ich in der Steinzeit – sprich: 2003 – fleißig bloggen konnte. Ohne auf Toplisten vertreten zu sein! Mit praktisch keinen Kommentaren. Und wahrscheinlich ohne Leser; Zähler gab es ja nicht. Und auch keine so schmeichelnden Ansagen aus dem Maschinenraum wie die, law blog Inc. müsse dringend mal über einen zukunftssicheren Server nachdenken.

Heute ist das alles anderes. Ich bin ein nervliches Wrack, weil ich mein Ego nur aus diesem Weblog speise. Ich habe sonst doch nix, deshalb muss ich mich an Klickzahlen und Toplisten aufgeilen. Gerade diese angebliche Anwaltskanzlei ist nur eine Klitsche, in die sich höchstens mal jemand wegen einer Mietminderung verirrt. Und meine sozialen Kontakte im real life? Wenn mich die Verkäuferin im PLUS-Markt grüßt, war es ein schöner Tag. Ich sage das lieber gleich so offen, da können sich sesselpupsende, neidische Befindlichkeitsblogger die Recherche und somit den Kontakt mit Tageslicht ersparen.

Die gute Nachricht also: Ich bin genau wie ihr, die Betreffenden wissen schon, wen ich meine. Ein kleiner Wichser, der nur im Internet strunzt. So, ich bin wieder weg. Es kommt gerade eine scharfe Statistik rein.

Blogs als Kulturgut

Wie es aussieht, haben Weblogs und Podcasts gute Chancen, dereinst zum deutschen Kulturgut zu zählen. Die Deutsche Nationalbibliothek ist seit Juli 2006 jedenfalls verpflichtet, sammlungswürdige Veröffentlichungen zu speichern. So heißt es in einer Information zum neuen Gesetz über die Deutsche Nationalbibliothek:

Daneben sind Websites zu sammeln, deren Informationsgehalt über reine Öffentlichkeitsarbeit, Warenangebote, Arbeitsbeschreibungen oder Bestandsverzeichnisse / -kataloge hinausgeht. …

Der gesetzliche Sammelauftrag umfasst auch die so genannten webspezifischen Publikationen, die sich durch ihre dynamische Entwicklung, interaktive Kommunikationsfunktionen und multimediale Komponenten definieren. Hier muss die Deutsche Nationalbibliothek erhebliche Entwicklungsarbeit für die Archivierung und Verfügbarmachung leisten; in diesem Bereich sind derzeit viele Fragen hinsichtlich Sammlungsumfang, Sammlungstechnik und Verfügbarmachung noch unbeantwortet.

Umgekehrt trifft alle, die veröffentlichen, auch eine „Ablieferungspflicht“. Näheres werden Verordnungen regeln.

(Danke an Andreas Bohn für den Hinweis)

CSI Kiel

Anhand des Alters von Kugelschreiberpaste könnte man erkennen, ob ein Textteil nachträglich eingefügt worden ist. Leider stößt das in der Praxis auf Hindernisse. Das lerne ich aus einem Schriftgutachten:

Das vom Bayerischen Landeskriminalamt in München … entwickelte Verfahren der Altersbestimmung von Kugelschreiberpasten aufgrund der Farbstofftinten, Harze und Lösungsmittel ist nur anwendbar, wenn die Urkunde bis zur Einreichung zur Untersuchung nicht älter als vier Monate ist.

Schade. Es gibt aber noch Hoffnung:

In Betracht kommt hier nur noch der Einsatz eines speziellen Raster-Elektronenmikroskops, wie es lediglich beim Landeskriminalamt Schleswig-Holstein in Kiel eingesetzt wird.

Ich bin gespannt.

Justiz verschleppt sich selbst

Von EBERHARD PH. LILIENSIEK

Ein fast normaler Diebstahl: Der Kunde eines Supermarkts hat am frühen Vormittag ein teures Stück Rinderfilet über die Fleischtheke gereicht bekommen. Er legt es aber nicht in den Einkaufswagen, sondern bringt es versteckt an der Kasse vorbei. Der Filialleiter hat samt einer neutralen Zeugin alles gesehen, hält den Mann fest und ruft die Polizei. Warum, so fragt aktuell Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) händeringend in die Runde, kann solch ein Fall nicht ruckzuck vor dem Amtsgericht verhandelt werden? „Gerade mit dem beschleunigten Verfahren lassen sich nachhaltige präventive Effekte erzielen“.

Die Möglichkeit, Straftätern vor Gericht einen kurzen Prozess zu mache, gibt es schon seit etwa 120 Jahren, sie wird nur extrem unterschiedlich genutzt. Die Stichprobe zeigt klaffende Unterschiede. Von insgesamt 2 637 beantragten beschleunigten Verfahren im vorigen Jahr gab es in Köln beim Amtsgericht 680, in Düsseldorf nur eins. In Essen wurden auf diese Art und Weise 294 Verfahren verhandelt, in Wuppertal just sechs.

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Endlosschleife

Mit dem Gerichtsurteil gegen ihn hat der Geschäftsmann gemacht, was man gerne so macht. Nix. Auf die Kontenpfändung dann großes Geschrei. Das war doch nicht nötig, was soll das denn? Er zahlte per Blitzüberweisung; noch am gleichen Tag gaben wir sein Konto frei.

Ich habe das Telefongespräch noch im Ohr:

„Bitte denken Sie dran, den Kostenbeschluss rechtzeitig zu zahlen. Das Gericht teilt Ihnen den Betrag mit, dann haben Sie zwei Wochen Zeit. Sonst ensteht nicht nur Ärger, sondern auch neue Kosten.“

„Selbstverständlich, kein Problem. So einen Stress brauchen wir nicht noch mal.“

Jetzt ist er schon wieder elf Tage überfällig. Begeben wir uns also in die Endlosschleife.

Deutsche Post – jetzt fehlerfrei

Aus einem Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf:

Der Anhörungsbogen wurde am 25. April 2005 abgesandt. Da er nicht zurückgekommen ist, ist davon auszugehen, dass er der Betroffenen auch zugegangen ist.

Sonstige Fehlerquellen? Existieren nicht. Ich empfehle den Richter als neue Werbeikone für die Deutsche Post.

Wir hatten im Antrag darauf hingewiesen, dass für die Annahme und Bearbeitung der Post eine Mitarbeiterin zuständig ist. Die Angestellte W. könne bestätigen, dass sie keinen Anhörungsbogen in der Post hatte. Dazu das Gericht (Text sorgfältig abgetippt):

Im übrigen fehlt jegliche Vortrag zu der Frage, was mit der Post geschüht, wenn die Zeugin W. in Urlaub oder krank ist.

Der letzte Satz ist fast schon boshaft. Da fühlt sich der Bürger nämlich von der Justiz verschaukelt und wird richtig sauer. Leider schmerzt jetzt mein Trommelfell, nicht das des Richters.

Planet an law blog

Guten Morgen Herr Vetter,

ich schreibe Ihnen persönlich um mich nochmal bei Ihnen zu entschuldigen und zu bedanken.

Wie gesagt steckte hinter Planet Mindpoison keinerlei Absicht Ihnen zu schaden oder Ihr Urheberrecht zu verletzen, was meinen Fehler den Zugriff nicht zu beschränken nicht ungeschehen lässt.

Mir in diesem Fall Naivität vorwerfen zu lassen und das ich nicht nachgedacht habe (z.B. http://blog.mattiasschlenker.de/2006/08/02/warum-meine-blogs-nicht-unter-cc-stehen/ ) stimme ich zu.

Für meinen Fehler wollte ich mich bei Ihnen hiermit nochmals entschuldigen.

Sie hätten sicherlich die Möglichkeit gehabt mich direkt abzumahnen was Sie nicht getan haben, dafür möchte ich mich bei Ihnen bedanken.

Desweiteren habe ich auch Verständniss für Ihre Wortwahl und wie Sie mich zum Entfernen Ihres Contens aufgefordert haben.

Wahrscheinlich haben Sie erfahren, „Schau mal da, da benutzt jemand deinen Content“ und da Sie weder die Seite kannten, noch was von dieser Art von online-RSS-Aggregatoren gehört hatten, waren Sie zurecht stinkig.

Bedingt dadurch dass diese Seite eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war, war auch kein Impressum und keine Kontaktdaten vorhanden, weswegen Sie den Weg über Ihr Blog wählten.

Wie Sie inzwischen sicherlich festgestellt haben, habe ich die Seite per Kennwort geschützt und hoffe dass diese Sache zwischen uns zumindest geregelt ist.

Ich werde auch weiterhin Ihr Blog lesen und hoffe dass Sie mir gestatten, dies wieder über den Planeten zu tun, diesmal jedoch unter Ausschluß der Öffentlichkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Niels Will

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Lieber Herr Will,

danke für Ihre freundlichen Worte. Ich hoffe wirklich, Sie nehmen meine Formulierung nicht allzu persönlich. Die Worte richteten sich mehr gegen die Seite, wie sie auf mich wirkte, und weniger gegen den Menschen, der dahinter steckt. Ich wollte damit auch nicht Rummel erzeugen, schon gar nicht auf Ihre Kosten. Die heftigen Reaktionen und die Diskussion haben mich überrascht. Sie zeigen aber, dass es bei den Planeten wirklich Klärungsbedarf gibt.

Ich kann nur betonen, dass die „normale“ Reaktion wäre: Betreiber rausfinden, kostenpflichtig abmahnen, einstweilige Verfügung beantragen. Dass ich das nicht getan habe und darauf gehofft habe, dass der Betreiber den Eintrag liest, ist also eher ein Weniger denn ein Mehr. Da ist dann natürlich die Entscheidung zu treffen, wie spreche ich den Betreffenden an? Wenn ich geahnt hätte, dass hier tatsächlich um eine Frage geht, die viel mehr Leute betrifft als Sie und mich, hätte ich wahrscheinlich einen sachlicheren Ansatz gewählt. Womöglich wäre die Debatte dann emotionsloser verlaufen.

Ich sage Ihnen zu, dass ich wegen Ihrer Seite keinerlei rechtlichen Schritte unternehme. Für mich ist die Sache abgeschlossen. Schön, dass keine Aversionen vorhanden sein werden, sollten wir uns noch mal begegnen, virtuell oder im richtigen Leben.

Mit freundlichen Grüßen

Udo Vetter, RA und Fachanwalt für Strafrecht

Niels Will hat der Veröffentlichung zugestimmt

Von hundert auf null in drei Sekunden

Der vom Amtsgericht mit besonderer sozialer Kompetenz geadelte Taxifahrer musste heute in nächster Instanz eine einfache Frage beantworten: Warum sind Sie letzte Woche nicht zum Gerichtstermin erschienen?

„Die Ladung habe ich bekommen. Aber eine halbe Stunde vor dem Termin kam eine längere Fahrt rein, die habe ich natürlich angenommen.“

Zuerst anderthalb Jahre Gefängnis ohne Bewährung, heute Freispruch. Mein Mandant kann sich auch bei dem Taxifahrer, einem Hauptbelastungszeugen, bedanken. Das hat man selten, dass sich jemand mit entwaffnender Offenheit so zügig selbst demontiert.

Gehsteigberater

Das Landgericht München I hält es für zulässig, dass Abtreibungsgegner vor Arztpraxen Patientinnen ansprechen und in Diskussionen über Schwangerschaftsabbrüche verwickeln. Es wies damit die Klage eines Arztes ab, der seine wirtschaftliche Existenz durch „Gehsteigberater“ und Mahnwachen bedroht sah.

Laut beck aktuell verneint das Landgericht München I ein Recht des Einzelnen, von anderen Privatpersonen in Ruhe gelassen zu werden. Auch Patientinnen müssten in der Situation eine „Ansprache“ akzeptieren. Der Arzt hatte dagegen vorgetragen, seine Patientinnen seien einem Spießrutenlauf ausgesetzt und litten darunter.