Chef arbeitet selbst

Huch, der Bußgeldbescheid (50 Euro wegen zu schnellen Fahrens) ist eigenhändig von einem Dr. unterzeichnet. Ein Blick auf die Homepage der Mittelstadt. Die Post kommt tatsächlich vom Ordnungsdezernenten persönlich.

Einspruch habe ich trotzdem eingelegt.

Bleibender Eindruck

„Ich weiß ja nicht, ob wir uns schon kennen“, sagt ein Anwalt am Telefon zu mir. „Aber Sie können sich darauf verlassen, dass…“

Vor ungefähr drei Wochen haben wir in einer Strafsache jeweils einen Angeklagten verteidigt. Da habe ich wohl keinen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Der Experte spricht

Wer ist schuld am (angeblichen) Waldsterben? Die Anwälte, jedenfalls die in den USA. Im Deutschlandradio liefert ein Umweltexperte namens Braungart dem Moderator eine plausible Erklärung für den höheren Papierverbrauch in den USA:

Woran liegt das eigentlich in den USA? Dass die so viel mehr lesen als wir, kann ich mir spontan nicht vorstellen.

Braungart: Nein, das liegt daran, dass sie viel mehr irgendwelche Werbungs-, Druckerzeugnisse haben vor allem und dass sie sehr viel mehr Dinge aus Rechnern ausdrucken zum Beispiel, also in Büros wird auch sehr viel mehr Papier gebraucht. Es liegt auch daran, dass es in den USA so viele Anwälte gibt, also es gibt in den USA viel mehr Anwälte als weltweit insgesamt gibt, das heißt, es gibt ganz viele rechtliche Vorgänge, die ganz lange Dokumente sind.

(Danke an R. für den Link)

Fragen

So ist das in komplexen Strafverfahren. Selbst stellt man die wichtigsten Fragen der Welt. Sind die anderen dran, kann es gar nicht schnell genug gehen. Heute sind es vornehmlich ein Sachverständiger und ich, die mit Fragen an Zeugen den Terminplan manches Nebenklägervertreters durcheinander wirbeln.

Um 14.30 Uhr wollten die schon längst wieder in ihren Büros sitzen. Da wird jetzt aber erst fortgesetzt, nach einer kurzen Mittagspause. Wie ich allerdings meinen 15.30-Uhr-Termin umdisponiere, weiß ich allerdings auch noch nicht. Die Handynummer, die wir haben, gehört jedenfalls nicht zu Mandanten.

Hoffentlich hat er keine allzu weite Anfahrt.

Abführende Beamte

So sind sie, die Leute. Sie leisten nicht nur Widerstand gegen Polizeibeamte. Sie verletzen sich auch noch absichtlich selbst. Oder übersehen zumindest wuchtige Einsatzwagen:

Der Motorrollerfahrer konnte sich von den abführenden Beamten losreißen und schlug mit seinem Kopf mehrmals gegen das Heck des Gruppenkraftwagens, wodurch eine 2-3 cm große Delle entstand.

Mehrmals!

Zitiert aus einem Senatsbericht ans Berliner Abgeordnetenhaus.

(Link gefunden in den Lichtenrader Notizen)

Spack-Papier

Wenn um Nebenkosten gestritten wird und ein Mandant mich lieb fragt, ob ich mich darum kümmere, schaue ich mir immer besonders genau den Vertrag an. Spackiges Papier und Omaschrift sind meistens eine Garantie dafür, dass ich dem Mieter helfen kann.

Zum Beispiel mit der Feststellung, dass die Vermieterin im Formular des Haus- und Grundbesitzervereins vonn anno dazumal nicht angekreuzt hat, ob die monatliche Zahlung eine Pauschale ist. Oder eine Vorauszahlung mit Abrechnung zum Jahresende. Da hilft dann schon der Hinweis, dass damit im Zweifel die Nebenkosten überhaupt nicht wirksam auf den Mieter abgewälzt sind.

Selbst wenn der Mieter aber Nebenkosten zu zahlen hat, ist die Auslegung zu wählen, die für den Mieter am günstigsten ist. Wenn eine Nachzahlung gefordert wird, ist das natürlich die (bereits gezahlte) Pauschale.

In diesem Fall freut es mich besonders, dass der Richter meine Meinung teilt. Die Vermieterin hat nämlich das Zeitliche gesegnet. Ihr Sohn hat das Haus an stadtbekannte Raffkes verkauft, deren Anwälte jetzt mit rüden Schreiben versuchen, die Einnahmen zu maximieren. Zum Glück hat sich mein Mandant nicht breitschlagen lassen, einen neuen Vertrag zu unterschreiben.

Was zahlen

Jemand ruft an und möchte wissen, ob er auch „was zahlen“ kann, statt seine rechtskräftige Freiheitsstrafe abzusitzen.

Keine Ahnung, wie er darauf kommt, dass ich ihm dabei helfen kann.

Sorgen sind nicht kostenlos

Mit der schnellen Hilfe für Personen, die verhaftet wurden, ist das so eine Sache. Vor allem, wenn ich die Betreffenden nicht kenne. Das bedeutet für mich Telefonate mit Polizei, Staatsanwaltschaft, Gericht und Knast, wobei ich mir je nach Auskunftsfreude der Beteiligten dann ein Bild der Sachlage puzzle.

Das wirtschaftliche Risiko für die Arbeitszeit lässt sich mindern, indem ich Lebenspartnern, Ehegatten, Eltern oder Freunden des Betroffenen die klare Ansage mache, dass ohne einen Kostenvorschuss nichts läuft. Meistens ist das kein Problem. Es kommt auch schon mal vor, dass sich zwar alle unheimliche Sorgen machen. Aber dann doch wieder nicht so heftig, dass es für einen Griff in den eigenen Geldbeutel reicht. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen ich der Beteuerung, dass niemand aus Familie oder Bekanntenkreis eine relevante Summe lockermachen kann, bedenkenlos glaube.

Am Freitagnachmittag war es mal wieder soweit. Ein Uralt-Haftbefehl in einer ziemlich großen Sache aus dem Ruhrgebiet, die noch nicht verhandelt worden ist. Als ich im vierten oder fünften Telefonat erfuhr, dass der Verhaftete schon einen Pflichtverteidiger hat, buchte ich meine bisherige Arbeitszeit aufs pro-bono-Konto.

Ein Anruf beim Kollegen war allerdings noch drin. Sollte der sich um seinen Mandanten kümmern. Beim Versuch, den Kollegen zu alarmieren, gab es dann aber eine überraschende Wendung. „Kein Anschluss unter dieser Nummer“, nur noch eine etwas verwaschene Spur im Google-Cache. Einem freundlichen Mitarbeiter der Geschäftsstelle am Gericht sagte der Name was:

Es ist hier im Gerichtsbezirk kein Geheimnis, dass Herr D. derzeit selbst verhindert ist, als Anwalt zu arbeiten.

Das war unmissverständlich. Wie es derzeit aussieht, war es richtig, die Leute nicht einfach abblitzen zu lassen.

Vorwürfe gegen Wasserexperten

Von EBERHARD PH. LILIENSIEK

Im Arbeitsprozess um die fristlose Kündigung des Abfall- und Wasserexperten im Umweltministerium hat die Landesregierung ihre Gründe erstmals öffentlich gemacht. Harald Friedrich (53) hat demnach wenigstens einen Auftrag in Höhe von 425 000 Euro freihändig an das Institut der Universität Aachen vergeben, an dem er auch Lehrbeauftragter war. Zudem soll er die Kandidatin für eine Referatsleitung am Vorabend der Prüfung über die Fragen und Antworten informiert haben: „Das zerstört jedes Vertrauen“, sagte am Freitag vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf Rechtsanwalt Michael Bogati, „eine Weiterbeschäftigung ist nicht möglich!

Weiterlesen

Vortex

Es spricht sicher nichts dagegen, Geldscheine auf den Beifahrersitz zu legen. Man sollte dann nur nicht mit geöffneten Fenstern und in zügigem Tempo fahren.

(A 52 Richtung Düsseldorf, 2 Kilometer hinter dem Breitscheider Kreuz.)

Lunch statt Launch

„Aus den Sandalen“ gekipppt heißt eine mutige Geschichte des Handelsblatts. Sie erzählt den gechäftlichen Niedergang bzw. Nie-Aufstieg der Schuhproduzentin und Vorzeigeunternehmerin Susanne Birkenstock. Sie soll vollmundig neue Produkte und tolle Geschäfte verkündet haben. Jetzt meldete ihre Firma, die nichts mit den anderen Birkenstocks zu tun hat, jedoch Insolvenz an. Das Handelsblatt zitiert einen Geschäftspartner:

Wir haben gekauft, und dann ist nichts passiert. Keine Kampagne, kein Launch. Manchmal glaube ich, Frau Birkenstock verwechselt Launch mit Lunch.

Thomas Knüwer macht sich parallel Gedanken über Medien, die solche Personen gedankenlos pushen.