Alkotest im Personalbüro

Der Arbeitnehmer war schon länger krankgeschrieben. Im Arbeitsvertrag hatte er sich verpflichtet, nüchtern am Arbeitsplatz zu erscheinen und während des Dienstes keinen Alkohol zu trinken. Innerhalb der Krankschreibung lud ihn der Arbeitgeber zu einem „Personalgespräch“ ein, um die berufliche Zukunft zu erörtern.

Das Gespräch war kurz, denn es ging dem Arbeitgeber nur darum, den Mitarbeiter pusten zu lassen. Dafür rückten extra Männer vom Werksschutz an, das Atemalkoholmessgerät im Anschlag.

Das Ergebnis waren 0,2 Promille. Und eine Kündigung, die auf einen „Verstoß gegen das arbeitsvertragliche Alkoholverbot“ gestützt wird. Wenn das die Rechtsabteilung gegengelesen hat, können die dort aber auch nicht ganz nüchtern gewesen sein.

3,65 Tage

Aus dem Kleingedruckten eines Providers:

„Wir garantieren, dass die Domain zu 99 % pro Jahr erreichbar ist.“

Man könnte das auch so formulieren:

„Ersatzansprüche stehen dem Kunden erst zu, wenn die Domain länger als insgesamt 3,65 Tage pro Jahr nicht erreichbar ist.“

Die Frage ist nur, ob dann noch einer unterschreiben würde.

Gerichtsshows: üble Nachrede für die Justiz

Was als Rechtskunde fürs Volk gedacht war, hat sich längst zur üblen Nachrede für das deutsche Rechtssystem entwickelt: Gerichtsshows demontieren das Ansehen der Justiz – meint Thomas Melzer, Sprecher des Brandenburgischen Justizministers. Er hat elf Jahre als Richter gearbeitet. Über Salesch & Co. schreibt er in der Berliner Zeitung:

Versuchter Mord mit gefährlicher Körperverletzung, dafür braucht Richterin Salesch eine Dreiviertelstunde. Im wahren Leben dauert so ein Verfahren schon mal ein Dreivierteljahr. Da gibt es auch Prozessregeln und Grundrechte, die im Sat.1-Gerichtsstudio natürlich nur langweilen würden. Hier palavert jeder mit jedem. …

Die Würde der deutschen Justiz ist ungestraft antastbar. Permanent verletzt wird sie insbesondere da, wo die Robenträger würdelos mit den übrigen Verfahrensteilnehmern umspringen. Der Staatsanwalt monologisiert mit Vorliebe seine Vorurteile. Den beruflichen Wechsel Lilli Morgensterns vom horizontalen ins Schönheitsgewerbe kommentiert er mit einer Zote: „Von einem Nagelstudio ins andere, so groß ist der Unterschied ja auch nicht.“ …

Jeder kann hier der Täter sein. Und so spritzen die Verdächtigungen vom Katheder herunter: Irgendwie wird am Richtigen schon was hängen bleiben. Trotz Freispruch für den Angeklagten am Ende – der Paradigmenwechsel ist der eigentliche Skandal dieser Sendung. Es gilt keine Unschuldsvermutung, sondern der Grundsatz „Jedem ist alles zuzutrauen“.

In einem Punkt hat Melzer allerdings nicht Recht: Manchmal, nach meinem Eindruck immer häufiger leiden echte Strafverfahren an ähnlichen Problemen wie die im Fernsehen. Ob’s am Arbeitsdruck liegt, dem allgemeinen Dienstfrust oder der immer ärmlicher werdenden Ausstattung? Die Stimmung wird jedenfalls schlechter, und das geht stets zu Lasten der Sachlichkeit.

(Link gefunden in der Handakte)

Deutsche Banken – illegale Hilfe für die CIA?

Das Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein ermittelt bei elf Großbanken, ob und in welchem Umfang diese gegen den Datenschutz verstoßen haben. Auslöser für die Recherchen ist eine Aktion der CIA. Diese hat sich über Jahre Daten besorgt und macht dies wohl auch heute noch:

Der Leiter des ULD, Dr. Thilo Weichert:

Die ersten Informationen, die uns als staatlicher Aufsichtsbehörde von Bankenvertretern zur Verfügung gestellt wurden, waren nichtssagend und blendeten das Bankgeheimnis vollständig aus. Unseres Wissens findet die Weitergabe der teilweise sensiblen Transaktionsdaten von unverdächtigen Bank-Kundinnen und -Kunden an US-Behörden unbeeindruckt von der öffentlichen Kritik weiter statt, ohne dass uns bisher ein Verantwortlicher eine plausible Rechtfertigung hierfür nennen konnte. Für die Wahrung des Bankgeheimnisses sind in erster Linie die Banken selbst verantwortlich. Diese können und müssen dafür sorgen, dass der millionenfache Vertrauensbruch sofort gestoppt wird.

Es kann und darf nicht sein, dass das Bundesverfassungsgericht zu Recht den deutschen Sicherheitsbehörden klare Grenzen bei sog. verdachtsunabhängigen Jedermannkontrollen setzt und dass dann über den Umweg eines belgischen Dienstleisters der US-Regierung erlaubt wird, im Trüben zu fischen und Freiheiten und Bürgerrechte zu ignorieren.


Pressemitteilung des ULD

Rechtsabbieger

Du wartest brav an der roten Fußgängerampel. Die anderen rennen rüber. Deine Belohnung: Ein dementer Rechtsabbieger fährt dich fast tot. Die Eiligen stehen drüben an der Straßenbahnhaltestelle und feixen.

Einladungen in die Firmenloge

Weil er mit seiner Weihnachtspost Regierungsmitglieder zu WM-Spielen in die Firmenloge eingeladen hat, muss sich EnBW-Chef Utz Claassen möglicherweise vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe wirft dem Wirtschaftskapitätn Vorteilsgewährung vor. Spiegel online zitiert die Ermittler:

Nach der Bewertung der Staatsanwaltschaft kam es Prof. Dr. Claassen mit seiner persönlichen Ansprache und der Zuwendung darauf an, sich für die Berücksichtigung der Belange des Konzerns erkenntlich zu zeigen, das bestehende Verhältnis zu pflegen oder zu verbessern

Das Landgericht Karlsruhe wird jetzt entscheiden, ob die Anklage zugelassen wird.

Redselig

„Heute meldet sich telefonisch Herr J. und teilt ohne vorher belehrt werden zu können mit, dass er die Taten begangen hat. Er wird nächste Woche seinen Anwalt aufsuchen und von dort Akteneinsicht beantragen.“

Viel helfen konnte der Kollege dann auch nicht mehr.

Doch kein Auslauf

So viel weiß ich schon mal:

Eine Dienstreise, die im Raum stand, findet nicht statt.

Nach Lage der Dinge dürfte das eine gute Nachricht sein. Aber erst mal sehen, was in dem angekündigten Beschluss genau steht. Man hat ja schon Pferde alles mögliche machen sehen.

law blog zieht um

Der / das law blog zieht heute auf einen neuen Server um. Größer, schöner, schneller. Nachdem die Technik für die Vorbereitungen schon eine Nachtschicht eingelegt hat, findet der Umzug jetzt im Laufe des Tages statt.

Es kann mehrere Stunden dauern, bis die Seite wieder normal erreichbar ist. Außerdem werden Kommentare teilweise nicht möglich sein.

Danke für das Verständnis.

Großer Beitrag

Das Rechtblog zitiert aus einem Schreiben der Polizei, in dem diese sich bei einem Zeugen bedankt:

Der Täter streitet zwar alles ab, es wurde dennoch ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet, in dessen Rahmen er auch erkennungsdienstlich behandelt wurde. Die Erfahrung zeigt uns, dass erkennungsdienstlich behandelte Straftäter oftmals von der Begehung weiterer Straftaten absehen, da das Entdeckungsrisiko deutlich ansteigt.

Sie haben hierzu einen großen Beitrag geleistet.

Ob ein gestörtes Verhältnis zum Rechtsstaat heilbar ist? Zahlt für so was die Beihilfe?

Alsbald, aber doch zu spät

Eine Drogengeschichte. Ereignet haben sollen sich die Taten in den Jahren 1998 und 1999.

Die Anklageschrift stammt aus dem August 2001. Im Dezember 2001 habe ich beantragt, die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen. Ein schöner Packen Papier.

Vielleicht hat jetzt sogar mal jemand einen Blick darauf geworfen. Jedenfalls schreibt das Gericht im Juli 2006:

Hier ist beabsichtigt, nunmehr alsbald über die Eröffnung des Verfahrens zu entscheiden.

Ehrenhaft, aber womöglich etwas spät. Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich neulich über drei Ecken gehört, dass der Angeschuldigte nicht mehr unter uns weilt.

Links 11

Eine Zusammenstellung interessanter Links. Jeweils mit Dank an die Einsender:

Billiger falsch parken;

Kostenschock bei den Krankenkassen;

Kunden gewinnen mit Weblogs;

Sexualstraftäter: Chip unter die Haut?;

Großkanzleien: keine Karriere für Frauen?

Falscher Polizist legt Handschellen an;

Finblog: Ein Anwalt will ins Internet;

Juristendeutsch, als Zugabe: ein brüllender Gerichtsvollzieher (Helge);

Regeln für Rechtsanwälte (Berlin Edition).

Cicero-Affäre: Verfolger blitzen ab

In der Cicero-Affäre erleben die Strafverfolger eine Niederlage. Das Landgericht Potsdam lässt die die Anklage gegen den Journalisten Bruno Schirra wegen Beihilfe zum Geheimnisverrat nicht zu, berichten tagesschau.de und Spiegel online.

Das Gericht kann kein Geheimnis erkennen, weil schon vor Schirra über den betreffenden Bericht Informationen veröffentlicht worden seien. Außerdem sei es denkbar, dass der Bericht nur als Hintergrundinformation weitergegeben wurde – und gerade nicht zur Veröffentlichung. Sei ersteres der Fall, scheide eine Beihilfe aus, weil die Tat schon begangen gewesen sei. Ab diesem Zeitpunkt wäre eine Beihilfe juristisch gar nicht mehr möglich.

Wahrscheinlich eine konsequente Anwendung des Grundsatzes „Im Zweifel für den Angeklagten“. Schön, dass Gerichte auch bei so heiklen Themen Unabhängigkeit beweisen.