NUR MAL FLIPPERN

Falls Sie mit (Ihren) minderjährigen Kindern mal flippern wollen: Eine Spielhalle, und sei sie noch so mondän und zurückhaltend gestaltet, ist nicht der richtige Ort. Personen unter 18 Jahren dürfen sich grundsätzlich nicht in Spielhallen aufhalten (§ 6 des Jugendschutzgesetzes). Auch nicht, wenn die Eltern dabei sind.

Wer die Kinder trotzdem in eine Spielhalle mitnimmt, riskiert ein Bußgeld von bis zu 50.000 € (§ 28 Absätze 3 und 4 Jugendschutzgesetz).

Wollte ich nur mal so erzählen.

BROWN SUGAR

Ich habe mir heute Morgen bei Starbucks beiläufig einige Päckchen „Brown Sugar“ in die Jackentasche gesteckt.

Kann man sich als Selbstbediener in einem Selbstbedienungsladen strafbar machen? Das überlege ich erst jetzt. Bisher noch ohne klares Ergebnis.

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Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

WENN ÜBERHAUPT

Gerichte machen sich auch gern selbst Arbeit. Ermittlungsrichter zum Beispiel, die auf Durchsuchungsbeschlüsse nur das eigene Aktenzeichen schreiben. Wenn sie auch gleich noch das Aktenzeichen der Staatsanwaltschaft notieren würden, müsste ich nicht bei der Geschäftsstelle anrufen und mich nach diesem Aktenzeichen erkundigen:

„… tut mir Leid, die Geschäftsstelle beim Ermittlungsrichter ist nur morgens besetzt. Wenn überhaupt.“

In diesem Fall handelt es sich, wie man unschwer erkennt, um ein ländlich gelegenes Amtsgericht.

ETWAS SPÄT

Aus einem Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf:

Nach § 2332 Abs. 1 BGB verjährt der Pflichtteilsanspruch in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Pflichtteilsberechtigte von dem Eintritt des Erbfalls und von der ihn beeinträchtigenden Verfügung Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in 30 Jahren von dem Eintritt des Erbfalls an.

Mit der Übersendung des Testaments mit Schreiben vom 15. Mai 2001 erlangten die Kläger Kenntnis von dem Erbfall und von der sie beeinträchtigenden Verfügung. Drei Jahre später, also noch im Monat Mai 2004, trat Verjährung ein. Die Klage wurde jedoch erst am 22. August 2005 bei Gericht eingereicht, vermochte demgemäß die Verjährung nicht mehr nach § 204 Abs. 1 Satz 1 BGB zu hemmen.

Das ist bitter für den Anwalt, der die Klägerseite vertritt. Sein erstes Schreiben datiert nämlich vom 25. September 2002. Er hätte rechtzeitig klagen können.

GEKLAMMERT

In Gerichts- und Ermittlungsakten sind häufig Briefumschläge eingeheftet. Die enthalten mitunter interessante Unterlagen. Vorstrafenlisten, Führerscheine, Sparbücher, anonyme Briefe, falsche Geldscheine und Abschiedsbriefe. Um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Ich muss im Büro noch einmal Bescheid sagen, dass diese Sachen unbedingt komplett kopiert werden müssen. Auch wenn der Umschlag brutalstmöglich zugetackert ist. Dann hätte ich heute Morgen im Gericht nämlich auch gewusst, dass mein Mandant einschlägig vorbestraft ist. Entgegen seiner Beteuerungen.

Wir haben trotzdem noch die Kurve gekriegt. Geldstrafe gegen Geständnis. Aber nur weil die Sonne scheint. Und die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sich als extrem flexibel erwies. Sie war nämlich ursprünglich nur so milde gestimmt, weil sie ebenfalls von keiner Vorstrafe wusste.

Heftklammern schrecken halt ab, überall.

ANWÄLTIN AUS DEM SAAL GETRAGEN

Die ausgeschlossene Verteidigerin des mutmaßlichen Holocaust-Leugners Ernst Zündel ist heute aus dem Gerichtssaal getragen worden, berichtet der Tagesspiegel. Die Anwältin hatte sich wieder auf die Verteidigerbank gesetzt und sich geweigert, in den Zuschauerraum zu gehen.

Vielleicht wäre es besser gewesen, die Frau in den Zuschauerraum zu tragen. Die verbliebenen Verteidiger haben sich jetzt bestimmt eine Notiz auf dem Zettel mit möglichen Revisionsgründen gemacht. Bei mir stünde da „Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes?“

EUROWEB: SIEG FÜR MEINUNGSFREIHEIT

Die Firma Euroweb hat heute vor dem Landgericht Düsseldorf eine Niederlage hinnehmen müssen. Das Landgericht Düsseldorf lehnte eine einstweilige Verfügung gegen einen unzufriedenen Eurowebkunden ab. Dieser hatte in Mails Erfahrungsberichte über Euroweb weitergeleitet. Das wollte die Firma verbieten lassen. heise online berichtet Einzelheiten:

Auch die Grenze zu Beleidigung und übler Nachrede sah er nicht überschritten: „Zur Demokratie gehört ein Diskurs unter den Menschen“, erklärte der Richter. Die in der Mail enthaltenen Formulierungen wie „Abzocke“ oder „über den Tisch ziehen“ sah er nicht als unwahre Tatsachenbehauptungen, sondern als Unmutsäußerungen, die von dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt sind. Allerdings mahnte er den Handwerker Geisler, vorsichtig bei dem zu sein, was er verbreite: „Es ist immer schwierig, eine Abgrenzung zu treffen.“

LEIHARBEITER

Schon merkwürdig, wenn man im Urteil einer Strafkammer des Landgerichts liest, dass der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht ist. Aber selbst im Geschäftsverteilungsplan, der freundlicherweise online ist, wird er so bezeichnet.

Wahrscheinlich ist der Richter Leiharbeiter. Das Beamtenrecht macht ja so manches möglich.

KLEINE ANFRAGEN

Ich erhalte täglich etliche Mails mit „kleinen“ Anfragen. Die einen wollen wissen, ob ein Eintrag in ihrem Weblog unbedenklich ist. Die anderen haben Ärger mit dem Vermieter. Oder dem Gaslieferanten.

Ich freue mich natürlich über die Bitten nach einem kurzen Tipp. Und verstehe auch die Hoffnung, dass drei oder vier Zeilen möglichst nichts kosten sollten. Das geht so allerdings nicht. Zunächst einmal, weil juristische Beratung wesentlicher Teil meines Jobs ist. Außerdem gibt es noch andere Gründe. Diese Gründe stehen im nachfolgenden Text, mit dem ich die Anfragen beantworte:

… wie Sie sich denken können, stehe ich unter verschärfter Beobachtung. Einigen „freundlichen“ Kollegen sei Dank. Ich muss Sie deshalb darauf hinweisen, dass ich aus Standesgründen nur in Ausnahmefällen juristische Ratschläge kostenlos geben kann (z.B. bei nachgewiesener Mittellosigkeit).

Bitte haben Sie deshalb Verständnis dafür, dass wir uns zunächst auf ein Honorar einigen müssen, bevor ich Sie berate. …

RUDELBILDUNG

Auf dem Weg vom Landgericht Düsseldorf zur U-Bahn haben mich vorhin hintereinander zwei Onlinejournalisten erkannt und angesprochen. Nett, bisher kannte ich nur ihre Stimmen.

Der Grund für die Rudelbildung ist hier nachzulesen.

PEINLICHE MOMENTE

„Wie steht es denn im Verfahren des Zeugen B.?“

„Das kann ich nicht sagen, Herr Vorsitzender, ich verteidige Herrn B. nicht.“

„Komisch, ich habe hier eine Anklage gegen B., in der steht, Verteidiger ist Rechtsanwalt Udo Vetter.“

Die Welt ist klein. Überraschend klein. Das ändert aber nichts daran, dass ich die Querverbindung auch selbst hätte herstellen können. Und vielleicht auch sollen. Im Büro muss ich nachher checken, wie das Verfahren B. vor Jahren ausgegangen ist.

Schlimm kann es jedenfalls nicht gewesen sein. An die Namen der Mandanten, die in Haft gehen, erinnere ich mich nämlich schon. Normalerweise, füge ich mal vorsichtig hinzu.

SORGFÄLTIG ABGEWOGEN

Aus einem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Düsseldorf:

… wird daher nach Anhörung des Verurteilten und der Staatsanwaltschaft … unter nochmaliger Berücksichtigung aller für und gegen den Verurteilten sprechender Umstände eine Gesamtgeldstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten.

Da fehlt ein Tuwort. „Der Verurteilte“ ist eine Frau. Und eine Geldstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten – das ist ganz was Neues. Da hat jemand wirklich sorgfältig überlegt und abgewogen, bevor er einen Menschen ins Gefängnis schickt.

AKTE X

So, jetzt noch eine Besprechung.

Dann widme ich mich der Angelegenheit Silberfisch.

Ich sollte Akten öfter Codenamen geben.