UNBEZAHLBAR

Mark K. Binz ist einer der erfolgreichsten Anwälte der Republik. Sein Rat gilt manchen als unbezahlbar – im wahrsten Sinne des Wortes. Laut manager magazin führt sich „Papa Gnadenlos“ abseits der großen Bühne allerdings „nicht selten wie ein spießiger Rechthaber“ auf.

Ein für den Leser launiges Porträt.

KANN NICHT ERWARTET WERDEN

Wenn Anwälte ihre Berufungen zum falschen Gericht schicken – selbst schuld. Oder dumm gelaufen. Aber es besteht ja manchmal Hoffnung. Dass die Mitarbeiter beim falschen Gericht nett sind. Sie rufen an und teilen kurz mit, dass etwas mit dem Schreiben nicht stimmt. Oder sie faxen das Schreiben gar an das richtige Gericht weiter, damit nicht eventuell eine Frist versäumt wird.

Selbstverständlich gibt es keinen Anspruch auf nette Gerichtsmitarbeiter. Die Richter beim Oberlandesgericht Zweibrücken, die sich mit so einem Fall beschäftigen mussten, lassen dann auch genüsslich den Larry raushängen, damit der blöde Anwalt und alle Bürger wissen, dass man bei Gerichten nur nie auf einen Handschlag mehr als nötig hoffen sollte:

Das Fristversäumnis hätte nur noch durch eine außerhalb des normalen Geschäftsablaufs veranlasste Benachrichtigung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner per Telefon oder per Telefax oder durch sofortige Weiterleitung der Rechtsmittelschrift per Fernkopie abgewendet werden können. Das zu verlangen wäre aber eine Überspannung der Anforderungen an die Pflichten eines mit der Sache nicht vorbefassten … Gerichts. Diese gehen jedenfalls nicht soweit, dass der Partei oder ihrem Bevollmächtigten die Verantwortung für die Einhaltung der Formalien vollständig abgenommen wird.

Deshalb kann eine Partei … gerade nicht damit rechnen, dass das unzuständige Gericht sie innerhalb der Rechtsmittelfrist fernmündlich oder per Telefax auf die fehlerhafte Einlegung des Rechtsmittels hinweist oder alles daran setzt, das Rechtsmittel noch fristwahrend an das zuständige Gericht weiterzuleiten.

Erwartet werden kann in derartigen Fällen nur die Behandlung der Sache im üblichen Geschäftsgang und – nach Erkennen der Unzuständigkeit – die Weiterleitung des Rechtsmittels auf dem üblichen Postweg.

Na, dann wissen wir ja wenigstens Bescheid.

(Beschluss vom 02.09.2005 – 3 W 168/05)

NICHTRAUCHER

Manchmal frage ich mich, ob ich nicht etwas origineller hätte formulieren können:

… dies gilt auch für die angebliche Drohung, die beiden Insassen zu verprügeln und eine Zigarette im Gesicht von Frau G. auszudrücken. Das ist schon deshalb wenig glaubhaft, weil mein Mandant kein Raucher ist und gar keine Zigaretten bei sich hat.

Aber für eine Einstellung wegen geringer Schuld hat es gereicht.

DIE VERORDNUNG

Wir schalten um nach Hamburg.

Hier ist sie also, die Allgemeine Verfügung der Justizbehörde zum Einsatz von Fernkopiergeräten Nr. 11/2005 vom 27. Mai 2005 (Az. 1281/13/4-6). Obwohl jede Menge ManBeamtenpower drin steckt, werden die nicht fristwahrenden Faxgeräte, über die ich mich schon mal wundern musste, leider nicht angesprochen.

Die einzige Stelle, die passen könnte, sagt eigentlich etwas anderes aus:

Soweit die unter Abschnitt A I. bis VI. bei den Gemeinsamen Annahmestellen
angeschlossenen Bereiche über eigene Telefax-Anschlüsse verfügen, sollen Sendungen direkt an diese Anschlüsse übertragen werden.

Wenn Faxe aber möglichst direkt an die „angeschlossenen Bereiche“ (also auch die Geschäftsstellen) übertragen werden sollen, warum gilt dies dann nicht für fristwahrende Faxe? Das wäre dann so was wie die Ausnahme von der Ausnahme zur Regel.

Besser kann man seine Kunden wohl nicht überfordern.

(Verordnung gefunden bei Vertretbar.de)

STARK ENTLADEN

Seit Wochen schiebe ich den Anruf beim Autohaus vor mir her. Wahrscheinlich, weil es so banal klingt: Die heizbare Heckscheibe funktioniert nicht. Und weil die Antwort unausweichlich scheint: Da ist sicher ein Draht gerissen, haben Sie vielleicht zu heftig von innen geputzt? (Ich, innen geputzt, haha.)

Manchmal lohnt es sich, Probleme auszusitzen. Heute nämlich der Anruf des Autohauses. Die Steuerung muss neu programmiert werden. Wegen eines Softwarefehlers schalte das Auto in den Stromsparmodus. Die heizbare Heckscheibe werde als erstes runter gefahren.

Super. Damit dürfte sich dann auch jene Fehlermeldung erledigen, die seit kurzem im Display erscheint: „Batterie stark entladen!“ Darauf habe ich nichts gegeben; ist ja kalt draußen.

Ich machte den Vorschlag, dass ich mein Notebook mitbringe und das Update abwarte. Aber nein, die Arbeiten benötigen mindestens drei Stunden, möglicherweise einen halben Tag. Im schlimmsten Fall den ganzen Tag. Ich verzichtete auf eine Erklärung, was der schlimmste Fall sein könnte.

Das Angebot auf einen Mini als Austauschwagen habe ich dankend abgelehnt. So weit ist es dann doch noch nicht, mit der Midlifecrisis.

DIE BEKLAGTE LÄSST LOS

Die Bundesagentur für Arbeit in Gestalt der Familienkasse Düsseldorf hat das Gesetz zu Ende gelesen. Jedenfalls heißt es jetzt, nachdem ich ein paar Worte zu dieser Fristenproblematik geschrieben habe:

Im o.a. Klageverfahren hält die Beklagte an ihrem Vortrag, die Klage sei verfristet erhoben worden, nicht mehr fest.

ROHTENBURG

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat den Kannibalenfilm „Rohtenburg“ gestoppt. Der Starttermin am 9. März 2006 ist damit fraglich. Nach Ansicht des Richters wiegt das Persönlichkeitsrecht des „echten“ Kannibalen Armin Meiwes schwerer als die Meinungs- und Kunstfreiheit.

Mich irritiert, dass das Gericht nach dem Bericht auf 88 Übereinstimmungen mit Meiwes Leben abstellt. Würde sich eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts nicht erst dann ergeben, wenn die Übereinstimmungen zu einer falschen oder verzerrenden Darstellung des Betroffenen führen?

Wenn die Fakten zutreffen und Meiwes deshalb nicht herabwürdigen oder in einem völlig falschen Licht dastehen lassen, schildert der Film lediglich die Wahrheit. Diese war aber schon Thema in der Berichterstattungsorgie nach der Tat, und sie ist Gegenstand der Gerichtsverfahren. Wieso sich Meiwes dann einer künstlerischen Aufbereitung seiner Tat nicht stellen müssen sollte, verstehe ich nicht.

(Spiegel online)

AUCH POLIZISTEN DÜRFEN HILA

Ein ministerieller Erlass, der uniformierten Polizisten vorschreibt, dass sie ihre Haare in „Hemdkragenlänge“ tragen müssen, ist mit dem grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrecht der Beamten nicht vereinbar. Dies hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig entschieden.

Der Kläger, ein Polizeivollzugsbeamter, trug seine Haare in einer Form, die weit über den Hemdkragen reichte. Nachdem das Innenministerium des beklagten Landes für das Erscheinungsbild der Polizei u.a. bestimmt hatte, dass eine deutlich über den Hemdkragen reichende Haarlänge bei (männlichen) uniformierten Polizeibeamten mit dem geforderten korrekten Erscheinungsbild nicht vereinbar sei, wurde dem Kläger von seinem Vorgesetzten aufgegeben, seine Haarlänge entsprechend anzupassen. Seine Klage gegen die Anordnung blieb in den Vorinstanzen erfolglos.

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KOKAIN-TEST

Ich wende mich mal hilfesuchend an die Leser.

Es geht um die Zuverlässigkeit des „Cocain-Tests“ der ESA-Test GmbH aus Eisenach. Wenn ich nach der Homepage des Unternehmens urteile, dürfte sich diese in Grenzen halten. Aber im Ernst:

Hat jemand Informationen oder Quellen zur Frage, wie verlässlich dieser sog. Vortest ist? Gibt es Gutachten oder Urteile zu der Frage? Meine bisherigen Recherchen haben noch nichts erbracht. Auch ein Apotheker, den ich gefragt habe, konnte nicht helfen.

In meinem Fall sind die beschlagnahmten Substanzen nach dem Test vernichtet worden. Deshalb kommt es eben darauf an, wie gerichtsfest so ein ESA-Test ist. Auch eine Kopie der Bedienungsanleitung wäre toll.

Sachdienliche Hinweise bitte an lawblog@gmx.de.

MAHNENDES MURMELN

Von Eberhard Ph. Liliensiek (pbd)

Die Justiz in Düsseldorf ist gebeutelt: Der Amtsrichter Heinrich L. (60) hat an die 500 Verfahren in die Verjährung treiben lassen. Gegen ihn ermittelt wegen Verdachts der Rechtsbeugung die Staatsanwaltschaft. Deren Kapazität ist aber auch fast erschöpft – dort stehen drei Schreibtische schlichtweg leer.

Jetzt wurde bekannt: Brigitte N., Vorsitzende Richterin am Landgericht, lieferte wegen „Überlastung“ in wenigstens 14 Fällen absolute Revisionsgründe – in Justizkreisen eine Todsünde. Die wiederum das Oberlandesgericht (OLG) in einem aktuellen Urteil festhält. Danach hat die 61-jährige Richterin vom Sommer 2004 bis vor zwei Monaten 14 Urteile viel zu spät schriftlich formuliert und damit grob und beharrlich gegen ihre Pflichten gehandelt.

Alle Beteiligten wussten davon, erst kürzlich wurde gehandelt.

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WETTE

Manchmal wette ich gegen meine eigenen Beweisanträge. Würde ich ihm stattgeben, wenn ich Richter wäre?

Heute habe ich mal wieder verloren.

LÖSCHEN UND VERSCHLÜSSELN

Löschen, löschen, löschen. Oder zumindest verschlüsseln. So lautet das Fazit aus der heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage, ob auf Computern gespeicherte E-Mails und sonstige Kommunikationsdaten vom Fernmeldegeheimnis geschützt sind. Nein, sagen die Richter in ihrer Entscheidung. Sobald die Kommunikation beendet ist, endet auch das Fernmeldegeheimnis. Dann schützen den Betroffenen nur noch das Grundrecht auf Unverletzlichkeit seiner Wohnung sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Das Verfassungsgericht hält es offenbar (auch) aus technischen Gründen nicht für erforderlich, den Schutz auf gespeicherte Informationen auszudehnen. Zitat:

Ohne dass es in diesem Zusammenhang auf die wandelbaren Einzelheiten der Löschbarkeit digital gespeicherter Daten ankäme, hat der Nutzer in seiner Herrschaftssphäre Möglichkeiten der Datenverarbeitung und -löschung – bis hin zur physischen Zerstörung des Datenträgers -, die ihm nicht zu Gebote stehen, solange sich die Nachricht auf dem Übertragungsweg befindet oder die Kommunikationsverbindungsdaten beim Nachrichtenmittler gespeichert sind. Der Nutzer kann sich bei den seiner Verfügungsmacht unterliegenden Geräten gegen den unerwünschten Zugriff Dritter durch vielfältige Maßnahmen schützen, etwa durch die Benutzung von Passwörtern oder anderweitiger Zugangscodes sowie – bei Verwendung von Personalcomputern – durch Einsatz von Verschlüsselungsprogrammen und spezieller Software zur Datenlöschung.

Mit anderen Worten: Jeder ist selbst dafür verantwortlich, die Daten in seiner Privatsphäre vor dem Zugriff Dritter, auch der Ermittlungsbehörden, zu schützen. Löschen und Verschlüsseln sind möglich – und uneingeschränkt erlaubt.

Ansonsten betont das Gericht erneut, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz keine leere Floskel ist. Bei Grundrechtseingriffen wie Durchsuchung und Beschlagnahme muss, wie auch sonst überall, immer gefragt werden, ob die Maßnahme nicht außer Verhältnis zum Anlass steht.

(Pressemitteilung mit Link zur Entscheidung)

WEISS NICHT

Müller geht an Krücken. „Was ist dir denn passiert?“ „Autounfall.“
„Schrecklich. Kannst du jetzt nicht mehr ohne Krücken gehen?“
„Weiß nicht. Mein Arzt sagt ja, mein Anwalt nein…“

(Danke an Thorsten)