Die Terminslage war eigentlich entspannt. 9.30 Uhr, Amtsgericht: Frau streitet sich mit Vodafone über Gesprächsgebühren aus einer Partnerkarte, die ihre 16-jährige Tochter heimlich beantragt hat. Leider wollten sich um die Uhrzeit auch noch ca. 15 x 2 andere Prozessparteien streiten.
Normalerweise stehen wir Anwälte uns ja klaglos die Beine in den Bauch bei Richtern, die gerne ein volles Haus vor sich haben. Aber um 10.10 Uhr kam dann sowohl bei mir als auch bei einem Kollegen ein gewisser Unmut auf. Der andere Anwalt musste um 11 Uhr in Bochum sein; ich in Wuppertal. Dort sollte gegen einen Mandanten vom Landgericht ein neugefasster Haftbefehl verkündet werden. Situationen, in denen ich Auftraggeber nie alleine lasse. Denn sie werden von Gerichten immer gern genutzt, noch schnell ein Geständnis oder zumindest eine weitere Stelllungnahme herauszukitzeln.
„Wo müssen Sie denn so eilig hin?“ erkundigte sich der Amtsrichter. Es war mittlerweile 10.12 Uhr. Und unsere Verhandlungen hatten noch nicht einmal angefangen. Bochum? Wuppertal? „Also, meine Herren, das ist doch wirklich kein Problem. Ich wäre froh, wenn meine Termine so großzügig verteilt wären.“
Dazu sagten wir dann lieber nichts. Weil es sonst ja noch länger gedauert hätte. Aber einig waren wir uns darin, dass die viel beklagte Weltfremdheit mancher Richter sich nicht nur auf exotische Themen wie das Internet erstrecken muss.
Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)