VERFÜGUNG GEGEN WIKIPEDIA

Die Wikipedia darf (weltweit) den verstorbenen Hacker „Tron“ nicht bei seinem wirklichen Namen nennen. So jedenfalls sieht es eine einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Berlin vor. Hintergründe bei Telepolis.

(Danke an Mathias Schindler für den Link)

ÜBERFLÜSSIG

Ich habe festgestellt, dass ich am Anfang jedes Diktates sage:

„Das Diktat beginnt.“

Wohl einer der überflüssigsten Sätze überhaupt. Ist schließlich eher unwahrscheinlich, dass ich der Schreibkraft mit der üblichen LUBRA steno-cassette 30 nicht einen Briefentwurf, sondern einen Podcast zukommen lasse.

Man müsste das mal auf zwölf Jahre hochrechen. Aber vielleicht überlege ich besser gar nicht, wie sich die vertane Zeit hätte sinnvoller nutzen lassen.

SOFORT GEKLÄRT

Mauern, so wie wir es gestern Nachmittag erleben durften, ist übrigens keine allgemeine Erscheinung.

In derselben Sache erreichte mich heute um kurz vor neun der Anruf des Jugendrichters, der für den Erlass eines Haftbefehls zuständig ist. Er hatte die Unterlagen gerade auf den Tisch bekommen und teilte mir sofort mit, dass die Vorführung um 11 Uhr stattfinden wird.

Ich kann mich momentan auch nicht erinnern, dass mich ein Haftrichter in jüngster Zeit hat auflaufen lassen. Auch wenn es manchmal wirklich schwierig ist, alle Beteiligten unter einen Hut zu kriegen, konnten die Termine doch immer koordiniert werden.

SCHRUMPEL-PARADE

Blogscout zählt nicht nur die Visits. Der Counter erfasst auch die Besucher, die über Suchanfragen kommen. Je mehr es im Verhältnis zur Gesamtzahl sind, desto schrumpeliger wird das Weblog in der Hitparade geführt.

Das law blog kam gestern auf 19 % Searches und verdiente sich damit eine recht ordentliche Typo. So, jetzt gehe ich n ckt schlafen, lese etwas in meinen F hrtenbuch und höre noch ein wenig T kio H tel. Dann träume ich von H idi K um und den P ssycat D lls. Btw, wer sind J ssica A ba und A izee?

UMWEGE

Die Angehörigen in Aufruhr, der Beschuldigte vom Rest der Welt abgeschnitten. So ist die Situation nach einer Festnahme – wenn die Polizeibeamten mauern. Wie vorhin, als mich eine Frau beauftragte, was für ihren Bruder zu tun. Der war heute Morgen verhaftet worden.

Zwar gelang es der Frau, mit einem der Beamten zu sprechen. Über das Handy ihres Bruders. Auf die Bitte, zu sagen, wo sich ihr Bruder befindet, wurde sie abgebügelt. Auch auf die Frage nach einer Telefonnummer für einen Rückruf, damit sie einen Anwalt beauftragen kann, will sie nur eine unfreundliche, man könnte auch sagen skandalöse Antwort erhalten haben:

Ihr Bruder braucht keinen Anwalt.

Weiterlesen

ABGEWIESEN

Der Kollege K. rief mich gerade an und sagte nur: „Im D.-Prozess wurde die Klage abgewiesen.“ Zunächst fiel mir nur ein, dass es in der Sache um ca. zehn Millionen Euro geht. Erst Sekunden später hatte ich gedanklich aussortiert, dass wir die Beklagte vertreten.

Die Formulierung „Wir haben den D.-Prozess gewonnen“ hätte meinem Blutdruck besser getan.

GUTE LAUNE DANK JUR. UND MED.

Eine Mandantin hat ein neues Knie. Mit dem ist sie sehr zufrieden. Dass ich ihr heute, rein zufällig am ersten Tag nach dem Krankenhaus, über ihren gewonnenen Arbeitsgerichtsprozess berichten konnte, war das Tüpfelchen auf dem I. Sagt sie. Ich glaube es gern.

ENTSAGUNG VON VERNUNFT

Die Zunft der Kartenleger kann aufatmen. Auch sie erbringen eine anerkannte Leistung. Und wer seinen Kartenleger nicht bezahlt, kann sich wegen Betruges strafbar machen. So hat es das Landgericht Ingolstadt entschieden.

Das Amtsgericht hatte sich vorher geweigert, eine Anklage gegen einen Kunden zuzulassen, der seiner Kartenlegerin nicht das vereinbarte Honorar zahlen wollte. Das Amtsgericht sah in dem Service eine Entsagung von Vernunft. Kartenlegen habe keinen Wert, deshalb sei ein Vermögensschaden nicht eingetreten.

Das Landgericht ließ die Anklage dagegen zu. Auszüge aus dem Beschluss:

Hier ist als erstes zu beachten, dass die Vertragsparteien im Rahmen der Vertragsfreiheit einen großen Spielraum haben, welchen Leistungen sie welchen Gegenwert zubilligen. Dies wird nur nach den rechtlichen Grenzen der Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit eingeschränkt. Die Vereinbarung von Diensten des telefonischen Kartenlegens gegen ein Entgelt in Höhe von 40 EUR verstößt jedoch weder gegen das Gesetz, noch gegen die guten Sitten.

Zudem liegt auch keine objektiv unmögliche Leistung vor, denn die Erbringung der Leistung des Kartenlegens ist sehr wohl möglich. Hierbei geht es anders, als in den Fällen, bei denen es um Phänomene wie Partnerzusammenführung auf Grund Hexerei oder Geisterbeschwörung geht, lediglich darum, auf Grund der Deutung einer bestimmten Reihenfolge u.ä. von Karten dem Leistungsempfänger irgendwelche Deutungen meistens über die Zukunft mitzuteilen. Dies ist vergleichbar mit dem Erstellen von Horoskopen etc., wobei auch bei diesem Fall ebenso wie beim Kartenlegen jedem selbst überlassen ist, inwieweit er den Angaben und Deutungen Glauben schenkt. Dennoch ist wohl unstreitig, dass die Erstellung von Horoskopen gegen Entgelt einen Vertrag darstellt, an dessen Wirksamkeit keine Zweifel bestehen.

Vielmehr ist anzunehmen, dass bei Diensten wie Kartenlegen und Handlesen gerade bei den insoweit üblichen geringen Honoraren die Kunden selbst davon ausgehen, dass sie keine echten Leistungen i.S. einer Verifizierung des vorher Gesagten erwarten, sondern vielmehr eine jahrmarktähnliche Unterhaltung kaufen wollen oder sich im Rahmen einer allgemeinen Lebensberatung Tipps oder Anregungen holen wollen. Diesen Ansprüchen wird ein solches Kartenlegen nach Ansicht der Kammer gerecht.

Ein wichtiges Anerkennungs-Urteil, auch für verwandte Berufsfelder. Wäre ja noch schöner, wenn die Polizei mit dem Einsatz ihrer neuen Ermittlungshelfer unter der Hand der Wirtschaftskriminalität Vorschub leistet.

(NStZ-RR 2005, 313)

AMTSGEHEIMNIS

Das Informationsfreiheitsgesetz bringt einen Paradigmenwandel, schreibt Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung:

Nun aber, seit dem 1. Januar 2006, ist nicht mehr die Geheimhaltung der Informationen die Regel, sondern ihre allgemeine Zugänglichkeit. Jeder hat einen Rechtsanspruch auf Zugang zu den amtlichen Informationen, es sei denn, es liegen im Einzelfall spezielle Ausschluss- oder Beschränkungsrechte vor.

Nicht mehr der Zugang zu den Informationen der Behörden ist an Bedingungen geknüpft, sondern deren Geheimhaltung. Der Staat muss begründen, warum er Unterlagen nicht herausrückt, nicht der Bürger, warum er sie haben will. Das Wort „Amtsgeheimnis“, das zu den Hauptwörtern deutscher Bürokratie gehört, verliert an Bedeutung.

Der Artikel erzählt die – bis ins Jahr 1830 zurückreichende – Geschichte der Idee von der Informationsfreiheit. Er liefert außerdem Beispiele aus den Bundesländern, in denen es so ein Gesetz bereits gibt.

(Danke an Hartmut Nissen für den Link)

HEIDI, DÖNER UND ICH

Heidi Klum, Sozialgericht Bremen, Vakona: Es ist leicht, bei dieser Diskussion zu lächeln und sich darüber zu wundern, wie biestig manche Leute mit ihren Wörtern umgehen.

Vorhin habe ich mich auf der Seite der Kratzbürsten wieder gefunden. Es geht um das Weblog des Kollegen Michael C. Neubert aus Erfurt, welches mir heute Morgen auf JuraBlogs ins Auge fiel. Vor allem wegen des Titels:

McNeubert lawblog

Tja, da sitze ich also und fühle mich wie – Papa Klum. Oder Renate Holst. Das law blog ist fast drei Jahre alt. Es hat auch einige Leser, denen der Titel was sagt. Wie der Name Heidi Klum ist „law blog“ als Marke eingetragen.

Abmahnen, einnorden, verbieten. Schön, wenn man so einen Impuls mal in eigener Sache erlebt. Immerhin, tröste ich mich, liegt die Sache hier gaaaaaaanz anders als bei Heidi Klum und dem Sozialgericht. Hier geht es, das musst du verstehen, liebe Blogosphäre, nicht nur um ein Zitat des Namens. Sondern um den Namen selbst…

Glücklicherweise lässt der Testosteronschauer schnell nach. Ich schicke keine E-Mail. Erst recht keine Abmahnung. Ich rufe den Kollegen an. Er sagt mir, dass er den Zusatz im Titel – entgegen meiner Annahme – schon anderthalb Jahre benutzt. Also lange vor der Markenanmeldung für „law blog“.

Damit hat sich die Sache für mich erledigt. Was zeitlich vor der Anmeldung liegt, wird „lizenziert“. So habe ich es auch mit den Münchner Kollegen vom Law-Blog vereinbart.

Der Ernstfall ist also verschoben. Ich bedauere das nicht.

ZEUGEN UNTER HYPNOSE

Bei der Fahndung nach einem Mörder greift die Polizei in Straelen zu ungewöhnlichen Methoden. So werden Zeugen, die sich so nicht richtig erinnern können, unter Hypnose vernommen. Das ergibt sich aus dem offiziellen Polizeibericht.

Man kann den Beamten fast dankbar sein, dass sie so etwas veranstalten. Es handelt sich nämlich um eine unzulässige Vernehmungsmethode. Wie soll der Zeuge denn während seiner Aussage im Zustand eingeschränkter Steuerungsfähigkeit noch überprüfen, ob er jetzt von einem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch machen will, weil er sich selbst belasten könnte? Oder es kommt die Sprache auf einen Angehörigen. Im Zustand der Hypnose wird der Zeuge kaum entscheiden können, dass er nun von seinem Zeugnisverweigerungsrecht wegen der Verwandtschaft Gebrauch machen will.

Der Bundesgerichtshof hält ja sogar vehement daran fest, dass die wissenschaftlich einigermaßen abgesicherte Lügendetektoruntersuchung ein völlig untaugliches Mittel im Strafprozess ist. Was soll dann erst für Hypnose gelten?

Interessant wird es spätestens dann, wenn sich aus der Befragung unter Hypnose irgendwelche Ansatzpunkte ergeben, die (wenn auch vielleicht zufällig) zu neuen Beweisen führen. Dann würde sich mit aller Deutlichkeit – und in neuer Konstellation – die Frage stellen, ob es nicht längst an der Zeit ist, die „Früchte vom verbotenen Baum“ für ungenießbar zu erklären.

Bis heute ist es immer noch so, dass illegal gewonnene Beweismittel dann meist doch verwertet werden dürfen, weil eine Abwägung zwischen dem staatlichen Strafanspruch und dem Schutzbedürfnis des Beschuldigten, welche Überraschung, zugunsten des Staates ausgeht. Wer allerdings zu so offensichtlich dubiosen Methoden greift und womöglich sogar die Gesundheit von Zeugen gefährdet, treibt es einen Tick zu weit und könnte den Zorn unserer höchsten Richter wecken.

Ich gebe die Hoffnung jedenfalls nicht auf.

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

ROSA

Wer die Farbe der TÜV-Plakette an seinem Auto ändert, begeht eine Urkundenfälschung. Mit dieser Begründung verurteilte das Amtsgericht Waldbröl eine Frau zu einer Geldstrafe, weil sie die TÜV-Plakette mit Nagellack rosa übermalt hatte. Sie wollte damit den Eindruck erwecken, die TÜV-Plakette sei im Jahr 2005 noch gültig.

Hier die Farben für die nächsten Jahre:

– 2006: grün
– 2007: orange
– 2008: blau

(NJW 2005, 2871)

ZWEI WOHNSITZE

Was es nicht alles gibt. Beamte zum Beispiel haben oft zwei Wohnsitze. Vielleicht, ohne es zu wissen.

Neben dem normalen Wohnsitz haben sie auch einen „dienstlichen Wohnsitz“. Der dienstliche Wohnsitz befindet sich laut § 15 Bundesbesoldungsgesetz grundsätzlich dort, wo die Behörde oder ständige Dienststelle sitzt.

Natürlich hat es einen Grund, dass Beamte an einem Ort einen Wohnsitz ohne Wohnung haben können. Dann fallen nämlich keine Reisekosten, Abwesenheitsgelder etc. an.

Ansonsten ist es ein schönes Beispiel dafür, wie gerne sich der deutsche Gesetzgeber über Begriffe und Definitionen seine eigene Realität zimmert.