WENDTS WELT

Die Rheinische Post berichtet heute über Pläne, Sperrbezirke für Bettler einzurichten:

Ginge es nach Rainer Wendt, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, würde Hans bald nicht mehr mit seinem Becher auf der Kö sitzen. „Bettler haben in unseren Fußgängerzonen nichts verloren. Die sind schließlich von Steuerzahlern für Steuerzahler finanziert worden.“

Wie schön wäre es in unseren Städten ohne Arbeitslose, alleinerziehende Mütter, die Alg II erhalten, ohne Schüler, Studenten, einkommensschwache Renter, Hausfrauen und Millionäre mit Schifffahrtsfonds. Auch auf den Autobahnen käme man endlich wieder voran.

Von einer Welt ohne Wendts zu träumen, wäre allerdings eine echte Alternative.

IDEE

Wenn ich eine Reinigungskette hätte, würde ich Werbung auf den Kaffeebechern machen, die es in Tankstellen zum Mitnehmen gibt.

EIGENE MESSLATTE GERISSEN

Sechs Jahre benötigte das Bundesverfassungsgericht, bis es über die Beschwerde einer verurteilten Mörderin entschied. Die Frau hatte Erfolg, ihr Fall ist deshalb wieder offen. Unter Berufung auf die überlange Verfahrensdauer wollen ihre Anwälte jetzt erreichen, dass der Haftbefehl gegen die Frau aufgehoben wird; sie sitzt seit neun Jahren in Haft.

Das Bundesverfassungsgericht hatte erst kürzlich selbst entschieden, dass ein Strafverfahren von über acht Jahren Dauer schlichtweg unzumutbar ist und den Haftbefehl gegen einen mutmaßlichen Mehrfachmörder aufgehoben.

Wie es aussieht, hat das höchste deutsche Gericht die eigene Messlatte gerissen. Die Verfassungsrichter können sich mit dem Argument aus der Affäre ziehen, dass die Frau bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde rechtskräftig verurteilt war. Denn mit der Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofes war das Strafverfahren zunächst wirksam beendet. Allerdings wäre so eine formale Argumentation eher peinlich. Sie erklärt nämlich nicht, wie ein derart gravierender Fall in Karlsruhe so lange unbearbeitet bleiben konnte.

(Bericht im Handelsblatt)

ETWAS DISKUTIEREN

Jens Scholz war auf einer Diskussion über Weblogs:

Fünf nach neun jedenfalls war die letzte Frage gestellt und der Einladung, bei Getränken und Brezeln noch etwas zu diskutieren, konnten die vielen Zuhörer auch nichts Rechtes abgewinnen, da es keine Getränke und Brezeln mehr gab.

HAFTGRÜNDE

Standardmäßiger Textbaustein aus dem Protokoll einer Vorführung vor dem Haftrichter:

Mir ist auch noch einmal erläutert worden, dass es grundsätzlich keinen Zusammenhang zwischen Aussageverhalten und Entscheidung über den Erlass eines Haftbefehls gibt, dass ich also auch dann in Haft kommen kann, wenn ich ein Geständnis ablege.

Abgesehen davon, dass die Realität (leider) meist ganz anders aussieht, dürfte das für den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr kaum gelten. Im Fall eines „gesicherten“ Geständnisses, also gerade vor einem Richter, entfällt die Verdunkelungsgefahr.

Das wäre in meinem Fall aber nur dann interessant geworden, wenn ich dem Beschuldigten zu einem Geständnis geraten hätte. Habe ich aber nicht.

LOYALE BANKER

Die Hausbank einer Firma hat von uns eine Pfändung erhalten. Darauf teilt sie mit:

Die Pfändung betrachten wir als gegenstandslos. Wir stehen mit dem Schuldner nicht in Geschäftsverbindung.

Wenn man so etwas schreibt, sollte man dem eigenen Kunden aber nicht brühwarm erzählen, dass man die Pfändung zurückgehen lässt. Oder ihn zumindest zum Stillschweigen verdonnern. Jedenfalls hatte mir der, natürlich besorgte, Geschäftsführer der Schuldnerin am Telefon schon erzählt, dass seine Bank den Pfändungsbeschluss nicht akzeptiert.

Entweder gibt es den Kunden. Oder es gibt ihn nicht. So wird man, wenn es hart auf hart kommt, als Anwalt schnell zum Zeugen. In einem Prozess gegen die Bank.

Mittlerweile sehe ich aber noch etwas klarer. Der Sachbearbeiter bei der Bank hat die Pfändung nicht akzeptiert, weil der Vorname des Geschäftsführers anders lautet. Im Beschluss des Amtsgerichts steht Thomas. Der Mann heißt aber Karlheinz.

Da hätte der Banker aber mal besser seine Rechtsabteilung gefragt. Von der Bezeichnung des Geschäftsführers hängt es jedenfalls nicht ab, ob eine Pfändung wirksam ist.

Ich hoffe nur, dass eine weitere Aussage etwas mehr Substanz hat. Denn „unabhängig von der unwirksamen Pfändung“, so der Geschäftsführer, will er die Schulden jetzt ganz schnell überwiesen haben.

ABGEBÜGELT

Ich habe zwei Tage versucht, einen Anwalt ans Telefon zu bekommen. Seine Mitarbeiterin sagte mir mehrfach einen Rückruf zu. Da dieser nicht erfolgte, habe ich es gerade noch einmal probiert. Jetzt erfahre ich:

Herr H. ist einer wichtigen Besprechung. Aber er hat ein Schreiben für Sie diktiert. Das erhalten Sie dann per Fax, wenn es getippt ist.

Keine Ahnung, warum er nicht mit mir reden will. Eigentlich kennen wir uns noch nicht einmal.

DIE ANDERE SEITE

Amtsrichterblog.

Wenn das nicht mal der Richter ist, der mir die Tage gesagt hat, eigentlich müsste ja auch mal ein Richter ein Weblog aufmachen.

Falls P. Schwarz ein Pseudonym ist: Keine Sorge, ich halte dicht.

Nachtrag: Das Blog ist schon wieder am Ende. Wie sich aus dem letzten Eintrag (mit einem vielsagenden Link) ergibt, war es wahrscheinlich ein Fake. Ich habe die Links hier entfernt, weil ich für gewisse Leute keinen Traffic generieren will.

(Link gefunden bei Jurabilis)

24 JAHRE

21,7 % Zinsen. So was gab es früher mal, auch bei Verbraucherkrediten. Und die Mandantin wundert sich, dass sie wegen knapp 4.000 Mark, die in einem Vollstreckungsbescheid tituliert worden sind, jetzt schon über einen längeren Zeitraum Raten zahlt.

24 Jahre, um genau zu sein.

Grausam ist, dass sich die Forderung praktisch nicht verändert hat. Im Gegenteil: Aus den 4.000 Mark sollen inzwischen rund 4.000 € geworden sein. Wenn man dem Inkassobüro glaubt.

Aber das tun wir zunächst mal nicht…

ICH WOLLTE

Ich bin unterwegs, und schon passieren im Büro lustige Dinge:

Es klingelt. Die Sekretärin öffnet, ein neuer Mandant steht vor der Tür:

Guten Tag, ich wollte zum Sekretariat von Vetter & Mertens.

Ja, das bin ich, was kann ich für Sie tun?

Sie sind also Frau Mertens?

Nein, ich bin das Sekretariat.

(Aufgezeichnet von Sascha Kremer)

FALSCHE RUBRIK

Geschlecht: männlich. Geburtsdatum: 11. Januar 1978. Geburtsort: Tschirtschik / Usbekistan. Häh, denke ich, die Angaben passen doch gar nicht zu meinem Mandanten.

Bis ich merke, dass ich das Feld „Anzeigenerstatter“ lese. Es handelt sich um die Daten des – übrigens sehr korrekten – Polizisten, der die Sache ins Rollen gebracht hat.

UNVERSCHULDET ÄRMER

Es kommt vor, dass Staatsanwaltschaften doppelt ermitteln. So auch im Fall des Herrn S. Aus irgendeinem Grund entstanden zwei Verfahren, eines in der Abteilung 40 Js und eines in der Abteilung 70 Js. Vom Verfahren in der Abteilung 70 Js kriegte Herr S. auch früh etwas mit, denn die Kriminapolizei lud ihn zur Vernehmung vor. Er schaltete mich als seinen Verteidiger ein. Ich legte eine Verteidigungsschrift vor.

Die Abteilung 40 Js war aber deutlich flinker. Dort wurde nämlich sogleich Anklage erhoben. Womöglich unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Aber daran ist halt nichts zu ändern. Mit der Anklageschrift erfuhr ich, dass gegen meinen Mandanten zweifach ermittelt wird.

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TAUCHSTATION

Ein Möbelhaus hatte bei der Anlieferung das Treppenhaus beschädigt. Eine Wand wurde verkratzt sowie eine nicht ganz billige Lampe von der Decke geholt.

„Damit haben wir nichts zu tun, das regelt unsere Haftpflicht“, sagt mir der Geschäftsführer auf die Frage, wieso mein Mandant auf seine Schreiben keine Antwort erhält. Ich habe ihm erklärt, dass uns die Versicherung herzlich egal ist. Das Möbelhaus kriegt die Klage zugestellt, wenn die Assekuranz weiter auf Tauchstation verbleibt.

„Da muss ich denen wohl noch mal auf die Füße treten“, schlug der gute Mann vor. Besser wäre das. Wiedervorlage: 10 Tage.