DIE EINLADUNG

Ich kann mich noch gut an die Verhandlung erinnern. Das Verfahren gegen meine jugendliche Mandantin wurde eingestellt. Mit der Auflage, dass sie ein Antigewalttraining für Mädchen macht. Am Ende erklärten ihr sowohl der Richter als auch der Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe, dass sie erst einmal nichts machen muss.

„Du bekommst eine Einladung.“

Diese Einladung ist aber nicht angekommen. Sagt meine Mandantin. Deshalb hat sie den Kurs nicht besucht. Worauf das Gericht jetzt einen neuen Verhandlungstermin anberaumt hat.

Die Briefe werden mit einfacher Post verschickt. Es gibt also keine Zugangsnachweis. Und dass sich die junge Frau nicht weiter drum gekümmert hat, dürfte ihr nach den klaren Worten am Ende der Verhandlung nicht vorzuwerfen sein.

Sie ist jetzt schon für das nächste Training angemeldet. Ob allerdings der Verhandlungstermin, der vorher liegt, aufgehoben wird, steht noch in den Sternen. Wenn es fair zugeht, kriegt sie ihre Chance auf das Training. Wenn.

Wenn man als Richter die Ausrede mit den nicht angekommenen Briefen nicht mehr hören kann, sollte man halt förmlich zustellen lassen. Geschieht doch sonst auch tausendfach, jeden Tag.