PRINCESS: STREITWERTE IN BEWEGUNG

von Diplom-Jurist Sascha Kremer

Die Berichterstattung hat (leider) wenig genutzt: Immer noch melden sich regelmäßig schockierte (Privat-)Personen, denen eine Abmahnung in Sachen „Princess“ zugegangen ist (siehe Abmahnungen wegen Princess und Princess: Stand der Dinge).

Zwischenzeitlich scheint allerdings die abmahnende Kanzlei zumindest ein wenig den Überblick verloren zu haben: Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erfassen zwar häufig Unterlassungs- und Auskunftsansprüche (vgl. §§ 14 Abs. 5, 19 Abs. 3 MarkenG), zuweilen aber auch nur Unterlassungsansprüche, obwohl die Sachverhalte grundsätzlich vergleichbar sind. In der Regel handelt es sich nämlich um Angebote auf eBay, bei denen Schmuckstücke aller Art in der Auktionstitelzeile unter Verwendung der Bezeichnung „Princess“ angeboten werden.

Da im Gerichtsbezirk des OLG Stuttgart (ebenso wie in einigen anderen Gerichtsbezirken auch) der Streitwert für Unterlassungs- und Auskunftsansprüche in Markenangelegenheiten im einstweiligen Verfügungsverfahren und im anschließenden Hauptsacheverfahren gleich hoch angesetzt wird, hatte sich für gewerbliche „Princess-Verletzer“ auf eBay zuletzt ein Streitwert von 75.000,- EUR als Regelbemessung durchgesetzt.

Allerdings war sowohl dem LG Stuttgart als auch den abmahnenden Anwälten durchgegangen, dass sich die 75.000,- EUR nur auf solche Verfahren bezogen, in denen sowohl Unterlassungs- als auch Auskunftsansprüche geltend gemacht wurden.

Folgerichtig war in Verfügungsverfahren, die ausschließlich Unterlassungsansprüche zum Gegenstand hatten, lediglich ein Streitwert von 60.000,- EUR anzusetzen, nachdem das LG Stuttgart die Auskunft in diesen Fällen mit immerhin 15.000,- EUR angesetzt hat (vgl. etwa Beschl. v. 17.11.2005, Az: 41 O 225/05 KfH).

Auf einen entsprechenden Hinweis in einer (neuerlichen) Streitwertbeschwerde meinte das LG Stuttgart (Beschl. v. 22.11.2005, Az: 41 O 70/05 KfH) nur lapidar mitteilen zu müssen, dass in den

“in der Beschwerdebegründung angeführten Entscheidungen ([…] OLG Stuttgart 2 W 71/05) […] der Wert des Auskunftsverlangens (wohl irrtümlich) nicht berücksichtigt worden“ sei.

Dem hat das OLG Stuttgart (Beschl. v. 16.12.2005, Az: 2 W 81/05Download pdf) nun eine eindeutige Absage erteilt:

Der Senat hat deshalb in vergleichbaren Fällen von Verletzungen der Marke „Princess“ einen Streitwert von 75.000,- EUR angenommen, wenn im Verfügungsverfahren sowohl ein Anspruch auf Unterlassung nach § 14 Abs. 5 MarkenG als auch auf Auskunft nach § 19 MarkenG geltend gemacht wurde […]. Ausgehend von dieser Bemessungspraxis und unter Abwägung aller Umstände hält der Senat im vorliegenden Fall, in dem allein ein Anspruch auf Unterlassung nach § 14 Abs. 5 MarkenG geltend gemacht wird, einen Streitwert von 60.000,- EUR für angemessen.

Bei den Gebühren für die gegnerischen Anwälte spart der Mandant durch diese weitere Reduzierung des Streitwerts von 75.000,- EUR auf 60.000,- EUR zwar nur weitere knapp 200,- EUR ein. Viel wichtiger ist für den Mandanten aber die Tatsache, wieder einmal einen kleinen Erfolg in Sachen „Princess“ erzielt zu haben.

Ob der glattweg halbierten Streitwerte sind die gegnerischen Anwälte vielleicht auch wegen der damit verbundenen Vergütungsausfälle (gleiche Arbeit, weniger Geld) nun fast schon ein wenig säuerlich: Dort versucht man jetzt, die Streitwertfrage über die Zulassung einer Rechtsbeschwerde (vgl. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO) zum Bundesgerichtshof zu treiben.

Möglicherweise lohnen sich die Mühen in Sachen „Princess“ einfach nicht mehr, wenn das OLG Stuttgart weiterhin maßlos überzogenen Streitwertfestsetzungen einen Riegel vorschiebt und dabei selbst noch ein Auge für die „Kleinigkeiten“ des täglichen Abmahngeschäfts (Verfügung mit/ohne Auskunftsanspruch) offen hält. Richtig so.