Mit manchen Kollegen kommt man auf keinen grünen Zweig. Okay, vielleicht war es unhöflich, dass ich darauf hingewiesen habe, es mache wenig Sinn, langatmig den Inhalt der Schriftsätze zu referieren. Die seien nämlich bekannt; außerdem hätte ich nachher noch einen anderen Termin.
Andererseits: Wie kann man auf die Frage des Richters, in welcher Höhe ein Vergleich möglich ist, langatmig über Altbekanntes schwafeln? Entweder sage ich eine Zahl. Oder ich sage keine. Wird ja keiner gezwungen, sich zu einigen.
Außerdem ist es eine fragwürdige Gewohnheit, die andere Seite partout nicht ausreden zu lassen.
Am besten fand ich, wie der Kollege sich langatmig darüber mokierte, unsere Klagebegründung sei eine Zumutung. „Für mich und das Gericht.“ Statt die Zahlen im Text aufzuführen, könne man doch zumindest noch eine anschauliche Tabelle erwarten. Im Übrigen entdeckte der Kollege langatmig „Widersprüche, Ungereimtheiten und jede Menge unlogische Argumente“.
Boah, sollte das gesessen haben?
Der Richter zückte jedenfalls sein Diktiergerät und brachte seine Sicht der Dinge zu Protokoll. Kurzfassung:
Die Anspruchsbegründung ist schlüssig und die Einwände des Beklagten überzeugen nicht.
Lustig wurde es, als ich eine Schriftsatzfrist beantragen wollte. Der Kollege hatte nämlich gestern noch sechs langatmige Seiten geschrieben. Doch statt eine Stellungnahmefrist zu gewähren, diktierte der Richter nur ins Protokoll, dass der neue Schriftsatz rein gar nichts enthält. Keinen erheblichen Sachvortrag. Und keine weiterführenden rechtlichen Wertungen. Also sechs Seiten Müll.
Das hat dann aber wirklich gesessen.
Aber nicht genug, um nicht gleich wieder in ein Fettnäpfchen zu treten. Man muss von Gepflogenheiten ja nicht viel halten. Eine ganz gute ist allerdings, dem Richter der ersten Instanz nicht mit der Berufung zu drohen. Aber auch das meinte der Anwalt tun zu müssen, langatmig selbstverständlich. Bis der Richter schließlich entnervt ins Protokoll diktierte, dass der Beklagte sich nicht einigen will, sondern die Sache im Instanzenzug klären lassen möchte.
Irgendwann erlahmt dann aber auch der kämpferischste Geist. Und so schlossen wir dann den Vergleich. Mit dem Inhalt übrigens, den wir auch schon nach fünf Minuten hätten haben können.