Von Diplom-Jurist Sascha Kremer
Was schuldet eigentlich der Verkäufer? Gerade bei Internetauktionen gibt es häufig Streit, ob die Lieferung vertragsgemäß ist.
Nachfolgend ein kurzer Überblick:
Ein Kaufvertrag iSd § 433 BGB kommt durch die Abgabe zweier übereinstimmender Willenserklärungen iSd §§ 145 ff. BGB zustande: Auf den Antrag des Verkäufers (gerne auch als Angebot bezeichnet) erklärt der Käufer die Annahme des Antrags, womit der Vertrag geschlossen ist. Die Einhaltung einer bestimmten Form („schriftlicher Vertrag“) ist dabei keine Wirksamkeitsvoraussetzung; im deutschen Recht gilt der Grundsatz der Formfreiheit, was sich ohne weiteres im Umkehrschluss aus § 125 BGB ergibt.
Inhalt des Kaufvertrags ist stets die Lieferung desjenigen Gegenstands, auf den Verkäufer und Käufer sich übereinstimmend verständigt haben, und zwar mit dem im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbarten Lieferumfang. Selbstverständlich sind nachträgliche Änderungen jederzeit möglich, sie erfordern aber die Zustimmung von Verkäufer und Käufer.
Auch auf eBay und anderen Auktionsplattformen im Internet werden Kaufverträge auf diese Art und Weise geschlossen. Unabhängig davon, ob ein „Verkauf gegen Höchstgebot“ erfolgt (Online-Auktionen sind keine Versteigerungen iSv § 156 BGB, vgl. BGH, Urt. v. 03.11.2004 – Az: VIII ZR 375/03 = JurPC Web-Dok. 281/2004) oder aber die Option zum „Sofort Kaufen“ genutzt wird, nimmt der Käufer (Bieter) mit dem erfolgreichen „Höchstgebot“ den vom Verkäufer gemachten Antrag auf Abschluss eines Kaufvertrags an.
Der vom Verkäufer geschuldete Gegenstand und der vereinbarte Lieferumfang bestimmen sich in diesem Fall ausschließlich nach der vom Verkäufer bei eBay bereitgestellten Angebotsbeschreibung (ggf. einschließlich etwaiger AGB des Verkäufers). Nur das, was der Verkäufer verspricht, muss er dem Käufer auch liefern – es sei denn, die Parteien haben ausnahmsweise etwas anderes vereinbart, so etwa per E-Mail parallel zur oder im Anschluss an die jeweilige Online-Auktion („ich kaufe das Teil, wenn du mir noch einen Zehnerpack Rohlinge drauf legst“ – „Okay, mache ich“). Mehr als das in der Angebotsbeschreibung Versprochene kann der Käufer vom Verkäufer also grundsätzlich nicht verlangen.
Das gilt auch dann, wenn der angebotene Gegenstand anderswo mit einem abweichenden Lieferumfang angeboten werden sollte: Es ist heute nicht ungewöhnlich, dass ein und derselbe „Grundartikel“ in unzähligen Variationen auf den Markt gebracht wird. Ein Beispiel hierfür sind Handys: Herstellerbezeichnungen werden durch Provider-Bezeichnungen abgeändert oder ergänzt, der Lieferumfang wird an die Preisvorgaben des Providers angepasst und im ungünstigsten Fall die Software im Sinne des Providers verschlimmbessert („Branding“). Wenn in der Beschreibung ein bestimmtes Zubehör nicht auftaucht (bei Grafikkarten etwa die gewünschte Vollversion eines Spiels, die laut anderweitiger Beschreibung ggf. dazu gehören soll, aber in der Auktionsbeschreibung nicht genannt wird), sollte beim Verkäufer VOR Abschluss des Kaufvertrags respektive Abgabe eines Gebots nachgefragt werden. Nachträgliches Jammern nützt dann nämlich nichts mehr.
Dennoch glauben zuweilen Käufer, es komme nicht auf den vereinbarten Lieferumfang an. So hat ein Verkäufer aus einer Sonderanfertigung eines Gegenstands eine größere Anzahl an Fehlverpackungen zum Verkauf angeboten; der Hersteller hatte bei der Zusammenstellung schlicht vergessen, zwei auf der Verpackung des Gegenstands erwähnte und in der beiliegenden Bedienungsanleitung verzeichnete Zubehörstücke mit in die Kartons zu packen. In der Auktionsbeschreibung waren diese beiden Zubehörstücke nicht aufgeführt, sondern richtigerweise nur die tatsächlich mitgelieferten Zubehörstücke benannt. Auch die der Auktionsbeschreibung beigefügte Abbildung des Gegenstands zeigte die „fehlenden“ Zubehörstücke nicht. Die nach dem Vertrag geschuldete Leistung umfasste damit diese weiteren Zubehörstücke gar nicht.
Gleichwohl rügten einzelne Käufer, die auf der Verpackung und in der Bedienungsanleitung genannten, aber nicht mitgelieferten Zubehörstücke seien nachzuliefern, da sie zum „üblichen“ Lieferumfang des Gegenstands gehörten; schließlich seien sie ja auf der Verpackung aufgezählt! Falls es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen sollte, wird man sehen, ob sich ein Gericht von dem Argument, es sei nicht zu liefern, was der Verkäufer bei der Auktion ausdrücklich (!) beschrieben habe, sondern alles das, was auf der Verpackung steht (die der Käufer erst nach Abschluss des Kaufvertrags zu Gesicht bekommen hat), überzeugen lassen wird. Weitere Argumente für das erweiterte Leistungsbegehren des Käufers gibt es nämlich nicht. Und diese eine widerspricht offenkundig dem Willen beider Parteien, so wie er BEI Vertragsschluss zum Ausdruck gekommen ist.