HANDWERKSZEUGE

Ich habe den Einspruch gegen einen Strafbefehl auf die Höhe der Tagessätze beschränkt. Und gleichzeitig mitgeteilt, dass ich mit einer Entscheidung durch Beschluss einverstanden bin.

Darauf erreicht mich der Anruf eines Strafrichters. Er sagt, dass meine Eingabe, so nennt er das Schreiben, für ihn unverständlich ist. „Über eine Beschwerde kann ich ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Aber über einen Strafbefehl, wie soll das denn bitte gehen? Was wollen Sie denn nun? Ich überlege schon, ob ich Ihre Eingabe nicht als unzulässig verwerfen muss.“

Tja, wir dummen Anwälte machen halt nur Arbeit. Und unsere Fachanwaltstitel haben wir auch im Lotto gewonnen. Ich verweise auf § 411 Absatz 1 Satz 3 Strafprozessordnung. Die Vorschrift kann der Richter nicht finden. Sein Gesetz, so stellt sich heraus, ist Stand Mitte 2004. Das erklärt einiges, denn die Neufassung des Paragrafen ist erst rund ein Jahr in Kraft.

Wenigstens haben wir jetzt einen Schuldigen gefunden: das Land, das sich mit der Lieferung neuer „Handwerkszeuge“, so der Richter, immer länger Zeit lässt. Er will mal in der Bibliothek schauen, ob er eine aktuelle Strafprozessordnung auftreiben kann. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass er nicht erfolgreich ist, biete ich an, den Text zu mailen.

„Ach was“, sagt er, „bis Ihre Post bei mir angekommen ist, habe ich das auf jeden Fall selbst gefunden.“

DOCH NICHT FREI

Das Amtsgericht Vechta lädt mich zu einem Hauptverhandlungstermin auf Dienstag, 1. November, 14 Uhr. Da ist bei uns in Nordrhein-Westfalen Feiertag.

In Niedersachsen nicht.

STRAFVERTEIDIGER-HAPPENING

Morgen geht der Prozess gegen einen Braunschweiger Fachanwalt für Strafrecht weiter. Er soll Polizeibeamte beleidigt und ihnen übel nachgeredet haben. Der Anwalt hatte in einer Verkehrsstrafsache den Vorwurf geäußert, die Beamten hätten den Akteninhalt manipuliert.

Die Braunschweiger Zeitung berichtet, dass extra ein großer Sitzungssaal reserviert worden ist. Es haben sich zahlreiche Anwälte als Zuschauer angesagt.

Dann wird ja morgen in dem Verfahren auch möglicherweise über den „Ablehnungs“antrag gegen den diensthabenden Staatsanwalt entschieden, zu dem ich den Kollegen Hoenig, einen der Verteidiger, inspiriert habe. Hoffentlich ist dem Antrag größerer Erfolg beschieden als dem Pendant im Visa-Verfahren.

Allerdings haben ja auch abgelehnte Anträge mitunter eine psychologische Wirkung; das war in meinem Verfahren zumindest der Fall.

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NUR SCHRIFTLICH

Sonderleistungen bei Heimverträgen dürfen nur berechnet werden, wenn es einen schriftlichen Vertrag gibt. Der Bundesgerichtshof sprach den Erben einer verstorbenen Heimbewohnerin jetzt 55.000 € zu, weil der Einzelzimmerzuschlag für die Frau nicht in der nötigen Form vereinbart worden war. Das Heim hatte jahrelang 29,60 € pro Tag berechnet.

(beck-aktuell)

KUNDENRECHTE

Vor einer Woche wurde hier rege diskutiert, welche Rechte Kunden im Elektromarkt haben. Das Ergebnis war eine erschütternde Unsicherheit, auch bei den anwesenden Juristen. Keine endgültigen Wahrheiten, aber eine gute Übersicht zu Kundenrechten bietet eine verständliche Übersicht (PDF) von Prof. Dr. I. Fritsche von der Fachhochschule für Rechtspflege NRW.

Vom gleichen Autor gibt es auch ein Summary zu den Widerrufs- und Rücktrittsrechten von Verbrauchern.

(Danke an die Lichtenrader Notizen für den Link)

UNFALLFLUCHT UND FÜHRERSCHEIN

Wer Unfallflucht begeht, riskiert die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis. Aber nur, wenn ein „bedeutender Schaden“ eingetreten ist. Das ist erst ab 1.300,00 € der Fall, so zum Beispiel das Oberlandesgericht Dresden (Beschluss vom 12. Mai 2005; 2 Ss 278/05).

Die Grenze lässt sich bei gutwilligen Staatsanwälten und Richtern noch etwas verschieben, wenn man auf den Nettoschaden abstellt. Die Umsatzsteuer erhielte der Geschädigte nämlich nur erstattet, wenn er den Wagen tatsächlich reparieren lässt.

SOFORTKAUF

Ich habe gerade festgestellt, dass ich mein Wertpapierdepot mit einem fünfstelligen Betrag beleihen darf. Online. Zum Sofortkauf, sozusagen.

Vielen Dank, liebe Bank, aber ist schon wieder 2000?

UNBESTECHLICH

Junge Anwältinnen sind mitunter so freundlich:

„Sehr geehrter Herr Kollege Vetter, leider muss ich Ihrer Argumentation widersprechen…“

Und ich Trottel habe auch noch den Espresso bezahlt.

EX-KOLLEGEN

Es gibt Gerichtstermine. Und es gibt Gerichtstermine mit Anwälten aus dem Büro, wo du mal angefangen hast. Normalerweise ein Grund, sich freundlich zuzunicken. Nicht in deinem Fall, denn der Abschied 1995 war, sagen wir mal, eine Mischung aus Hochverrat und anschließender Christenverfolgung.

Dich ans Kreuz zu nageln haben sie aber nicht geschafft, trotz unzähliger Eingaben an die Anwaltskammer und zwei Kilo Dienstaufsichtsbeschwerden gegen einen der sachlichsten Staatsanwälte, die es jemals in dieser Stadt gab. Nicht dein Verdienst, sondern das eines Verteidigers, der sein bescheidenes Pauschalhonorar mehr als wert war und dessen Handynummer du noch heute gespeichert hast für den Fall, dass du mal wieder im Lichtkegel der Schreibtischlampe sitzt.

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NÄCHSTER TERMIN: LETZTER APRIL

Herr E. hat gestern eine Ladung als Zeuge erhalten. Er soll am 11.04.2005 vor Gericht aussagen. Tja, jetzt stellt sich die Frage, ob man sich als Staatsbürger mal janz dumm stelle darf. Oder ob es eine Verpflichtung gibt, bei einem auf der Hand liegenden Irrtum beim Gericht nachzufragen.

Wir werden es möglicherweise erfahren, wenn ein Ordnungsgeld ergeht. Herr E. will nämlich aus bestimmten Gründen nicht erscheinen, so dass ihm die Ladung in dieser Form gelegen kommt. Herr E. stellt sich also auf den Standpunkt, dass er nicht ordnungsgemäß geladen ist. Basta.

(Herr E. ist übrigens derzeit nicht mein Mandant. Ich habe deshalb davon abgesehen, ihm ungebeten politisch korrekte Ratschläge zu erteilen.)

ZU VIEL GEZAHLT

Wir haben für das Jahr 2004 zu viel Umsatzsteuer gezahlt. Es handelt sich um 12,99 €. Freundlicherweise erstattet das Finanzamt den Betrag, da er über der Mindestgrenze von 1,00 € liegt.

Das gibt ’ne Sause.