Hermann Harry Schmitz könnte, hätte er sich nicht schon am 8. August 1913 erschossen, seinen 125. Geburtstag feiern.
Archiv für den Monat: September 2005
ERLEDIGT
13.46: Ich schicke den Entwurf der Verteidigungsschrift. Es geht um fahrlässige Tötung durch Unterlassen.
14.16: Die Rückmeldung des Mandanten trudelt ein. Nur zwei, drei modifizierte Sätze, gelb hinterlegt, that’s it.
14.29: Das Ding geht vorab per Fax ans Schöffengericht.
14.33: Frist streichen lassen.
Für den Rest des Tages bitte nur noch harmlose Post, Kurzmitteilungen, Rechnungen etc.
Danke.
KEIN INTERESSE
Vielen Dank für die freundliche Mail. Aber ich so wild bin ich nun auch nicht auf Schwarz-Gelb, dass ich sogar Stimmen kaufen würde.
Auch deswegen nicht:
§ 108b Strafgesetzbuch Wählerbestechung
(1) Wer einem anderen dafür, daß er nicht oder in einem bestimmten Sinne wähle, Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer dafür, daß er nicht oder in einem bestimmten Sinne wähle, Geschenke oder andere Vorteile fordert, sich versprechen läßt oder annimmt.
AN DER KASSE
„Kaufen Sie Kämme, die Zeiten werden schlechter.“
Sagte vor wenigen Minuten die Kassiererin im Drogeriemarkt.
Vielleicht sollte ich mir noch drei oder vier holen.
FTD: WAHLEMPFEHLUNG
Die Financial Times Deutschland gibt eine ausführliche Wahlempfehlung: Vorfahrt für Merkel. Im Kapitel „Danke, Rot-Grün“ heißt es:
Inhaltlich ist es Rot-Grün bis heute nicht gelungen, aus dem in der Not geborenen Ad-hoc-Programm – nicht weniger, aber auch nicht mehr ist die Agenda 2010 – eine Gesamtstrategie zu entwickeln. Die Regierung konnte zuletzt kaum noch erklären, welche Schritte sie demnächst aus welchen Gründen in Angriff nehmen würde. Die Wahlprogramme von SPD und Grünen sprechen mehr über soziale Retuschen an der eigenen Politik als davon, wie diese Politik weiter vorangetrieben werden kann. Es sind Programme für die Opposition.
Machtpolitisch steckt Rot-Grün ohnehin hoffnungslos in der Sackgasse. Selbst ein überzeugender Wahlsieg könnte die Blockademehrheit der Union im Bundesrat nicht knacken, sondern sie allenfalls für eine Weile moralisch unter Druck setzen. Der Kanzler selbst hat die Neuwahlen damit begründet, dass er sich auf die eigene Truppe nicht mehr verlassen könne. Weshalb dies nach dem 18. September grundlegend und dauerhaft anders sein sollte, ist schwer nachvollziehbar.
Die Zeitung setzt zwar Hoffnung in Schwarz-Gelb, sieht aber auch das Risiko, der Zug könne gleich im Morast stecken bleiben:
NOCHMAL BRÜLLEN
Eigentlich wollte ich heute mal mit einer Gewohnheit brechen und Sabine Christiansen gucken. Gerade sehe ich aber, dass Joschka Fischer auf Wolfgang Gerhardt trifft. Den Gerhardt tue ich mir nicht an. Am Ende gibt es sonst keine Partei mehr, bei der ich nächsten Sonntag ein Kreuzchen machen möchte.
Und Wahlboykotteure, die sowieso an nichts mehr glauben, kann Schwarz-Gelb momentan ja gerade gar nicht brauchen.
Also lieber ein paar Worte zum Aufwärtstrend der SPD. Was mich daran erstaunt ist die Tatsache, dass der Aufschwung offensichtlich von Gerhard Fritz Kurt Schröder getragen wird.
Kann ich sogar verstehen. Der ist ein Löwe. Einer wie er muss sich ja nicht mal davor fürchten, von oben fotografiert zu werden. Siehe die heutige Welt am Sonntag, Seite 4. Ein Kämpfer halt. Deshalb wählt man jetzt doch SPD… ?
Moment mal.
Es kann ja vieles passieren bei dieser Wahl. Aber eines ist so gut wie ausgeschlossen: dass der nächste Kanzler Gerhard Schröder heißt. In der jetzigen Koalition kann er es nicht schaffen, denn die liegt immer noch satt hinter der CDU-FDP. So einen Stimmungsumschwung kriegt nicht mal der König der Löwen hin, selbst wenn er neben Hartz IV auch alle Friseurtermine bis zum Wahltag streicht und sich noch stärker ins Getümmel wirft.
In einer großen Koalition hat die CDU als stärkste Partei den Anspruch auf das Kanzleramt.
Und glaubt jemand, dass sich Schröder mit Lafontaine wieder an den Kabinettstisch setzt? Die Münteferings, Scholz und Gabriels – allesamt vom Stamme der Hyänen – machen das bestimmt, wenn der richtige Posten winkt. Aber nicht der Mann, der an seinen Ruf in den Geschichtsbüchern denkt.
Wie man es also dreht und wendet, der Amtsinhaber ist Vergangenheit. Eine Stimme für ihn ist nur eine Stimme für die SPD. Die SPD nach Schröder.
ANFORDERUNGEN
„Bitte erst denken, dann kommentieren!“ fordert das Wahlblog seine Leser auf.
Willkommen im ersten Blog, das an seine Leser höhere Anforderungen stellt als an das Gros seiner Autoren.
RUNTER VOM GAS
Schon unweit von Düsseldorf, in Ratingen-Hösel, gibt es UMTS-freie Zonen. Aber genau besehen sind 57,6 k eigentlich das richtige Tempo für unser Land.
REGIONALE UNTERSCHIEDE
Don Alphonso wählt SPD, den „Garant einer offenen Bürgergesellschaft“. Dazu erzählt er eine Geschichte vom jungen Gothic-Pärchen, das sich auf den Stufen des Regensburger Doms dumme Sprüche anhören muss, von „CSU-Wählern par excellence“.
Seltsam. Bei uns im Westen kennt man so ein intolerantes Gehabe eher von den Kernwählern der SPD. Oder, besser gesagt, von jenen, die man dafür hält.
ABRIEB
Wunderbar, wenn man nach dem Sport zum Auto schlendert. Und schon von weitem den rostroten Abrieb am hinteren linken Kotflügel sieht, den ein Zeitgenosse beim Ausparken dort hinterlassen hat.
Ich muss ausgesehen haben wie ein kompletter Spießer, als ich gerade am Büro mit einem Spülschwamm und Scheuermilch vor dem Auto kauerte und geduldig Schicht für Schicht Fremdfarbe abtrug.
Aber wenigstens hat es geklappt. Und vielleicht bin ich ja einer, was also soll’s.
EXEMPEL A LA RHEINBAHN
Obwohl er erwiesenermaßen kein Schwarzfahrer ist, soll ein Fahrgast in Düsseldorf ein erhöhtes Beförderungsentgelt bezahlen. Über diesen obskuren Fall berichtet der Express. Ich denke, der Mann tut gut daran, die Sache seinem Anwalt zu übergeben.
(Danke an Michael Holzt für den Link)
KEINE STAPEL MEHR
Mein Posteingang ist mal wieder aufgeräumt. Erstmals seit Monaten. Außerdem habe ich mich durch den Berg mit anstehenden Abrechnungen gefräst. Den mit den Zivilsachen. Was dir an bürgerlich-rechtlichen Prozessen insgesamt die Lust vermiesen kann, ist der Rattenschwanz an Abwicklungsarbeit.
Kostenfestsetzungs- und Ausgleichungsverfahren. Gerichtskostenerstattungen. Dazu Endabrechnung mit der Rechtsschutzversicherung. Da wird hin- und her gebucht, vor- und zurücküberwiesen. Vollends undurchsichtig wird es, wenn auch noch ein Korrespondenzanwalt, der die Terminsvertretung vor Ort gemacht hat, zu berücksichtigen ist. Dann kommen noch Gutschriften mit ins Spiel. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie meinen Steuerberater.
Na ja, was bleibt ist ein guter Vorsatz: Abrechnungssachen werden nicht mehr gestapelt. Mal sehen, wie lange er hält.
TRICKSER
Wie sich sogar Anwälte bei Google hoch schleichen, dokumentiert sehr schön der Kollege Sevriens aus Berlin.
SIPPENHAFT
Ich kann es ja verstehen. Motorradfahrer sind bei Radarpolizisten nicht beliebt. Zu oft gehen sie ihnen durchs Netz. Diesen Frust wollte jetzt offensichtlich ein Beamter ausleben, der am 26. Juni 2005 eine Gruppe von sechs Motorradfahrern auf ihrem sonntäglichen Ausflug durchs Bergische Land ins Visier nahm.
Leider gelang es ihm nur, einen der Zweiradtouristen zu blitzen. Und zwar mit 58 Stundenkilometern zu viel. Das hinderte den Anhaltetrupp aber nicht, gleich mal alle anderen rauszuwinken und für alle Anzeigen zu schreiben.
Gegen meinen Mandanten wurden ein Monat Fahrverbot und 150,00 € Geldbuße verhängt. Zudem drohten vier Punkte Gutschrift in Flensburg.
Den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid habe ich wie folgt begründet:
Sehr geehrte Damen und Herren,
in o. g. Angelegenheit beantragen wir, den Bußgeldbescheid aufzuheben.
Das in der Akte befindliche Radarfoto (Nr. 306) zeigt nicht das Motorrad von Herrn S.
DIREKT GEZAHLT
Bei der Unfallregulierung achte ich normalerweise darauf, ob der Mandant die Sachverständigenkosten abgetreten hat. Ist das der Fall, überweise ich die Entschädigung für das Gutachten direkt an den Sachverständigen.
Nur neulich nicht. Vielmehr kriegte der Mandant das ganze Geld. Natürlich mit einem Hinweis, dass er davon knapp 400,00 € an den Sachverständigen überweisen muss.
Was nicht passiert ist. Nach zwei vergeblichen Mahnungen ist der Sachverständige jetzt natürlich sauer. Gut, muss er halt klagen. Mehr als freundlich bitten kann ich den Mandanten auch nicht. Aber schon das scheitert daran, dass er „unbekannt verzogen“ ist.