ERST MAL SCHLUCKEN

Manchen Anwälten fehlt das Augenmaß. Klar, sie sind ärgerlich, wenn der Kunde sich plötzlich gegen sie wendet. Zum Beispiel, weil er die Rechnung zu hoch findet. Oder gar nicht davon begeistert ist, dass ihm wenig feinfühlig die Pistole auf die Brust gesetzt wird: Zahl‘ die Rechnung oder wir geben wichtige Originaldokumente – hier eine Bankbürgschaft – nicht heraus.

Seltsam wird es aber, wenn noch nachträglich Dienstleistungen entdeckt werden, die in der ursprünglichen, ausdrücklich als „abschließend“ titulierten Rechnung nicht enthalten waren. Zum Beispiel die Tätigkeit zur Abwehr einer Zwangsvollstreckung. Hier haben die Anwälte für ihren Ex-Mandanten relativ schnell einen Vergleich geschlossen, der im Kern auf Ratenzahlung geht.

Bei der Bemessung des Streitwertes für den Vergleich hätten die Anwälte aber vielleicht doch erst mal schlucken sollen. Denn hierfür ist nie und nimmer der geschuldete Betrag maßgeblich, sondern höchstens ein Bruchteil. Schließlich ist die Summe als solche nicht problematisch, sondern allenfalls der Zeitraum, in dem sie gezahlt wird.

Selbst schuld, wenn man dann die Rechnung auf der Grundlage des gesamten Streitwertes auch noch einklagt. Und an einen Richter gerät, der höchstens 10 % des Gesamtbetrages als Streitwert ansetzen will.

Bei der unvermeidlich katastrophalen Quote bei den Gerichts- und Anwaltsgebühren wird aus dem Gebührenprozess schnell ein Verlustgeschäft. Vielleicht haben es die Kollegen vor dem Gerichtstermin doch noch geahnt. Sie sind jedenfalls nicht selbst erschienen, sondern haben einen anderen Anwalt vorgeschickt.