Die wirtschaftliche Abwärtsbewegung spiegelt sich manchmal ganz unvermutet wider. Mir jedenfalls fällt auf, dass Geldstrafen immer billiger werden. Gerade bei Alltagsdelikten, in denen Staatsanwälte schon aus Zeitgründen kaum zum Einkommen ermitteln, geht es mit der routinemäßig angesetzten Höhe der Tagessätze stetig bergab.
Zur Erläuterung: Ein Tagessatz entspricht dem täglichen Nettoeinkommen; 30 Tagessätze sind also ein Monatsgehalt. Wer zu 40 Tagessätzen Geldstrafe verurteilt wird, dessen Strafe beläuft sich bei 600,00 € Einkommen auf 800,00 €. Wer dagegen 4.500,00 € nach Hause bringt, den kostet das gleiche Delikt 6.000,00 €.
Üblich sind mittlerweile Tagessätze zwischen 15,00 und 20,00 €, bei Berufstätigen vielleicht mal vorsichtige 30,00 €. Das Einkommen wird, anders lässt es sich nicht sagen, immer häufiger sehr zurückhaltend geschätzt. Natürlich würde ein gewissenhafter Staatsanwalt das nie tun, um dem Beschuldigten die Lust am Einspruch zu nehmen. Vielmehr kann ich mir die Entwicklung nur so erklären, dass man sehr zuvorkommend Rücksicht auf die allgemeine Ebbe in den Haushaltskassen nimmt.
Das führt mitunter zu merkwürdigen Situationen. So hat eine Mandantin neulich 60 Tagessätze á 15,00 € wegen einer Verkehrsunfallflucht kassiert. Vielleicht liegt es an ihrem ausländisch klingenden Namen oder ihrer schwarzen Hautfarbe, dass die Staatsanwältin insgesamt 900,00 € für ausreichend hielt. Zum Glück ist ihr nicht aufgefallen, dass die Mandantin den Bums mit einem nagelneuen Maserati (selbst verdient) gebaut hat.
Jedenfalls macht es bei ihrem Einkommen keinen Sinn, gegen die Zahl der Tagessätze anzugehen. Selbst wenn wir, was durchaus möglich ist, am Ende mit 40 Tagessätzen nach Hause gehen, droht durch die fällige Erhöhung der Sätze ein finanzielles Debakel ohnegleichen.
Hätte man für den Sportwagen noch irgend eine Erklärung finden können, scheiterte die Sache ohnehin an entschiedener Unlust der Mandantin. Als ich ihr erklärte, dass sie sich für den Gerichtstermin auf jeden Fall brutal runterstylen muss, war das Thema Einspruch erledigt.