DON´T TRY THIS

Eine Düsseldorfer Anwältin zahlt ein Knöllchen nicht. Sie hält ein Durchfahrtsverbot für „Schikane“, weil sie als Anwohnerin einen Umweg machen muss, berichtet der Express.

Ich empfehle dieses Verhalten nicht als Vorbild. Wer mit Verkehrsschildern nicht einverstanden ist, muss dagegen Widerspruch bei der zuständigen Behörde einlegen und notfalls vor dem Verwaltungsgericht klagen.

Das wissen in der Regel auch Bußgeldrichter.

VERPULVERT

Deutsche Post, ist wirklich jemand „unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln“, bloß weil für die Schimmelbuschstraße in Düsseldorf versehentlich die Postleitzahl 40476 angegeben war und nicht die korrekte Postleitzahl 40468?

Falls auch Sie das für kleinkariert und unnötig halten, bitte ich um Erstattung von 7,19 €, die wir für sinnlose Meldeanfragen verpulvert haben.

FILMREIF

Frage eines Mandanten:

Kann man was machen, wenn die Autowerkstatt die eingelagerten Sportreifen schön mit permanenter Farbe markiert hat (VL, VR, HR, HL) – auf der Außenseite?

Ich war versucht zu antworten:

Ja, ganz schnell die Filmrechte sichern.

KEINE KÜNDIGUNG WEGEN ANZEIGE

Schadensersatzansprüche und Strafanzeigen gegen Mitbewohner stören den Hausfrieden nicht so gravierend, dass Mietern deswegen fristlos gekündigt werden könnte. Das Amtsgericht Düsseldorf wies mit Urteil vom 7. Juli 2005 die Räumungsklage eines Vermieters ab. Dieser wollte Mieter nach 23 Jahren aus dem Haus werfen, weil diese Nachbarn beschuldigt hatten, in ihrem Briefkasten Feuerwerkskörper angezündet zu haben.

Das Amtsgericht Düsseldorf sah es als zulässig an, dass die Mieter ihren Verdacht äußerten und Schadensersatzansprüche geltend machten. Unrichtige Verdächtigungen können nach Auffassung des Gerichts nur zu einer fristlosen Kündigung führen, wenn sie leichtfertig oder gar vorsätzlich erfolgen. Im entschiedenen Fall hielt das Gericht den Mietern zugute, dass sie die Anzeige sogar von einem Anwalt formulieren ließen.

Auch wenn die Mieter das Fehlverhalten ihrer Nachbarn letztlich nicht beweisen konnten, hätten sie jedenfalls nicht leichtfertig gehandelt. Denn unstreitig hätten die verdächtigten Nachbarn als Einzige zu Hause Silvester gefeiert und am nächsten Morgen alle Briefkästen gesäubert – bis auf den ihrer Mitmieter. Unter diesen Umständen sei der geäußerte Verdacht zumindest „nicht fernliegend“.

(AG Düsseldorf, Urteil vom 7. Juli 2005, Aktenzeichen 28 C 3337/05; Urteil als PDF)

GEFÄNGNIS AUS VERSEHEN

Manche Gerichtszustellungen bergen kleine Sprengsätze. So zum Beispiel der Brief eines Amtsgerichts, der heute einging. Obenauf der Beschluss, dass das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt wird. So war es auch in der Hauptverhandlung am 6. Juli besprochen.

Dahinter ein Strafbefehl. In exakt der gleichen Sache. Angeblich ist mein Mandant zu einer Hauptverhandlung am 4. Juli 2005 nicht erschienen. Deswegen wird er im schriftlichen Verfahren verurteilt – zu neun Monaten Gefängnis auf Bewährung. Ausgefertigt, gestempelt, unterschrieben.

Die Sache ließ sich mit einem Anruf auf der Geschäftsstelle klären. Eine Panne bei der Eingabe der Aktenzeichen. Gemeint war ein ganz anderer. Ich habe trotzdem um eine schriftliche Mitteilung gebeten, dass der Strafbefehl gegenstandslos ist, auch wenn man mir hoch und heilig versicherte, dass das vom Richter unterschriebene Original sich nicht auf meinen Mandanten bezieht.

Das Risiko, dass irgendwann mal eine Staatsanwaltschaft als Vollstreckungsbehörde den (falschen) Strafbefehl eisern vollstreckt, weil sie ihn für formal wirksam hält, gehe ich lieber nicht ein. Sorry, aber bevor ich dafür den Kopf hinhalte, soll sich die Mitarbeiterin des Gerichts lieber einen Einlauf von ihrem Richter holen.

Die Einspruchsfrist ist natürlich notiert.

Nachtrag: Zu der Problematik gibt es auch ein Urteil. Landgericht Berlin NStZ 2005, 119:

Der Strafbefehl richtet sich, wie eine Anklageschrift, gegen die darin bezeichnete Person. Behauptet diese, nicht der Täter der im Strafbefehl genannten Straftat zu sein, muss sie gegen diesen Einspruch einlegen.

SAUGT ÜBERALL

Meine Sekretärin berichtet von verzweifelten Versuchen, einen Vorwerk-Vertreter loszuwerden. Den Hinweis, dass wir ein Anwaltsbüro sind, konterte er mit dem unwiderlegbaren Argument: „Auch da muss geputzt werden.“ Und selbstverständlich seien Vorwerk-Staubsauger auch ideal für Laminat.

Nach einigem Hin und Her hat er sich dann wohl doch getrollt. Wenn ich da gewesen wäre, hätte ich ihn zu meiner Mutter geschickt. Die lässt sich bestimmt gern mal gratis das Haus saugen.

KLEINE FEHLER

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) veröffentlicht auf seiner Homepage Hinweise zum „Privaten Kopieren von Musikdateien etc“.

Die dortigen Ausführungen geben ziemlich genau die Rechtsauffassung der Tonträger- und Filmindustrie wieder, in einigen Teilen also nicht die tatsächliche Rechtslage. Fabian Keil hat die Behörde auf zweifelhafte Punkte hingewiesen. Doch die Behörde, die ihre Informationen ohnehin nur vom Bundeskriminalamt bezogen haben will, sieht keinen Änderungsbedarf.

Nicht mal bei den Deppenapostrophen.

(Danke an Florian Haas für den Link)

EINSTIEGSDROGE PORNOGRAFIE ?

Der Justizminister von Sachsen-Anhalt Curt Becker betrachtet Kinderpornografie als „Einstiegsdroge für sexuelle Straftaten“. In einem Interview mit der Welt sagt er:

Irgendwann wollen viele das, was sie sehen, selbst betreiben. Kinderpornographie ist für diese Personen der erste Schritt auf dem Weg zum sexuellen Mißbrauch von Kindern. Dem muß zeitig ein Riegel vorgeschoben werden. Bei vielen Sexualstraftätern wurden auch kinderpornographische Bilder gefunden.

Für diese Behauptung gibt es nicht einmal den leisesten Beweis. Zumindest ist mir keine ernst zu nehmende Untersuchung bekannt, die einen ursächlichen Zusammenhang des Konsums von Pornografie und späteren Sexualstraftraten nachweist.

Zwar ist auch die Gegenmeinung nicht belegt, wonach Pornografie sedierend auf potentielle Straftäter wirkt, das heißt Triebstörungen kanalisiert und Straftaten dadurch in der Gesamtzahl verringert. Aber es spricht immerhin vieles dafür, dass die Quote der Sexualstraftaten auch in früheren Gesellschaften, die noch keinen derartigen Zugang zu Pornografie hatten, nicht wesentlich anders war.

Jedenfalls ist der Rückschluss des Ministers, dass ein Pornografiekonsument nicht zum Sexualstraftäter geworden wäre, wenn er keinen Zugang zu pornografischem Material gehabt hätte, abenteuerlich.

Man könnte auch sagen: demagogisch.

ANGESCHWÄRZT

Jemand, der mit einer Alkoholfahne ein Auto zulassen will, riskiert seinen Führerschein. Das Verwaltungsgericht Trier (Pressemeldung vom 23. Juni 2005) bestätigte die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis bei einem Mann, der von einem städtischen Mitarbeiter denunziert gemeldet worden war. Wie Tests ergaben, konsumierte der Betreffende auch andere Drogen.

Das Besondere an dem Fall: Dem Mann konnte nicht nachgewiesen werden, dass er tatsächlich unter Drogeneinfluss Auto gefahren war.

(Danke an Andreas Gilbert für den Link)

ARAG TRENNT SICH

Die ARAG feuert 60.000 Rechtsschutz-Kunden, weil sie angeblich zu klagefreudig sind. Das berichtet Spiegel online. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches. Wunderlich ist nur, dass die ARAG dies auch noch so offen kommuniziert – vielleicht als Abschreckung für Kunden, die gnädigerweise ihre Police behalten dürfen?

Durch die Kündigung entfällt der Rechtsschutz übrigens nie rückwirkend. Alle Rechtsschutzfälle, die bereits eingetreten sind oder bis zum Ablauf der Kündigungsfrist eintreten, muss die Versicherung übernehmen. Und ein anderer Anbieter findet sich entgegen anderslautenden Gerüchten auch immer. Das ist jedenfalls meine Erfahrung.

(Danke an Mathias Schindler für den Link)