KAHLSCHLAG VERBOTEN

Bei Durchsuchungen, zum Beispiel in Anwaltskanzleien, dürfen nicht ohne weiteres sämtliche Daten beschlagnahmt werden. Das Bundesverfassungsgericht sieht vielmehr eine Pflicht der Strafverfolger, wichtige und unwichtige Daten zu trennen. Nur Daten, die für das Verfahren bedeutsam sind, dürfen zurückbehalten werden.

Erneut weist das Verfassungsgericht darauf hin, dass stets der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist. Und erfreulicherweise stellen die Richter auch klar, dass es bei schwerwiegenden und willkürlichen Verfahrensverstößen sogar zu einem Verwertungsverbot kommen kann.

(Meldung bei heise online; Gerichtsbeschluss; danke an Mathias Schindler für den Link)

ZEILE FÜR ZEILE

Du machst dich nicht beliebt, wenn du um die Mittagszeit im Vorraum einer kleinen Bankfiliale für den Monatsauszug einer Anwaltskanzlei das einzige Kundenterminal nutzt. Gilt nur, wenn in dem Terminal noch ein Nadeldrucker eingebaut ist.

DER KURIER VOM AMT

Wenn die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren dem Verteidiger Akteneinsicht gewährt, kann sie dafür eine Kostenpauschale verlangen. Vom Verteidiger. Diese Pauschale beträgt 12 Euro. Geregelt ist das in § 107 Abs. 5 des Ordnungswidrigkeitengesetzes:

Von demjenigen, der die Versendung von Akten beantragt, werden je durchgeführte Sendung einschließlich Rücksendung pauschal 12 Euro als Auslagen erhoben.

Ein findiger Anwalt hat bemerkt, dass in der Vorschrift auch die Rücksendung erwähnt ist. Da die Behörde aber keinen frankierten Rückumschlag mitgeschickt hatte, zog er 1,51 Euro für Porto und Umschlag ab.

Das AG Brandenburg an der Havel gab ihm Recht. Nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes habe die Behörde aus den 12,00 Euro auch die Kosten der Rücksendung zu tragen. Wenn sie keinen frankierten Rückumschlag beifüge oder für einen Transportdienst sorge, dürfe der Anwalt seine Kosten aufrechnen.

Die Parallelvorschrift für andere Aktenversendungen, etwa in Straf- oder Zivilverfahren, enthält Ziff. 9003 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz. Dort ist ausdrücklich festgelegt, dass „Hin- und Rücksendung der Akten als eine Sendung“ gelten. Allerdings wird die Formulierung teilweise wohl so verstanden, dass bei Rücksendung der Akte in mehreren Teilen die Behörde trotz erhöhten Aufwandes bei der Rücknahme keine weitere Pauschalen nehmen darf. Das könnte man aber auch anders sehen…

Wird interessant sein, ob Gerichte, Staatsanwaltschaften und Bußgeldstellen sich tatsächlich aufraffen, die Kosten der Rücksendung zu übernehmen – so wie es dem Wortlaut des Gesetzes entspricht.

Ich tippe eher auf eine schnelle Gesetzesänderung.

(AG Brandenburg an der Havel, Urteil vom 22.02.2005, 22 OWi 325/04)

VORFAHRT FÜR DIE PRESSEFREIHEIT

Der Schleichwerbeskandal in der ARD kam erst mit Zeitverzögerung ans Licht. Denn im Vorfeld wurden Prozesse gegen den Journalisten Volker Lilienthal geführt, welcher mit investigativen Methoden recherchiert hat.

Unter anderem wurde das Wettbewerbsrecht instrumentalisiert. Lilienthal habe „Geschäftsgeheimnisse“ ausgespäht. Das Oberlandesgericht München räumte mit diesem Urteil der Pressefreiheit die Vorfahrt ein.

Näheres im immateriblog.

AN DER TANKE

Kein Tag ist wieder andere. Jedenfalls bei der Dortmunder Polizei:

Unvoreingenommen nahm eine Streifenwagenbesatzung gegen 23.50 Uhr einen Einsatz an einer Tankstelle am Westfalendamm an. Dort hatte sich eine Angestellte gemeldet, ihr war ein Mann aufgefallen, der nur ein Kennzeichen an seinem PKW Daimler montiert hatte und den Wagen gerade mit Wasser auftanken wollte. Dass dieser gerade auf seiner Zeitreise kurz am Westfalendamm vorbeigekommen war und seinem Hobby, dem sog. „Image pressing“ nachging, konnte die Frau ja nicht ahnen.

Die Beamten trafen also auf einen 36-jährigen Dortmunder, der seinen PKW eigentlich mit „Red Bull“ betanken, aufgrund des Preises aber auf Wasser umsteigen wollte. Ohne Umschweife erklärte er, er besäße drei Autos, aber nur ein Kennzeichen. „Weil er so clever sei“, würde er dieses Kennzeichen wahlweise von Wagen zu Wagen wechseln, alles andere wäre zu teuer und zu umständlich.

Die Geschichte geht noch weiter – im offiziellen Polizeibericht.

(Link gefunden im lummaland)

NÄHERUNGSWERTE

Das Bayerische Polizeiverwaltungsamt erklärt mir, wie ein Abstandsverstoß zustande kommt:

Geschwindigkeit des Betroffenen (Zeitspiegelung in 1/100 Sek.): Zeitliche Differenz aus Bild 1 (Vorderachse des Betroffenen an 1. Messlinie) und Bild 2 (Vorderachse des Betroffenen an der 2. Messlinie). Abstand zum Vorausfahrenden: Zeitliche Differenz aus Bild 3 (Hinterachse des Vorausfahrenden an der 2. Messlinie) und Bild 2 (Vorderachse des Betroffenen an der 2. Messlinie).

Hm, ja.

Mache ich morgen.

WO WAR DER DOPPELTE BUCHRÜCKEN ?

Spiegel online zu Rücktrittsplänen des Bundeskanzlers:

Es sei ein „ernsthaftes Szenario“ erstellt worden, demzufolge Gerhard Schröder als Kanzler zurücktreten und durch SPD-Chef Franz Müntefering ersetzt werden soll. … Dieser werde dann versuchen, bis zum regulären Ende der Legislaturperiode im Herbst 2006 einen Stimmungswechsel bei den Wählern zu erreichen.

Bis gerade ging es mir noch gut.

UNTERHALT FÜR ELTERN

Kinder können nur in bestimmten – engen – Grenzen zum Unterhalt ihrer sozialhilfebedürftigen Eltern herangezogen werden. Die lang erwartete Gerichtsentscheidung ist hier veröffentlicht.

Allerdings darf die Entscheidung nicht so verstanden werden, als sei damit die Unterhaltspflicht endgültig vom Tisch. Dazu war der entschiedene Fall auch zu extrem. Was sich ja auch in den drastischen Worten spiegelt, die das Verfassungsgericht für das angefochtene Urteil findet.

EINE WOCHE

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf liebt Stellungnahmen kurz vor dem Verhandlungstermin. Oder wie soll man diesen Hinweis auf den Schreiben verstehen:

Es wird dringend gebeten, Schriftsätze eine Woche vor Termin der Gegenseite unmittelbar zuzuleiten und dem Gericht entsprechenden Übersendungshinweis zu übermitteln.

Vielleicht ist, unabhängig von Fragen der Grammatik, aber auch „ab eine Woche vor Termin“ gemeint.

ANZEIGE GEGEN RICHTER

Ein Richter und ein Staatsanwalt in Halberstadt sind wegen Strafvereiteilung im Amt angezeigt worden. Drei Professoren gehen so gegen die Juristen vor, weil diese zu milde mit zwei Rechtsradikalen gewesen sein sollen. Den Tätern wird vorgeworfen, mit anderen ein Jugendzentrum überfallen und einen Besucher schwer am Kopf verletzt zu haben.

Näheres bei beck-aktuell.

LL.M. INFORMATIONSRECHT

Nach der erfolgreichen Premiere im letzten Jahr bietet die Heinrich-Heine-Universität wieder den weiterbildenden Studiengang “Master of Laws / LL.M. Informationsrecht” an. Maximal 25 Studenten können in Abend- und Wochenendkursen den Abschluss erwerben. Nähere Informationen und weiterführende Links gibt es hier. Bewerbungsschluss ist am 15. August 2005.