Meine erste Begegnung mit dem Mordparagrafen ist erfolgreich verlaufen. Die Strafvollstreckungskammer eines Landgerichts hat den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Feststellung der besonderen Schwere der Schuld zurückgewiesen. Dies hätte möglicherweise dazu geführt, dass die Mindestverbüßungsdauer von normalerweise 15 Jahren angehoben worden wäre. Auf 19 Jahre, zum Beispiel.
Zum Hintergrund:
Das Bundesverfassungsgericht hat 1991 entschieden, dass die lebenslange Freiheitsstrafe bei Mord nur dann verfassungsmäßig ist, wenn dem Verurteilten Hoffnung auf Bewährung verbleibt. Über diese Bewährung soll regelmäßig erstmals nach 15 Jahren Haft entschieden werden. Wenig später wurde dann gesetzlich geregelt, dass das Gericht im Urteil eine besondere Schwere der Schuld feststellen kann. Geschieht dies, kann die Mindesthaftdauer von 15 Jahren überschritten werden. Bewährung kommt dann erst später in Frage.
Bei Verurteilungen vor 1991 hatten die Gerichte noch keine Schwere der Schuld geprüft. Das hat zur Folge, dass dies jetzt nachträglich die Strafvollstreckungskammern übernehmen müssen. Heikel wird dies dadurch, dass ca. 14 Jahre nach einer Tat ein Gericht noch einmal in die Prüfung einsteigen muss, wie alles abgelaufen ist und ob die Tat von anderen Morden so stark abweicht, dass eine Haftentlassung nach 15 Jahren nicht akzeptabel erscheint.
Das Gericht war in meinem Fall der – korrekten – Auffassung, dass man sich nicht 14 Jahre später über die Feststellungen des Urteils hinwegsetzen und eine völlig Neubewertung vornehmen darf. Es hat im Kern also nur geguckt, ob die damaligen Feststellungen eine besondere Schwere der Schuld ergeben hätte, hätte diese Prüfung seinerzeit angestanden.
Die Antwort war ein (relativ) klares Nein.