FLURFUNK

Zwischennachricht vom Gerichtsflur des Amtsgerichts Duisburg. Der Gerichtsvollzieher bemüht sich gerade, von der Richterin einen Durchsuchungsbeschluss zu bekommen. Wir wollten heute auf einem Betriebsgelände einige Kohlenhalden, Schaufellader und Bulldozer pfänden. Offensichtlich auch keine gewöhnliche Aktion für die wirklich engagierten Gerichtsvollzieher. Denn dem zuständigen Kollegen schlossen sich gleich drei weitere an, um ihn zu unterstützen.

Wie zu erwarten, hat die Schuldnerin der Durchsuchung widersprochen. Und so kommt es, dass wir jetzt auf dem Gerichtsflur harren und hoffen, dass trotz des nahenden Wochenendes noch die Unterschrift eines Richters zu bekommen ist.

Note 2 myself: Bei der nächsten Vollstreckung im Duisburger Hafen Gummistiefel mitnehmen.

UMGEHEND

Mail von einer Prozessgegnerin:

Sehr geehrter Herr Kollege Vetter,

ich nehme Bezug auf das mit Ihrem Sekretariat geführte Telefonat. Bitte lassen Sie mir umgehend die Antragsschrift per Telefax zukommen. Ich gehe davon aus, dass dies morgen geschieht.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen
Rechtsanwältin

Ich hatte es schon veranlasst. Obwohl ich nicht dazu verpflichtet bin. Aber bei dem Ton überlege ich mir ernsthaft, ob ich es nicht sein lasse.

SOFORT UND OHNE ABZUG

Der Laboratoriumsarzt berechnet € 47,44:

Nach § 12 GOÄ ist der Rechnungsbetrag sofort und ohne Abzug fällig. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Für kurze Zahlungsziele habe ich erhöhtes Verständnis …

GEDANKENSPIELE

Ich überlege, ob sich ein Mandant, der bei der Einfuhr von Betäubungsmitteln auf dem Amsterdamer Flughafen erwischt wurde, nicht besser darum kümmert, in den Niederlanden verurteilt zu werden.

Das dürfte allemal glimpflicher ausgehen als das Verfahren, welches der Betroffene seit seiner Rückreise nach Deutschland hier in Düsseldorf an der Backe hat. Mit einer Verurteilung in Holland dürfte Strafklageverbrauch eintreten, so dass der Mann in Deutschland nicht erneut zur Verantwortung gezogen werden kann.

Die Frage ist nur, ob die holländischen Behörden das bereits eingestellte Verfahren wieder aufnehmen. Wäre schon interessant, wie die reagieren, wenn ein Betroffener geradezu um Bestrafung bittet.

VORBESTRAFT

Schon mal die Brille gesucht, obwohl sie auf der Nase sitzt? So ging es mir gerade beim Anruf eines Mandanten. Für den hatte ich im Wege der Verständigung eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen erreicht. Jetzt rief er an und fragte, ob die Strafe nicht vielleicht besser 89 Tagessätze gewesen wäre, weil doch alle Strafen ab 90 Tagessätzen ins Führungszeugnis aufgenommen werden und man sich nicht mehr als nicht vorbestraft bezeichnen darf.

Das sorgte bei mir dann doch für etwas Verwirrung. Allerdings half hier, wie so häufig, ein Blick ins Gesetz. Dort steht, dass „Geldstrafen von nicht mehr als 90 Tagessätzen“ nicht ins Führungszeugnis aufgenommen werden (§ 32 Abs. 2 Ziff. 5 a Bundeszentralregistergesetz). Die Grenze liegt also bei 91 Tagessätzen.

Und jetzt gehe ich meine Brille suchen.

AUSGELIEFERT

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt über den europäischen Haftbefehl. Jeder Deutsche kann in ein EU-Land ausgeliefert werden, wenn die Strafverfolgungsbehörden dort einen Haftbefehl ausstellen. Ob die vorgeworfene Tat nach deutschem Rechts strafbar wäre, spielt dabei kaum eine Rolle.

Focus berichtet über die Verhandlung, schildert einige praktische Beispiele und zeigt auf, wie arg- und sorglos die Bundestagsabgeordneten mit der Materie umgingen.

HAUPTVERSAMMLUNG

Auf dem Weg nach Velbert habe ich auf WDR 5 Münteferings Aufruf zum Klassenkampf gehört.

Er klang wie der Schatzmeister auf der Jahreshauptversammlung eines Männergesangvereins. Was er allerdings sagte, sollte eigentlich reichen, um ihn vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen.

HEUTE ABEND

Heute Abend halte ich einen Vortrag über „Probleme rund um den Mietvertrag“. Schauplatz ist Velbert – Langenberg. Näheres in der WAZ.

ERINNERUNG

Es war eine erfreuliche Vernehmung. Aus Sicht der Verteidigung. Die Polizistin, die bei einer tätlichen Auseinandersetzung eingeschritten war, hatte keine Erinnerung. Sie kriegte gerade noch auf die Reihe, dass neben einigen Bretterbuden ein T-Shirt und ein blutbeflecktes Messer gefunden worden waren. Ansonsten sagte ihr die Sache rein gar nichts mehr: „In der Altstadt haben wir täglich Schlägereien.“

Das Gericht monierte, in freundlichem Ton, ein Polizist habe sich auf seine Vernehmung vorzubereiten. Was ja nur heißen kann, dass er vor seiner Aussage erneut in die Akte gucken soll. Schon darüber kann man streiten. Schließlich sollen auch Polizisten nur das aussagen, was sie in Erinnerung haben. Wenn sie ihre Erinnerung auffrischen, sagen sie eher das aus, was in der Akte steht – auch wenn sie ansonsten nichts mehr auf die Reihe kriegen würden.

In diesem Fall hatte die Beamtin aber keinen Zugriff auf die Akte. Den Grund erwähne ich nicht, weil ich keine Zeit habe, mit dem Polizeipräsidium zu diskutieren. Der Staatsanwältin blieb nur der Appell, dass sich die Polizistin melden soll, falls ihr noch etwas einfällt. Sie sei auch am nächsten Vehandlungstag willkommen. Der Richter untermauerte das mit dem Hinweis, das menschliche Gehirn funktioniere auch nicht anders wie ein Computer. Daten seien meisten nur verschütt, aber in den seltensten Fällen komplett gelöscht.

Ich konnte mir nicht helfen. Das klang für mich im Klartext wie: Treiben Sie die Akte auf, lesen Sie alles noch mal durch, dann steht Ihnen bestimmt wieder alles klar vor Augen.

Deshalb erlaubte ich mir den Hinweis an die Polizistin, dass sie wirklich nur das sagen darf, woran sie sich tatsächlich erinnert. Und dass sie schon erklären müsste, woher nach so langer Zeit der – von anderer Seite erhoffte – Flash gekommen ist.

Was wiederum das Gericht verägerte. Die Beamtin sei doch schon Jahre im Dienst, wurde ich belehrt. Sie wisse also sehr genau, was ihre Pflichten sind.

Ich hoffe trotzdem, dass meine Botschaft angekommen ist. Im Rausgehen sah die Polizistin jedenfalls nicht so aus, als hätte sie große Lust auf ein Nachspiel in der nächsten Woche.

SPRACHPROBLEME

Ärgerlich, wenn wenn Anwälte nicht daran denken, dass ihre Partei kein Deutsch spricht. Und der Richter trotzdem auf persönlicher Anhörung beharrt. Noch ärgerlicher, wenn das Gericht in einer so kleinen Stadt liegt, dass man dort auf die Schnelle keinen Dolmetscher auftreiben kann.

Ganz zu schweigen von den 130 Kilometern, die ich in einigen Wochen noch mal abreißen darf.

GELASSEN

Eine Rechtsanwältin teilt mit, dass sie namens und im Auftrag ihres Mandanten gegen eine einstweilige Anordnung Vollstreckungsabwehrklage erheben wird.

Dem sehe ich gelassen entgegen.

FREIHEIT – SOFORT

Die Presse, zum Beispiel die FAZ, zeigt sich verwirrt: Ein mutmaßliches Mitglied der Wettmafia war zwei Stunden auf freiem Fuß – bevor es nach einer Beschwerdeentscheidung des Landgerichts wieder in Haft genommen wurde.

Das „dubiose Verwirrspiel“ ist allerdings gar keines. Es hat seine Stütze im Gesetz. Ein Beschuldigter muss unverzüglich freigelassen werden, wenn die Voraussetzungen für einen Haftbefehl nicht mehr vorliegen. So bestimmt es § 120 Strafprozessordnung.

Hierüber entscheidet der Ermittlungsrichter beim Amtsgericht. Das macht er ganz allein. Niemand kann ihm reinreden. Hebt er den Haftbefehl auf, darf die Staatsanwaltschaft zwar Beschwerde einlegen. Aber § 120 Abs. 2 der Strafprozessordnung sieht für diesen Fall ausdrücklich vor, dass ein Rechtsmittel die Freilassung des Beschuldigten nicht aufhalten darf.

Liberalen Ermittlungsrichtern, die schon mal unter der Knute des übergeordneten Landgerichts leiden, kann man mitunter durch Hinweis auf diese Vorschrift schmeicheln. Wenn man dann im Haftprüfungstermin noch dem Mandanten die Prügelstrafe und eine Honorarverdoppelung für den Fall androht, dass er abhaut, fasst sich der Richter vielleicht ein Herz.

Und sehr häufig lässt der Staatsanwalt dann sogar die Beschwerde sein. Vielleicht auch nur deswegen, weil die Nachricht über die Aufhebung des Haftbefehls ihn erst Tage später erreicht. In diesem Fall kann man für sich einen kleinen, für den Mandanten häufig aber einen entscheidenden Erfolg verbuchen. Denn wer aus der Freiheit in einen Strafprozess geht, steht auch beim Ergebnis immer sehr viel besser da.

UNSCHULDIG

Ich kann Leute nicht leiden, die an ihren Faxgeräten die Uhr nicht auf Sommerzeit umstellen. Oder deren Apparate sogar einen ganzen Tag nachgehen. Nachher muss ich einen Mandanten davon überzeugen, dass ich das wichtige Schreiben nicht 25 Stunden im Büro herumliegen ließ.

Ich hoffe, es gelingt.

JURISTEN-STREIT

Vor Gericht streitet man sich weiter um den Präsidentenposten am Oberlandesgericht Köln. Mittlerweile gibt es sogar veritable Nebenkriegsschauplätze: Ermittlungen wegen Falschaussage – ebenfalls gegen nordrhein-westfälische Topjuristen. Näheres im Express.