Ich bin bekanntlich der Überzeugung, dass Staatsanwaltschaften rechtswidrig handeln, wenn sie sich bei der Aufklärung möglicher Urheberrechtsverletzungen von der GVU helfen lassen. Schließlich ist es widersinnig, sich ausgerechnet von einem Interessenverband der vermeintlich Geschädigten darüber beraten zu lassen, ob ein Verstoß vorliegt oder nicht.
In einem ähnlich gelagerten Fall äußert die Datenschutzbeauftrage des Landes Nordrhein-Westfalen Bedenken, dass Staatsanwälte ausgerechnet die Geschädigten heranziehen, um einen Tatverdacht zu erhärten. Konkret ging es darum, dass die Staatsanwaltschaft wegen eines Verdachtes auf Abrechnungsbetrug durch einen Pflegedienst der Krankenkasse die kompletten Patientenakten zur Auswertung geschickt hatte.
Unter anderem kritisiert die Datenschutzbeautragte in ihrem Bericht 2005 (PDF, Textseite 91):
Sachverständige dürfen jedoch personenbezogene Daten, die sie aus der Durchführung ihrer Sachverständigentätigkeit zur Kenntnis erhalten, nicht für anderweitige Zwecke nutzen, insbesondere nicht für die Verfolgung eigener Rechtsansprüche.
Im vorliegenden Fall hat die Staatsanwaltschaft zugesichert, in künftigen Fällen den Bedenken der Datenschutzbeauftragten Rechnung zu tragen. Ich bin gespannt, wie die Antwort in GVU-Fällen ausfällt.
Der komplette Abschnitt aus dem Datenschutzbericht steht hier:
Aus dem Datenschutzbericht NRW 2005:
„9.4 Auswertung von Patientenakten durch geschädigte Krankenkassen bei Betrugsvorwurf
Zur Aufklärung von Betrugsvorwürfen gegen einen privaten Pflegedienst hatte eine Staatsanwaltschaft angeordnet, sämtliche Abrech-nungsunterlagen mit Patientendaten den betroffenen Krankenkassen zuzuleiten, damit diese als „Sachverständige“ die Unterlagen auswerten konnten. Es bestand der Verdacht, dass Pflegeleistungen bewusst fehlerhaft abgerecht worden waren. Der private Pflegedienst, gegen den ermittelt wurde, ist über diese Maßnahme nicht informiert worden. Ebenso wenig wurden Schweigepflichtentbindungserklärungen der betroffenen Patientinnen und Patienten eingeholt. Die zuständige Staatsanwaltschaft vertrat die Ansicht, dass die geschädigten Krankenkassen als externe Sachverständige im Sinne der §§ 72 ff. StPO zulässigerweise in die Ermittlungen einbezogen worden seien, um ihr Erfahrungswissen im Auftrag der Staatsanwaltschaft zu vermitteln. Diese Auffassung ist mehr als problematisch, da die Geschädigten auf diese Weise in eigener Sache den Gang der Ermittlungen beeinflussen konnten. An dem Vorgehen der Staatsanwaltschaft war zunächst zu kritisieren, dass den Krankenkassen die gesamten Patientenakten ohne Vorauswahl übersandt wurden. Hier hätte es einer vorherigen Prüfung bedurft, welche Teile der Patientenakten – etwa hinsichtlich bestimmter verdächtiger Abrechnungszeiträume – den Krankenkassen für die angestrebte Prüfung zwingend zur Verfügung zu stellen waren. Auch wäre es erforderlich gewesen, die Krankenkassen schriftlich darauf hinzuweisen, dass eine eigenständige Nutzung der zur Verfügung gestellten Daten – etwa zur Vorbereitung einer zivilrechtlichen Schadensersatzklage – nicht erfolgen dürfe und das Ergebnis der Überprüfung ausschließlich der auftraggebenden Staatsanwaltschaft zu berichten war. Mündliche Hinweise reichen insoweit nicht aus. Die Krankenkassen hatten hier lediglich einen allgemeinen Hinweis auf die notwendige Wahrung des Schutzes der persönlichen Daten der Patientinnen und Patienten erhalten. Berechtigte Regressansprüche gegen eine vermeintliche Schädigerin beziehungsweise einen vermeintlichen Schädiger sollen hierbei natürlich nicht ausgeschlossen werden: Den Geschädigten ist es unbenommen, Hinweisen auf unkorrekte Abrechnungen, die in einer strafgerichtlichen Hauptverhandlung öffentlich bekannt werden, im Wege einer Einsicht in die Ermittlungsakten – die freilich separat zu beantragen wäre – nachzugehen. Sachverständige dürfen jedoch personenbezogene Daten, die sie aus der Durchführung ihrer Sachverständigentätigkeit zur Kenntnis erhalten, nicht für anderweitige Zwecke nutzen, insbesondere nicht für die Verfolgung eigener Rechtsansprüche. Die verantwortliche Staatsanwaltschaft hat zugesichert, in künftigen Fällen die mit der Auswertung von Unterlagen betrauten Sachverständigen schriftlich auf diese Anforderungen hinzuweisen und vor der Überlassung der Unterlagen an die Gutachter selbst eine Vorauswahl zu treffen, welche Dokumente für die Begutachtung tatsächlich erforderlich sind.“