VIEL ZEIT

Ich: ellenlange Anzeige wegen komplexer Wirtschaftsdelikte.

Staatsanwaltschaft: “ … ist eingegangen“.

Ich: Anregung auf Durchsuchungen und einen Haftbefehl.

Staatsanwaltschaft: „… sind strafprozessuale Maßnahmen derzeit nicht geplant.“

Ich: Antrag auf Akteneinsicht.

Staatsanwaltschaft: „Die angeforderten Akten liegen an. Es wird um Rückgabe bis zum 7. März 2005 gebeten.“

Man gedenkt also, sich in der Sache viel Zeit zu lassen. Schön durch die Blume gesagt.

ABGEKÜHLT

Post von meiner Online-Videothek:

Sehr geehrte OVIDEO Mitglieder,

Wir möchten Ihnen auf diesem Wege unsere neue Transportversicherung vorstellen, die seit unserer Umstellung auf die neuen Volumentarife verfügbar ist. Die Transportversicherung dient dem Zweck, Sie vor einer Verlustrechnung Ihrer
DVD-Rücksendung zu bewahren, falls diese auf dem Postweg von Ihnen zu uns verloren geht.

Für nur 5€ im Monat haben Sie jetzt die Möglichkeit sich dagegen abzusichern, es ist Ihnen dabei völlig selbst überlassen ob Sie die Transportversicherung buchen oder nicht, Sie sind dazu nicht verpflichtet, die Vorteile liegen aber im Ernstfall klar auf der Hand.

Ich hafte also, wenn auf dem Rückweg bei der Post DVDs verloren gehen, beschädigt oder geklaut werden? Davon hatte ich bei der Anmeldung in den „FAQ“ gar nichts gelesen. Ach, dort ist diese Regelung ja auch nicht erwähnt. Sondern nur im Kleingedruckten, den „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ (AGB).

Ein kurzer Check bei der Konkurrenz ergibt, dass Mitbewerber die Sache kundenfreundlicher handhaben. Sie übernehmen die volle Haftung für den Transport, so wie sich das für einen Rundumservice eigentlich auch gehört.

Vielleicht sollte man sich bei OVIDEO auch vorher fragen, ob es Sinn macht, den Kunden bei jeder Rücksendung zittern zu lassen, dass ihn ein verlorener Umschlag mal locker 5 x € 20,00 Schadensersatz kosten kann. Diesen Betrag berechnet OVIDEO pauschal für jede verlorene DVD. (Weil der Kunde nicht die Möglichkeit hat, einen niedrigeren Schaden nachzuweisen, ist die Klausel übrigens unwirksam, § 309 Ziff. 5 BGB).

Sehen wir es mal realistisch. Auf der Rücksendung können DVDs nur verloren gehen, wenn sie vorher beim Kunden angekommen sind. Schon hier dürften die Beweisschwierigkeiten für OVIDEO anfangen. Einen Beleg für die Zusendung mit einfacher Post hat die Firma nicht. Wie will OVIDEO außerdem die Möglichkeit ausschließen, dass die Rücksendung im eigenen Haus unter die Räder gekommen ist?

Nicht, dass ich jetzt sofort kündige. Im Vergleich zu meinen anderen Erfahrungen Netleih (zu langsam) und Amango (klasse, aber seit der Tarifumstellung schlicht überteuert) bietet OVIDEO nämlich guten Service zu einem fairen Preis. Aber die E-Mail, auch die Formulierung, hat meine Zufriedenheit schlagartig so weit abgekühlt, dass ich mir Alternativen zumindest mal anschauen würde.

So schnell kann’s gehen.

ABLENKUNG

In seinen Strafprozessen hat sich ein 58-jähriger Richter aus Oklahoma offenbar so gelangweilt, dass er Ablenkung suchte. Ihm wird nun vorgeworfen, sich mit einer Vakuumpumpe selbst befriedigt zu haben, berichten die Yahoo News. Wegen ungebührlichen Verhaltens soll dem Richter der Prozess gemacht werden. Er ist mittlerweile im Ruhestand.

(Danke an Papakiesel und einen weiteren Leser – Mail habe ich verschusselt – für den Link)

RECHTHABER

Falk van Helsing nimmt die Absurditäten im Juristendeutsch aufs Korn und hat ein Buch darüber schrieben: „Käse ist Käse im Sinne der Käseverordnung“ (Eichborn, 120 Seiten; 7,95 Euro). Das Hamburger Abendblatt sprach mit dem Autor.

(Danke an Volker für den Link)

RENITENT

Ein Jugendamt in Ostdeutschland ist der Meinung, dass es sich nicht an Gerichtsentscheidungen zu halten hat. Nicht einmal an einstweilige Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts. Jedenfalls mussten die höchsten Richter unseres Landes dem Jugendamt, das sich gegen ein in Karlsruhe bestätigtes vorläufiges Umgangsrecht für einen Vater wandte, mit Beschluss vom 1. Februar 2005 darüber belehren, dass der Widerspruch gegen die einstweilige Anordnung schlicht unzulässig ist.

Verärgert ist das Gericht auch darüber, dass die Beamten seiner Anordnung nicht Folge leisten:

Nach alledem ist die Haltung der Widerspruchsführer, dem Beschwerdeführer den Umgang trotz entgegenstehender einstweiliger Anordnung des Bundesverfassungsgerichts zu verweigern, in keiner Weise zu rechtfertigen. Dafür, dass der Widerspruchsführer zu 1 als Teil der öffentlichen Verwaltung seine Bindung an Recht und Gesetz in der gebotenen Weise berücksichtigen wird, haben nötigenfalls die ihm übergeordneten Behörden Sorge zu tragen.

Auch die selbstherrlichen Richter des Oberlandesgericht Naumburg hat das Verfassungsgericht in dieser Sache schon zurechtgestutzt. Mehr dazu in diesem law blog – Beitrag.

(Danke an Uwe Tetzlaff für den Hinweis)

REICH UND SMART

Wenn gut verdienende, ledige Frauen von ärmeren Männern ein Kind bekommen und sich später der Erziehung widmen, stellt sich mitunter ein juristisches Problem. Der gesetzliche Unterhalt, den die Frau verlangen kann, richtet sich nämlich grundsätzlich nach ihrem früheren Lebensstandard – nicht nach dem Einkommen des Mannes.

Wie aber soll , sagen wir mal rein fiktiv, ein smarter PR-Fuzzi ohne nennenswerten Kündigungsschutz, der sein karges Einkommen ohnehin schon durch die Moderation von Kleintierzüchterevents und Wetteransagen aufbessern muss, den Unterhalt einer ehemals hoch dotierten investigativen Journalistin bezahlen?

Wenn man es genau nimmt, müsste das Einkommen des Pressesprechers bis auf den so genannten Selbstbehalt an die Reporterin fließen. Ihm bliebe also nur das Existenzminimum von knappen 900 Euro.

Der Bundesgerichtshof kommt den armen Männern aber in einem Urteil entgegen. Auch in diesen Fällen, entschieden die obersten Richter im Dezember 2004, gilt der Halbteilungsgrundsatz. Das heißt, mehr als die Hälfte von seinem Einkommen muss der Mann auf keinen Fall an die Frau zahlen. Der Unterhalt fürs Kind geht aber, wie üblich, schon vorher ab.

(Urteil, Pressemittelung des Gerichts; Link gefunden in den Lichtenrader Notizen)

MATHE-NACHHILFE

Das Bundesarbeitsgericht hat im Dezember 2003 eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm aufgehoben. Weniger aus juristischen, denn aus mathematischen Gründen. Im Urteil müssen die Bundesrichter den Kollegen nämlich erklären (oder es zumindest versuchen), wie man einen Durchschnitt ermittelt:

„Zu Recht rügt die Revision, dass der Durchschnitt üblicherweise durch das Mittel aus über- und unterdurchschnittlichen Werten gebildet wird. Ließe man alle überdurchschnittlichen Werte unberücksichtigt, so entspräche, wie die Revision mit Erfolg geltend macht, der Durchschnitt stets dem niedrigsten Wert.“

(Link gefunden bei Streitsache)

RECHT UND RECHTS

Heißt es Schadenersatz? Oder Schadensersatz? Diese Frage wirft, da professionell betroffen, Margaret Marks auf. Mein elektronischer Duden kennt beide Schreibweisen. Es steht auch nicht dabei, dass eine den Vorzug verdient.

Ich schreibe Schadensersatz. Das klingt eingängiger.

Bei einem anderen juristischen Wort gibt es übrigens kein Vertun. Es heißt Rechtsprechung, nicht Rechtssprechung. Vielleicht sollte Sprachwächter Sick vom „Zwiebelfisch“ das mal seinen schreibenden Kollegen näher bringen. Alleine Google News liefert 10 Seiten aktuelle Rechtschreibfehler (noch so ein Wort!).

Nachtrag: Zum Fugen-S gibt es bereits einen Zwiebelfisch (Hinweis von Jens in den Kommentaren).

BAHN-GUTSCHEINE

Achtung, wenn die Bahn wegen Verspätungen oder anderem Kundenfrust “Reise-Gutscheine” ausstellt. Die laufen angeblich bereits nach einem Jahr ab, berichtet der FINBLOG.

VOLMERS ATTACKE

Noch was Lustiges über unsere Politiker und ihre Anwälte:

Ludger Volmer wehrt sich juristisch gegen die Behauptung, ihn umgebe der „Modergeruch der Korruption“. Das hatte der CDU-Politiker Eckhart von Klaeden im Visa-Untersuchungsausschuss des Bundestages gesagt.

Volmers Anwälte verlangen, dass von Klaeden eine Unterlassungserklärung abgibt. Spiegel online zitiert aus dem Schreiben:

„Der Begriff Korruption ist scharf, eindeutig und im Sinne des Strafgesetzbuches definiert. Sie haben damit den Strafbestand der üblen Nachrede erfüllt“

Diese Argumentation dürfte sich als Eigentor erweisen. Denn im Strafgesetzbuch steht auch der § 36, und er ist ebenso scharf und eindeutig formuliert:

Mitglieder des Bundestages, der Bundesversammlung oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes dürfen zu keiner Zeit wegen ihrer Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die sie in der Körperschaft oder in einem ihrer Ausschüsse getan haben, außerhalb der Körperschaft zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen.

Hilfreich wäre vor bösen Schreiben auch ein Blick ins Grundgesetz. Art. 46 Abs. 1 regelt präzise, scharf und eindeutig Folgendes:

Ein Abgeordneter darf zu keiner Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die er im Bundestage oder in einem seiner Ausschüsse getan hat, gerichtlich oder dienstlich verfolgt oder sonst außerhalb des Bundestages zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen.

Fragt sich also nur, ob die Äußerung von Klaedens eine „verleumderische Beleidigung“ ist. Die Verleumdung ist in § 187 Strafgesetzbuch geregelt. Voraussetzung ist, dass der Täter seine Behauptung „wieder besseres Wissen“ aufstellt.

Wie man dem CDU-Politiker anhängen will, dass er von der Unschuld Volmers weiß, aber das Gegenteil behauptet, ist rätselhaft.

Ziemlich skurril aus juristischer Sicht ist es aber, wenn Volmers Anwälte die Erklärung selbst nur als „üble Nachrede“ qualifizieren. Die üble Nachrede (§ 186 Strafgesetzbuch) unterscheidet sich von der Verleumdung nämlich nur dadurch, dass sie keine ist. Mit anderen Worten: Die ehrverletztende Behauptung muss nicht „wider besseres Wissen“, sondern kann auch in gutem Glauben oder (fahrlässig) ohne Faktenkenntnis aufgestellt worden sein. Die üble Nachrede ist also weniger, die Verleumdung mehr.

Eine „üble Nachrede“, wie sie Volmers Anwälte diagnostizieren, reicht aber nach § 36 Strafgesetzbuch und Art. 46 Grundgesetz gerade nicht, um einen Abgeordneten zur Rechenschaft zu ziehen.

Besser kann man sich wohl nicht selbst ins Knie schießen.

ERSTE VORLADUNGEN ?

Durchs Forum von gulliboard.de geistert die Meldung, dass Nutzer der ftpwelt.com schon Vorladungen zur Kripo erhalten haben. Richtig konkret sind die Angaben aber nicht. Ich habe bislang keine Vorladung gesehen. Und auch nichts von Hausdurchsuchungen oder anderen „Maßnahmen“ gehört.

Noch einmal kurz zur Verhaltensstrategie in Ermittlungsverfahren:

Jeder Beschuldigte hat ein umfassendes Schweigerecht. Er muss gar nichts sagen, und das kann ihm auch später nicht angelastet werden. Er hat das Recht, vor einer möglichen Aussage einen Verteidiger zu befragen und über diesen ggf. Akteneinsicht zu nehmen. Da sollte man sich auch nicht durch Sprüche wie „Legen Sie die Karten doch auf den Tisch, später wird es nur schlimmer“ oder „Wir wollen doch nur Ihr Bestes“ aus der Ruhe bringen lassen. Ich empfehle meinen Mandanten für solche Fälle, entschlossen die Arme zu verschränken und Flachsinn frech zu kontern:

– „Mein Anwalt ist so teuer, der kann für sein Geld ruhig mal was tun.“

– „Mehr als eine Nacht können Sie mich aus eigener Gewalt mich sowieso nicht einsperren. Wenn sich dann aber herausstellt, dass Sie mir in der ganzen Zeit ohne Grund Kontakt mit meinem Anwalt verweigert haben und noch nicht mal ein ausreichender Verdacht vorliegt, könnte das für Sie ziemlich unerfreuliche Konsequenzen haben. Aber über Ihre berufliche Zukunft entscheiden natürlich Sie …“

Auch Zeugen, zum Beispiel Eltern, Geschwister oder Nachbarn, sind nicht verpflichtet, Polizeibeamten gegenüber irgendeine Auskunft zu geben oder diese am Küchentisch zu bewirten. Ich weiß, das deutsche TV und auch viele Polizeibeamte stellen es anders dar. Aber tatsächlich hat ein Polizist keinerlei Recht, einen Zeugen zu einer Aussage zu zwingen. Vielmehr muss ein Zeuge nur aussagen, wenn er vom Staatsanwalt vorgeladen wird. Und dann kann er schon mal einen Anwalt mitbringen.

Bei Durchsuchungen dürfen Beamte in der Regel nicht verbieten, dass ein Anwalt informiert wird. Außerdem sollte man darauf bestehen, dass ein unbeteiligter Zeuge hinzugezogen wird. Wenn eines von beiden verweigert wird, sollte man erklären, jetzt gehen zu wollen. Sofern keine Haft- oder Festnahmegründe vorliegen, können die Beamten dies nicht verhindern. Auch den folgenden Anruf vom Nachbarn nicht. Wenn sie sich weigern, hilft es schon mal, die Stichworte „Freiheitsberaubung“ und „Verwertungsverbot wegen rechtswidriger Durchsuchung“ parat zu haben. Auf keinen Fall aber eine köprerliche Auseinandersetzung provozieren, sondern lieber dafür sorgen, dass der Zeuge alles mitbekommt.

Kein Betroffener oder Zeuge ist verpflichtet, aktiv an einer Durchsuchung mitzuwirken. Es gibt insbesondere keine Pflicht, Passwörter zu nennen oder zu sagen, wo sich bestimmte Unterlagen befinden. (Andererseits besteht dann die Gefahr, dass mehr mitgenommen wird als eigentlich erforderlich.)

Die größte Gefahr bei Durchsuchungen ist, dass Beamte diese gerne nutzen, schon mal mit dem Beschuldigten zu „plaudern“. Die Angaben landen dann in einem Vermerk und wirken als halbes Geständnis. Während einer Durchsuchung sollte man deshalb grundsätzlich möglichst schweigsam sein und von vornherein klarstellen, dass man sich nicht zur Sache äußern will.

(Danke an Jens für den Hinweis)

KOSTENFALLE

Wer auf seinem Anrufbeantworter einen Text laufen lässt, der das Wort „Ja“ enthält, kann in eine kuriose Kostenfalls geraten. Nach diesem Bericht werden R-Gespräche dann mitunter durchgestellt und berechnet.

Dabei ist die Rechtslage an sich nicht kompliziert. Das „Ja“ ist nicht die erforderliche Willenserklärung, die für einen (vertraglichen) Vergütungsanspruch erforderlich ist. Die Ansage kommt von einer Maschine und sie hat erkennbar nichts mit dem Vertragsangebot (Annahme eines kostenpflichtigen R-Gesprächs) zu tun.

Die Gebühren dürfen nicht berechnet werden. (Wer vor Gericht was beweisen muss, ist eine andere Frage.)

(Link gefunden bei neues aus schwabenheim)