Meine Kollegin hatte Samstag ihr Auto um die Ecke geparkt, ziemlich dicht vor einem Laternenmast. Als sie wieder zum Wagen kam, lag ein Fahrrad auf der Kühlerhaube. Das Rad war an den Laternenmast gekettet. Samstag war ein stürmischer Tag.
Ein dicker Kratzer in der Motorhabe, das Scheinwerferglas gesplittert. Mein Rat: „Ruf´ die Polizei.“ Die interessierte sich allerdings nicht für den Fall. Keine Straftat, sondern eine rein zivilrechtliche Angelegenheit. Nicht ganz von der Hand zu weisen.
Da in den umliegenden Häusern niemand aufmachte oder sich für das Fahrrad verantwortlich fühlte, blieb nur eins: das Rad sichern, und zwar mit einem schönen, dicken Schloss. Und ein Zettel dazu mit Adresse und Handynummern.
Sonntagnachmittag dann der zu erwartende Anruf. Xanthippe tobt am Telefon und droht mit der Polizei. Selbstjustiz wäre das, jawohl. Doch bei den Kollegen in Grün, die jetzt wenigstens rauskommen, erhält sie eine Abfuhr. Die finden nämlich, dass so was noch unter erlaubte Selbsthilfe fällt, vor allem wenn sich andere Polizisten geweigert haben, an Ort und Stelle zu erscheinen.
Anders formuliert: Selbst wenn man Gewalt annehmen will, fehlt es für eine Nötigung an der Verwerflichkeit der Mittel – Zweck – Relation. Insbesondere deswegen, wie einer der Beamten gar nicht dumm ergänzte, „da Wohnung der Halterin ja nur 20 Meter und Büro nur 30 Meter weg sind und genug Handynummern auf dem Zettel standen“.
Der Fahrradbesitzerin blieb also nichts anderes übrig, als Namen und Adresse rauszurücken. Bei der Gelegenheit stellten die Beamten dann auch gleich noch fest, dass der Schaden sehr gut von dem umgefallenen Fahrrad stammen kann und dass weder das Auto noch wir so aussehen, als hätten wir es nötig, irgendwelchen Leuten was anzudichten.
Dafür wiederum hätte ihm Xanthippe gern die Augen ausgekratzt.