HIERZULANDE

Nehmen wir mal an, du besitzt ein Achtfamilienhaus in der Stadt. Alle Wohnungen sind vermietet. Auf dem Nachbargrundstück stand bisher eine Kirche. Aus Gründen, die hier nicht interessieren, wird die Kirche abgerissen und ein mehrstöckiges Haus errichtet.

Iiiiieh, fluchen deine Mieter. Eine Baustelle. Die Arbeiter kommen morgens um halb acht, und manchmal hämmert sogar um 17 Uhr noch einer rum. Fies, schimpfen deine Mieter, das werktätige Volk hält ja nicht mal eine zweistündige Mittagsruhe ein. Einer deiner Mieter hat jetzt sogar „staubähnliche Substanzen“ entdeckt, die durch seine Fensterritzen dringen.

Na und, sagst du. Hat die Stadt die Baustelle nicht genehmigt? Hat die Gewerbeaufsicht vielleicht eine Überschreitung der Arbeitszeiten festgestellt? Wird nicht modernes Baugerät eingesetzt? Und eine Foliensperre, die den allermeisten Schmutz gar nicht entweichen lässt?

Aber vor allem: Wer könnte ernsthaft der Meinung sein, dass du als Vermieter für eine Baustelle auf dem Nachbargrundstück verantwortlich bist?

Da hast du die Rechnung ohne die deutschen Gerichte gemacht. Die weitaus meisten sind nämlich der Meinung, dass Mieter durchaus die Miete um 10 bis 25 Prozent mindern können – bloss weil nebenan für einen überschaubaren Zeitraum gebaut wird.

Jetzt bist du froh, dass du kein Anwalt bist und einen Mandanten anrufen musst, um ihm genau das zu erklären. Du hast Mitleid mit mir, weil es ja so sicher ist wie das Amen in der kürzlich noch existenten Kirche, dass gleich jemand durch die Leitung gekrochen kommt.