UNWISSEND

Ernst August Prinz von Hannover hat nun doch, wenn auch verspätet, Rechtsmittel gegen seine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung eingelegt, berichtet Spiegel online. Sein Verteidiger habe nicht gewusst, dass die Frist auch dann (nur) eine Woche beträgt, wenn der Angeklagte in der Hauptverhandlung nicht persönlich erscheint.

Der Anwalt ist Opfer einer klitzekleinen Gesetzesänderung geworden, die erst seit Herbst 2004 in Kraft ist. Bislang war es immer so, dass die Rechtsmittelfrist erst mit der Zustellung des schriftlichen Urteils beginnt, wenn der Angeklagte bei der Verkündung nicht anwesend war. Praktisch relevant ist das in Strafbefehlsverfahren; dort kann sich der Angeklagte durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten lassen.

Die Regelung führte in diesen Fällen dann immer wieder zu Verzögerungen, weil mit dem Rechtsmittel eben gewartet werden konnte, bis das Urteil schriftlich vorlag. (Außerdem mussten die Richter auch ausführlichere Urteile schreiben, weil sie ja nicht wussten, ob der Angeklagte in die nächste Instanz geht.)

Dies ist jetzt geändert worden. War der Angeklagte durch einen Verteidiger vertreten, beträgt die Berufungs- oder Revisionsfrist immer eine Woche., § 314 Abs. 2 StPO. Interessanterweise hat es der Gesetzgeber aber unterlassen, auch § 35a StPO zu ändern. Diese Vorschrift bestimmt, dass „der Betroffene“ nach der Urteilsverkündung über die Frist zu belehren ist. An sich müsste in den oben beschriebenen Fällen jetzt zumindest der Verteidiger belehrt werden. Zumindest im Fall von Ernst Augusts Anwalt hätte das sicher eine peinliche Diskussion zwischen Mandant und Anwalt erspart…