(UN-)KENNTNIS
Was es nicht alles gibt. Zum Beispiel Strafrichter, die ihre Akten nicht kennen. In Hanau fiel einem Verteidiger auf, dass die Richter absolut nicht über den Inhalt der „Beiakten“ informiert waren. Zunächst stritten die Richter ab, dass es solche Akten überhaupt gibt. Auf den dann gestellten Befangenheitsantrag behaupteten sie, sie müssten die Akten nicht kennen. Der verfahrensrelevante Prozessstoff sei in der Hauptakte enthalten. Die Beiakten seien deshalb zur Wahrheitsfindung nicht erforderlich.
Das Landgericht Hanau (NStZ 2004, 398; PR-Report 08/04, S. 9.1) sah das allerdings anders. Die Einschätzung, dass die Beiakten nicht relevant seien, hätte das Gericht ja frühestens gewinnen können, wenn es die Akten auch mal angesehen hätte. Denn ohne Kenntnis des Inhalts sei es ja kaum möglich zu sagen, dass nichts Wichtiges in den Beiakten steht. Das ergebe sich schon „aus den Gesetzen der Logik“.
Der Befangenheitsantrag hatte Erfolg. Die Beiakten werden jetzt doch gelesen – von anderen Richtern.