ABSCHUSS

Der frühere Bundesinnenminister Baum und andere Juristen wollen gegen die Erlaubnis, entführte Flugzeuge notfalls abzuschießen, Verfassungsbeschwerde einlegen, berichtet beck-aktuell. Für sie ist es grundgesetzwidrig, wenn neben den wenigen Tätern auch zahlreiche Unschuldige getötet werden.

Die maßgebliche Stelle im neuen Luftsicherheitsgesetz lautet:

Die unmittelbare Einwirkung mit Waffengewalt ist nur zulässig, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass das Luftfahrzeug gegen das Leben von Menschen eingesetzt werden soll, und sie das einzige Mittel zur Abwehr dieser gegenwärtigen Gefahr ist.

Die Regelung ist wirklich etwas dürftig ausgefallen. Es müsste zumindest drinstehen, dass der Abschuss nur dann erlaubt ist, wenn das Flugzeug das Leben einer größeren Zahl von Menschen gefährdet ist als in der Maschine sitzen. Man hätte ja auch den wohl noch den einzig weiteren supergefährlichen Fall, einen Angriff auf Atomkraftwerke, aufnehmen können.

Seltsam auch, dass es ausreicht, wenn „nach den Umständen“ von einer solchen Gefahr auszugehen ist. Das klingt wie eine vorweggenommene Entschuldigung: „Wir hatten einfach nicht genug Zeit, um den Sachverhalt zu klären.“

Ich persönlich glaube sowieso nicht, dass Enführungen nach dem Muster des 11. September noch möglich sind. Es werden sich in jeder Maschine mutige Menschen finden, die nicht mit gefalteten Händen in den Tod fliegen – sofern sie etwas von den Plänen der Entführer ahnen.

FREIE FAHRT

In Nordrhein-Westfalen laden gefälschte Studentenausweise zu „Freifahrten“ mit Bus und Bahn ein. Das wenig fälschungssichere Formular für den vorläufigen Studentenausweis soll sogar schon im Internet stehen, berichtet Spiegel online. Leidtragende sind echte Studenten, die teilweise wie Schwerverbrecher kontrolliert werden.

POST-LEID-ZAHL

Weiß zufällig jemand, welche Postleitzahl folgender Ort hat:

     Autobahn 46, Neuss FR Köln/Krefeld, km 71,7

Der Sachbearbeiter einer Kfz-Versicherung erklärte mir gerade, dass er den Schaden nicht im Computer aufnehmen kann, wenn der Anrufer nicht die Postleitzahl sagt. Er blieb steif und fest dabei, dass auch Autobahnabschnitte eine Postleitzahl haben.

Wo die stehen sollen, weiß er allerdings auch nicht.

Ich regele die Sache doch lieber schriftlich.

WEGGESPERRT

Der Bundestag hat das Gesetz zur nachträglichen Sicherungsverwahrung verabschiedet. Wenn der Bundesrat zustimmt, können Straftäter weiter unter Verschluss gehalten werden, obwohl sie ihre Haftstrafe verbüßt haben und das zuständige Gericht selbst keine Sicherungsverwahrung verhängt hat. Außerdem können, so beck-aktuell, unter Umständen sogar Ersttäter in Sicherungsverwahrung belassen werden.

Damit wird es in unserem Land bald möglich sein, Menschen unabhängig von einer konkreten Tat auf unbegrenzte Zeit einzusperren. Dass für die Gefahrenprognose zwei Gutachten erforderlich sein sollen, kann über diesen unglaublichen Eingriff in Freiheitsrechte nicht hinwegtrösten. Zumindest dann nicht, wenn man schon mal erlebt hat, welchen Schmonzes gerade psychiatrische Sachverständige mitunter von sich geben.

SYMBOLISCH

Ein Frankfurter Richter hat Teilnehmer an einer Sitzblockade zu einer symbolischen Geldbuße von € 5,00 verurteilt. Eine Straftat konnte der Richter in dem Protest gegen den Irak-Krieg nach einem Bericht der „Junge Welt“ nicht erkennen. Nur mit Rücksicht auf die Blockadehaltung der Staatsanwaltschaft habe er sich gezwungen gesehen, ein Bußgeld zu verhängen.

Mir ist nicht ganz klar, warum die Staatsanwaltschaft nicht auf der Anklage wegen Nötigung beharrt hat. Immerhin hätte sie dann in Berufung gehen können.

(link gefunden bei vasili)

ABBESTELLUNG

Liebe Firma Vodafone, hiermit bestelle ich Ihre Eigenwerbung per SMS oder MMS ab. Dieser Weg deshalb, weil man auf Ihrer Homepage so ziemlich alles konfigurieren kann. Einen Button zum Abbestellen von Werbung habe ich aber nicht gefunden.

20 JAHRE

20 JAHRE

Heute Klassentreffen. 20 Jahre Abitur. Meine Verweildauer hängt von der Frequenz folgender Fragen ab:

– Und was machst du so?

– Du hast wirklich nie geheiratet?

– Wo geht es denn hin im Urlaub?

– Hast du schon mal über die Versorgungslücken im Alter nachgedacht?

ARTIG

Wer Gast bei einer Polit-Talkshow ist, wird laut AP dem Bundeskriminalamt gemeldet. Und mitunter ist auch eine Regelanfrage beim Verfassungsschutz fällig.

Also deswegen ist das Publikum meist so unerträglich artig. (Gab es bei Sabine Christiansen überhaupt schon mal einen Zwischenruf?)

(link gefunden bei Astrid Paprotta)

SCHNELLE HILFE

Neue Mandanten berichten manchmal seltsame Dinge. So erzählte mir einer, dass er seinem früheren Anwalt nicht nur Honorar gezahlt hat. Sondern auch € 1.000,00 auf die Hand. Diesen Betrag habe der Kollege verlangt, um die gewünschte unbefristete Arbeitserlaubnis „besorgen“ zu können.

Mit anderen Worten: Bestechungsgeld. Seltsam ist nur, dass die Unbefristete an sich kein Problem gewesen wäre. Der Mandant erfüllte nämlich alle Voraussetzungen. Es gab also gar keinen Grund für das Ausländeramt, sich stur zu stellen.

Ich würde solche Geschichten normalerweise nicht ernst nehmen. Wenn mich vor einigen Tagen nicht ein anderer neuer Kunde darauf angesprochen hätte, ob wir bei einer bestimmten Sache nicht „nachhelfen“ könnten. Der betreffende Anwalt hätte ihm bei Ermittlungen in einer Verkehrssache geholfen. 1250 Euro. Ruckzuck sei die Einstellung da gewesen.

So wie der Mandant die Geschichte allerdings schildert, lagen gegen ihn ohnehin keine Beweise vor. Bestechungsgeld war also überhaupt nicht nötig. Außerdem bezweifle ich ehrlich gesagt, dass man dem betreffenden Staatsanwalt etwas zustecken kann, ohne dass der gleich einen Haftbefehl beantragt.

Na, was soll´s. Es wird sowieso erzählt, dass der Kollege demnächst in Rente geht.

10 FINGER

10 FINGER

Notebook oder Notizblock? Das wird hier in den Kommentaren diskutiert. Zum Nachdenken fand ich den Hinweis, dass viele mit dem Kuli einfach schneller sind als mit der Tastatur.

Da stellt sich doch die Frage, wieso es – zumindest nach meiner Kenntnis – bis heute keine obligatorischen 10-Finger-Schreibkurse einschließlich Prüfungen für Schüler/Studenten/Auszubildende gibt? Obwohl doch inzwischen 80 % von Kindesbeinen an irgendwas mit Computern zu tun haben. Von den Anforderungen der heutigen Berufe ganz zu schweigen.

Wenn man sieht, wie unbeholfen selbst Heavyuser mitunter in die Tasten kloppen, wäre das doch sicher mal einen Gedanken wert. Vielleicht könnte man sogar den potenziellen Fortschritt der Produktivität ermitteln.

Den VHS-Kurs „Schreibmaschine für Anfänger“ und das anschließende learning by doing – dem Lokalteil Ratingen der Rheinischen Post sei Dank – im 15. Lebensjahr halte ich aus heutiger Sicht jedenfalls für eine kluge Entscheidung. Nicht nur, was den Output angeht. Vielleicht habe ich deshalb auch weniger Rückenschmerzen als andere Vielschreiber…

TEXT

Dass der Dozent bei einem Seminar lediglich Folien mit dem Text seines Vortrages an die Wand wirft, habe ich auch noch nicht erlebt. Aber es gibt ja immer ein erstes Mal.

THE REALITY SHOW OF BLOGS

Das German American Law Journal stellt in einer Serie die deutschen Blawgs vor. Der law blog kommt gleich im ersten Teil vor:

law blog is always entertaining, mixing bits of wisdom with witty stories: The reality show of gBlawgs. From the field reporting endears the author to his readers. Each entry is a self-contained topical unit, and many entries trigger trails of comments. This is the blog for when you crave to know what the main character experienced over the past few hours–before you turn to the lay of the land.

ABSCHRECKUNG

Über die „erschreckende Abschreckung“ der Musikindustrie gegen Tauschbörsennutzer berichtet Spiegel online. Die ersten Ertappten würden regelrecht an den Pranger gestellt. Der Anwalt eines der Beschuldigten spricht sogar von übler Nachrede.

Was das Strafrecht angeht, sollte sich die Industrie nicht zu sehr in Sicherheit wiegen. Ich tippe darauf, dass sich nach der ersten Aufregung eine ähnliche Regelung einbürgert wie beim Ladendiebstahl: Wer zum ersten Mal erwischt wird, sieht die gelbe Karte und kommt ansonsten ungeschoren davon. Das gilt gerade auch für Jugendgerichte, wo der Erziehungsgedanke im Vordergrund steht. Wenn die Musikindustrie wirklich glaubt (oder glauben machen will), dass Jugendliche wegen ein paar Kazaa-Files hinter Gittern landen, deutet das auf eine grandiose Selbstüberschätzung hin.

Nach der ersten Publicity dürfte auch die Lust auf Hausdurchsuchungen abnehmen. Immerhin hinken die Polizeistationen mit dem normalen Programm vielerorts schon so weit hinterher, dass sie die Beschlüsse nicht innerhalb der vorgeschriebenen sechs Monate vollstrecken können.