BEDRÜCKEND
Ich hatte mich gestern schon gewundert, dass ausgerechnet ein amtierender Bundesverfassungsrichter die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe per Interview kategorisch für verfassungswidrig erklärt. Und von einer „Schieflage“ des Sozialstaates spricht.
Jetzt dementiert der angeblich interviewte Verfassungsrichter Siegfried Broß in einer Pressemitteilung, dass er sich so scharf geäußert hat. Die Statements stammen nach seinen Angaben ausschließlich aus einem im Internet veröffentlichten Vortrag, den er auf dem Katholikentag gehalten habe.
In dem Statement stellt Broß – sehr einseitig – dar, wie das Bundesverfassungsgericht das Sozialstaatsgebot im Laufe der Jahrzehnte mit Leben erfüllt hat. Er äußert Zweifel, dass unbegrenzter und radikaler Sozialabbau stets zulässig ist. Und Broß erklärt am Schluss, die Verfassungsmäßigkeit von Hartz IV erschließe sich ihm „bisher noch nicht“.
Ansonsten finden sich in dem Papier weitere starke Worte. Außerdem konkrete Forderungen an die Politik. So verlangt Broß unverhohlen, Privatisierungen im Bereich der Daseinsvorsorge rückgängig zu machen und „anstehende mit Börsengang“ zu unterbinden. Zitat:
Staatswirtschaft kann nicht nur negativ gesehen werden. Vielmehr ist Staatswirtschaft in den Infrastrukturbereichen der Daseinsvorsorge unumgänglich, damit der Staat selbst unabhängig bleibt und nicht erpressbar wird.
Im Rest des Textes schürt Broß die Globalisierungsfurcht. Er warnt vor der Abhängigkeit von internationalen Spekulanten, welche die Währung beeinflussen können und befürchtet, dass ausländische Banken zu großen Einfluss bekommen.
Insgesamt ist das Papier fast noch bedrückender als die (angeblichen) Äußerungen des Bundesverfassungsrichters gegenüber den Zeitungen. Deutlich wird jedenfalls, dass dieser Verfassungsrichter besser Politiker geworden wäre.